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Gesetzgebung im Eilverfahren
Bundesrat stimmt Corona-Gesetzespaket zu
Damit der Bund bei einem weltweiten Infektionsgeschehen wie derzeit beim Coronavirus SARS-CoV-2 schnell und effektiv reagieren kann, bekommt er mehr Kompetenzen. Zudem erhalten Kliniken und Ärzte finanzielle Unterstützung in der Corona-Krise. Der Bundesrat hat am heutigen Freitag in einer Sondersitzung einem kurz zuvor vom Bundestag beschlossenen Gesetzespaket aus dem Bundesgesundheitsministerium zugestimmt.
Es war ein Gesetzgebungsverfahren im Eilverfahren: Erst am vergangenen Montag hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die Formulierungshilfen für zwei Gesetzentwürfe vorgelegt, die das Gesundheitswesen und die Pflege bei der Bewältigung der Corona-Epidemie unterstützen und die Reaktionsfähigkeit des Bundes auf Epidemien verbessern sollen. Am selben Tag beschloss das Bundeskabinett das sogenannte COVID19-Krankenhausentlastungsgesetz sowie das „Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“. Am Dienstag befasste sich der Gesundheitsausschuss des Bundestages mit den beiden Gesetzesentwürfen, am Mittwoch beschloss sie der Bundestag in einem Rutsch. Am heutigen Freitag stand nun noch der Durchgang im Bundesrat an. Die Länder hatten keine Einwände und ließen beide Gesetze passieren – auch das zustimmungsbedürftige, das durchaus massiv in Länderkompetenzen eingreifende, Bevölkerungsschutzgesetz.
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Enorme Vollmachten für das Bundesgesundheitsministerium
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn erklärte anlässlich der Bundesratsbeschlüsse: „Alle, die im Gesundheitswesen arbeiten, brauchen gerade jetzt unsere volle Unterstützung. Deswegen kompensieren wir Einnahmeausfälle, bauen Bürokratie ab und setzen Sanktionen aus. Und wir sorgen dafür, dass wir schneller in epidemischen Lagen reagieren können. Wir bündeln Kompetenzen, so dass wir künftig in einer Lage wie dieser binnen Stunden für Ärzte, Pflegekräfte, Apotheker und alle anderen, die weit über das normale Maß anpacken, Bürokratie wegnehmen, Regeln anpassen, Vergütungen erhöhen.“
Hilfen für Klinken und Ärzte
Mit dem COVID19-Krankenhausentlastungsgesetz werden Krankenhäuser, Rehabilitationseinrichtungen, Vertragsärzte und Pflegeeinrichtungen unterstützt, um die Auswirkungen der Corona-Epidemie schultern zu können. Krankenhäuser werden so in die Lage versetzt, die Versorgungskapazitäten für eine wachsende Anzahl von Patienten mit einer Coronavirus-Infektion bereitzustellen. Ebenfalls abgefedert werden Honorareinbußen der niedergelassenen Ärzte. Auch Pflegeeinrichtungen werden befristet von Bürokratie entlastet und finanziell unterstützt.
Zeitlich begrenzte weitreichende Kompetenzen
Das zweite Gesetz des Bundesgesundheitsministers sieht vor, dass der Bund nach einer Feststellung des Bundestages, dass „eine epidemische Lage von nationaler Tragweite“ vorliegt, für einen befristeten Zeitraum zusätzliche Kompetenzen erhält, um dieser Epidemie schnell und effektiv begegnen zu können. Damit die Bundesregierung besagte „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ feststellen kann, muss die Weltgesundheitsorganisation eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite ausgerufen haben und die Furcht bestehen, dass eine bedrohliche übertragbare Krankheit nach Deutschland eingeschleppt wird. Droht eine dynamische Ausbreitung einer solchen Krankheit über mehrere Bundesländer, kann die epidemische Lage ebenfalls festgestellt werden. Der Bundestag hatte diese epidemische Lage im Bezug auf das neuartige Corona-Virus am vergangenen Mittwoch festgestellt.
Auch im Apothekenbereich kann der Minister jetzt direkt durchgreifen
Durch das Gesetz wird das Bundesgesundheitsministerium insbesondere ermächtigt, durch Allgemeinverfügung oder durch Rechtsverordnung Vorkehrungen zum Schutz der Bevölkerung zu treffen und die Gesundheitsversorgung sicher zu stellen. Das betrifft unter anderem Regelungen, die im Normalfall durch die Selbstverwaltungspartner getroffen werden, und Maßnahmen zur Sicherstellung der Grundversorgung mit Arzneimitteln, Schutzausrüstung und Labordiagnostik. Tatsächlich kann das Bundesgesundheitsministerium während der Pandemie praktisch alle versorgungsrelevanten Regeln in eigener Verantwortung anpassen, beispielsweise auch die Rabattverträge und die Regeln für die Hilfsmittelversorgung aussetzen.
Ferner enthält das Gesetz Ausnahmen vom Baurecht, um etwa kurzfristig medizinische Einrichtungen errichten zu können. Zudem wird eine Entschädigungsregelung für Eltern geschaffen, deren Kinder der Besuch einer Betreuungseinrichtung durch entsprechende behördliche Schließungen nicht mehr möglich ist.
Das Gesetz stellt auch klar, dass der Bundestag jederzeit die Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite beschließen kann. Die neuen Befugnisse des Bundes gelten nur während der epidemischen Notlage.
Der nächste Schritt ist nun, das Gesetz dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung vorzulegen. Anschließend kann es im Bundesgesetzblatt verkündet werden und überwiegend am Tag danach in Kraft treten.
Nachtragshaushalt gebilligt – Schuldenbremse ausgesetzt
Der Bundesrat hat heute überdies den Nachtragshaushalt gebilligt, der die Kosten der Hilfsmaßnahmen für die Bewältigung der Corona-Krise finanzieren soll. Um die geplanten Hilfspakete für Unternehmen, Krankenhäuser und Arbeitnehmer zu finanzieren, stellt die Bundesregierung 122,5 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung. Zugleich geht sie davon aus, in diesem Jahr rund 33,5 Milliarden Euro weniger an Steuern einzunehmen. Zur Finanzierung dieser Belastung berechtigt das Gesetz die Bundesregierung, Kredite in Höhe von 156 Milliarden Euro aufzunehmen. Das bedeutet ein Überschreiten der verfassungsrechtlich vorgeschriebenen Schuldenbremse. Laut Grundgesetz ist das nur im Falle eine Notsituation zulässig – die der Bundestag mit der erforderlichen Mehrheit seiner Mitglieder am 25. März 2020 beschlossen hat.
Ebenfalls grünes Licht gaben die Länder einem Gesetzespaket, das die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie für die Bürgerinnen und Bürger abfedern soll. Es enthält ein ganzes Bündel von Maßnahmen. Beispielsweise werden Erleichterungen für Selbständige und Anreize zur Aufnahme systemrelevanter Beschäftigungen geschaffen.
1 Kommentar
„Spahn über alles!?“
von Heiko Barz am 30.03.2020 um 12:34 Uhr
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