GKV-FKG in Kraft getreten

BfArM erhält mehr Befugnisse im Kampf gegen Lieferengpässe

Berlin - 01.04.2020, 16:15 Uhr

Lieferdefekte waren schon vor der Coronakrise ein Problem. Nun soll das BfArM Maßnahmen ergreifen können, um sie abzumildern oder sogar zu verhindern. ( r / Foto: Uwe Steinert / imago images)

Lieferdefekte waren schon vor der Coronakrise ein Problem. Nun soll das BfArM Maßnahmen ergreifen können, um sie abzumildern oder sogar zu verhindern. ( r / Foto: Uwe Steinert / imago images)


Am heutigen 1. April ist das Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz (GKV-FKG) in Kraft getreten. Damit werden auch die neuen Maßnahmen gegen Lieferengpässe wirksam. Unter anderem können Apotheken ein nicht verfügbares Rabattarzneimittel nun leichter austauschen – doch derzeit haben sie infolge der Corona-Epidemie ohnehin weit mehr Möglichkeiten bei der Arzneimittelabgabe. Auch das BfArM ist seit heute offiziell ermächtigt, Maßnahmen gegen Engpässe anzuordnen.

Das Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz (GKV-FKG) ist am gestrigen Dienstag im Bundesgesetzblatt verkündet worden und heute in Kraft getreten. Seine ursprüngliche Hauptzielrichtung war, den Risikostrukturausgleich (RSA) der gesetzlichen Krankenkassen weiterzuentwickeln und bestehende Schieflagen im Finanzierungssystem zu korrigieren. So gibt es nun beispielsweise eine neue Regionalkomponente im Finanzausgleich, um die unterschiedlichen Ausgabenstrukturen in einzelnen Regionen aufzufangen. Außerdem wird bei krankheitsbezogenen Zuschlägen im künftig das gesamte Krankheitsspektrum berücksichtigt – zuvor berücksichtigte der „Morbi-RSA“ nur um die 80 Krankheitsbilder. Neu ist auch die Einführung einer so genannten Manipulationsbremse. Sie soll verhindern, dass Krankenkassen Diagnosen beeinflussen, um mehr Geld aus dem Gesundheitsfonds zu erhalten.

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Der Bundestag ergänzte seine Pläne im Gesetzgebungsverfahren allerdings unter anderem um ein Maßnahmenpaket gegen Arzneimittellieferengpässe. Eine für Apotheker wesentliche Neuerung ist, dass sie bei nicht lieferbaren Rabattarzneimitteln nun unmittelbar ein vergleichbares Arzneimittel abgeben dürfen. Liegt der Preis dieses anderen Arzneimittels über dem Festbetrag, trägt nicht der Versicherte die Mehrkosten, sondern die Krankenkasse. Das Nähere, auch zur Abrechnung, müssen Deutscher Apothekerverband (DAV) und GKV-Spitzenverband noch in ihrem Rahmenvertrag vereinbaren. Im Moment geht die Neuregelung allerdings unter: Angesichts der Corona-Pandemie wurden die Rabattverträge mittlerweile bundesweit eingeschränkt. Die entsprechende Vereinbarung zwischen DAV und GKV-Spitzenverband gilt bis mindestens 30. April 2020.

Neue Meldepflichten und drohende Bußgelder

Andere Möglichkeiten, die das GKV-FKG nun bietet, könnten infolge der Coronakrise schneller dringlich werden als beim Erarbeiten des Gesetzes noch gedacht. So hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) – gegebenenfalls im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) – nun unter anderem die Befugnis, Daten und Informationen zu existierenden und drohenden Lieferengpässen von pharmazeutischen Unternehmen und Großhändlern abzufragen. Liefern die Unternehmen die gewünschten Daten nicht, drohen ihnen Bußgelder.  Außerdem kann das BfArM Maßnahmen ergreifen, um versorgungsrelevanten Engpässe abzuwenden oder abzumildern – etwa zur Kontingentierung. Bei Arzneimitteln mit versorgungskritischen Wirkstoffen kann die Behörde eine Lagerhaltung anordnen. Eine Liste versorgungsrelevanter und versorgungskritischer Arzneimittel muss das BfArM nun erstellen und auf seiner Webseite bekanntgeben.

Erst kürzlich hat das BfArM im Zuge der Corona-Pandemie unter Hinweis auf seine künftigen Befugnisse gegenüber pharmazeutischen Unternehmen und Großhändlern eine Anordnung zur Kontingentierung getroffen, um eine Ungleichverteilung von Arzneimittel zu vermeiden. Da sich diese nicht nur auf ausdrücklich versorgungsrelevante Arzneimittel bezog, wurde sie jedoch eher als „Empfehlung“ beziehungsweise Appell verstanden. Nun könnte die Behörde ganz offiziell  Anordnungen treffen. Daneben hat mittlerweile – nach Ausrufung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite – auch das Bundesgesundheitsministerium weitgehende Befugnisse, was die Bevorratung und Lagerhaltung unter anderem von Arzneimitteln betrifft.

Beim BfArM ist nun zudem der bisherige Jour Fixe zu Liefer- und Versorgungsengpässen umzustellen. Er wird nun zum „Beirat“ der Behörde, der stets anzuhören ist, wenn diese ihre neuen Möglichkeiten in puncto Engpässe nutzen will. Ihm gehört neben Vertretern der involvierten Behörden, der Apotheker, Ärzte, Krankenhäuser, Pharmaunternehmen, vollsortierten Pharmagroßhändler, des GKV-Spitzenverbands, der Arzneimittelkommissionen und Fachgesellschaften der Ärzte auch ein Patientenvertreter an. Aufgabe des Beirats wird es sein, die Versorgungslage mit Humanarzneimitteln kontinuierlich zu beobachten und zu bewerten.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Wenn

von Christiane Patzelt am 01.04.2020 um 22:48 Uhr

nicht unsere Rabatt-AM in großen Mengen in den Niederlanden hängen würden, wären wir auch besser lieferbar..just thinking..

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