Ein neuer Ansatz im Kampf gegen COVID-19

Antikörper sollen SARS-CoV-2 neutralisieren

Stuttgart - 14.05.2020, 08:59 Uhr

In der präklinischen Entwicklung: Monoklonale Antikörper sollen in der Akutphase SARS-CoV-2 neutralisieren. ( r / Foto: vipman4 / stock.adobe.com)

In der präklinischen Entwicklung: Monoklonale Antikörper sollen in der Akutphase SARS-CoV-2 neutralisieren. ( r / Foto: vipman4 / stock.adobe.com)


Gleich mehrere Forschergruppen berichteten in den letzten Tagen über einen neuen Ansatz zur Therapie einer COVID-19-Erkrankung: Monoklonale Antikörper sollen in der Akutphase der Erkrankung das neue Coronavirus SARS-CoV-2 neutralisieren. Der Einsatz von SARS-CoV-2-Antikörpern befindet sich derzeit aber erst in der präklinischen Entwicklung.

Zu den zahlreichen Therapieansätzen, die COVID-19-Pandemie zu bekämpfen, gesellt sich ein weiterer: Statt die körpereigene Antikörperbildung nach einer Impfung abzuwarten, sollen entsprechende Antikörper zur Akuttherapie der Erkrankung eingesetzt werden. Das Therapiekonzept mit den neutralisierenden Antikörpern ist nicht zu verwechseln mit dem Einsatz bereits zugelassener monoklonaler Antikörper (wie etwa Tocilizumab), die nicht für eine spezifische Anti-SARS-CoV-2-Therapie entwickelt wurden. Diese können zwar Mechanismen beeinträchtigen, die für COVID-19 relevant sind, zeigen aber keine spezifische Wirkung. Der Einsatz von SARS-CoV-2-Antikörpern wird derzeit in zahlreichen präklinischen Studien untersucht. Eine aktuelle Übersicht führt ein gutes Dutzend Unternehmen auf, die sich mit der Entwicklung von SARS-CoV-2-Antikörpern befassen.

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Über 40 Kandidaten

Von der Vorstellung ausgehend SARS-CoV-2 zu neutralisieren, untersuchten Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Braunschweig und dem Biotech-Unternehmen Yumab rund 700 monoklonale Antikörper, die an das Coronavirus binden. In einem zweiten Schritt wurde getestet, ob die Kandidaten das Eindringen des Virus in Zellen verhindern können. Dabei fand sich ein monoklonaler Antikörper, der SARS-CoV-2 wirksam neutralisiert und dessen Aufnahme in menschliche Zellen blockiert. Damit wird die Verbreitung des Erregers im Körper unterbunden. Sollten die Sicherheitsprüfungen positiv ausfallen, könnte der Antikörper im Herbst in klinischen Studien eingesetzt werden.

Forschung auf internationaler Ebene

Forscher der Universität Utrecht haben zusammen mit dem Erasmus Medical Center und Harbor BioMed den humanen Antikörper 47D11 entwickelt, der auf ein Epitop in der Bindungsdomäne des viralen Spike-Rezeptors abzielt und SARS-CoV-2 hemmen kann. Die Entwicklung dieses Antikörpers beruht auf Forschungsarbeiten aus der Zeit der ersten SARS-Epidemien 2002/2003, bei denen rund 50 Antikörper auf ihre Fähigkeit zur Neutralisation von SARS-Viren hin untersucht wurden. Bei diesen Wirkstoffen wurde nun getestet, ob sie auch SARS-CoV-2 neutralisieren, was bei vier Kandidaten der Fall war. Einer von ihnen ist 47D11. Erste Zellversuche zeigen, dass 47D11 in der Lage ist, eine Infektion von Zellen durch SARS-CoV-2 zu verhindern.

Auch aus einer Meldung des israelischen Institute for Biological Research (IIBR), einer Forschungseinrichtung zur Abwehr biologischer Gefahren, geht die Entwicklung eines monoklonalen neutralisierenden Antikörpers gegen das neue Coronavirus hervor. Aus den Angaben des IIBR ist zu entnehmen, dass aus Blutproben schwer erkrankter COVID-19-Patienten ein monoklonaler Antikörper isoliert wurde, der das neue Coronavirus effektiv neutralisieren konnte.

Prof. Dr. Robert Fürst und Dr. Ilse Zündorf hatten sich in der DAZ 13/2020 der Frage „Wann kommt der erste Impfstoff gegen COVID-19?“ gewidmet. Darin verwiesen sie am Ende darauf, dass man hierzulande momentan noch viel zu wenig über mögliche passive Immunisierungsstrategien höre. Es sei in der akuten Infektionsphase besser auf letztere zu setzen, als auf einen schnell verfügbaren Impfstoff zu hoffen: „Gegen SARS-CoV-2 wurde bereits ein humaner monoklonaler Antikörper identifiziert, der zumindest in Zellkulturen eine Infektion mit dem Virus verhindern konnte. Und das Serum von genesenen Personen, von denen es ja mittlerweile etliche gibt, könnte doch durchaus als Quelle für eine passive Impfung dienen – zumindest für die schwer Erkrankten“, schrieben sie. In weiteren Beispielen führten sie an, dass beispielsweise die Takeda Pharmaceutical Co. mit TAK-888 Japan ein intravenöses Immunglobulin aus dem Blutplasma genesener COVID-19-Patienten entwickle und in Kalifornien teste die Firma Vir Pharmaceuticals, ob die 2003 aus dem Blutserum von SARS-Patienten gewonnenen Antikörper auch bei COVID-19 helfen.



Dr. Petra Jungmayr, Apothekerin
redaktion@daz.online


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