Im Einzelfall bereits im Einsatz

Remdesivir: Zwei Studien in Deutschland starten

Stuttgart - 13.03.2020, 16:30 Uhr

Remdesivir gilt als Hoffnungsträger für Covid-19-Patienten mit schwerem Verlauf. ( r / Foto: solvod / stock.adobe.com)

Remdesivir gilt als Hoffnungsträger für Covid-19-Patienten mit schwerem Verlauf. ( r / Foto: solvod / stock.adobe.com)


Nicht nur die rasante Ausbreitung des neuen Coronavirus, sondern vor allem das fehlende Wissen über und die fehlenden Arzneimittel gegen COVID-19 lassen Bürger und Experten besorgt in die Zukunft blicken. Ein bis jetzt nicht zugelassenes Arzneimittel, das in den letzten Tagen immer wieder Aufmerksamkeit erfahren hat, ist Remdesivir. Drei Krankenhäuser in Deutschland nehmen nun an Studien mit dem Wirkstoff teil.

Die Düsseldorfer Uni-Klinik (UKD) setzt zurzeit bereits „in ausgewählten Einzelfällen“ antivirale Medikamente ein, die für die Behandlung von Coronavirus-Patienten noch nicht zugelassen sind. Das berichtet die Deutsche Presse-Agentur (dpa) am heutigen Freitag. Demnach teilte die Uni-Klinik am Donnerstagabend mit, dass dazu Remdesivir gehöre.

DAZ.online hatte bereits über den Wirkstoff berichtet, der nicht erst mit Ausbruch des Coronavirus entwickelt wurde, sondern ursprünglich als Medikament gegen Ebola.

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Herausforderung COVID-19

Bereits im Februar hatte die erste klinische Studie in den USA zu Remdesivir des Pharmaunternehmens Gilead an COVID-19-Erkrankten am „University of Nebraska Medical Center“ (UNMC) begonnen. Das „National Institute of Allergy and Infectious Diseases“ (NIAID) – Teil des National Institutes of Health (NIH), den Nationalen Gesundheitsinstituten – untersucht derzeit die Sicherheit und Wirksamkeit von Remdesivir an hospitalisierten Erwachsenen, die an COVID-19 erkrankt sind. Doch noch weiß man nicht, ob Remdesivir das klinische Outcome der Patienten verbessern kann.

Auch in Asien sollen im März zwei weitere klinische Studien (Phase 3) an etwa 1000 COVID-19-Infizierten die Sicherheit und Wirksamkeit von Remdesivir zeigen. Erste Ergebnisse der chinesischen Studien erwartet Gilead im April. 

„Notfall-Paragraf“ § 79 Absatz 5 AMG

Weg frei für potenziell wirksame Arzneimittel gegen COVID-19

Das Bundesgesundheitsministerium hatte aber bereits am 27. Februar 2020 nach § 79 Absatz 5 des Arzneimittelgesetzes den Versorgungsmangel mit zugelassenen Arzneimitteln zur Behandlung einer SARS-CoV-2-Infektion bekannt gemacht. Das erlaubt den zuständigen Behörden von den Vorgaben des AMG abzuweichen, um zum Beispiel befristet in Deutschland nicht zugelassene Arzneimittel in Verkehr zu bringen. Auch darüber hatte DAZ.online berichtet.

Remdesivir: Nur nach Einzelfallprüfung

Laut dpa kann Remdesivir derzeit nur direkt über den Hersteller nach Einzelfallprüfung zur Verfügung gestellt werden. Es handle sich dabei um sogenannte „individuelle Heilversuche“, die nur für bestimmte Patienten erwogen werden könnten. „Da aktuell noch keine belastbaren Daten zu Remdesivir in Bezug auf die Anwendung bei einer Infektion mit dem Coronavirus (SARS-CoV-2) am Menschen vorliegen, befindet sich das UKD gemeinsam mit zwei anderen Kliniken und dem Hersteller auf dem Weg zur Etablierung von entsprechenden Studien“, so die Düsseldorfer Uni-Klinik in ihrer Mitteilung gegenüber der dpa.

Um welche beiden Kliniken es sich hier handelt verrät ein Artikel der am Donnerstag im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ erschienen ist 

Studien, „Individuelle Heilversuche“ oder „Compassionate Use“?

Laut Spiegel wird die München Klinik Schwabing erstmals in Deutschland ein experimentelles Ebola-Mittel an Covid-19-Patienten erproben. An der klinischen Studie des amerikanischen Pharmakonzerns Gilead würden auch die Universitätskliniken Hamburg und Düsseldorf teilnehmen, heißt es. „Noch im April soll es auch bei uns losgehen“, sagte Clemens Wendtner, Chefarzt der Abteilung für Infektiologie und Tropenmedizin an der München Klinik Schwabing, gegenüber dem Spiegel.

Laut dem Ärztlichen Direktor der Düsseldorfer Uni-Klinik, Prof. Frank Schneider, soll unter anderem der bestmögliche Zeitpunkt für den Einsatz von Remdesivir herausgefunden werden.

Gegenüber NDR und WDR soll das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) mittlerweile auch bestätigt haben, dass es zwei Studien mit Remdesivir genehmigt hat. „Eine randomisiert-kontrollierte Studie soll dabei 400 schwerkranke COVID-19-Patienten einschließen, denen das Medikament 14 Tage lang gegeben werden soll. Die andere Studie soll das Mittel bei 600 Patienten mit leichten COVID-19-Symptomen testen.“ In Deutschland sollen sich die oben erwähnten Kliniken beteiligen. Weltweit beteiligten sich aber mehrere Dutzend Kliniken an den Studien.

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Jenseits der Zulassung

Auch WDR und NDR berichten auf tagesschau.de darüber, dass Remdesivir bereits für einzelne Patienten direkt beim Hersteller Gilead beantragt werden kann und dass damit offenbar das Uniklinikum Düsseldorf schon Erfahrung hat. Es soll mindestens einen COVID-19-Patienten mit Remdesivir behandelt haben. Konkrete Angaben über die beobachteten Effekte wolle die Klinik aber nicht machen. Man teilte nur mit, dass die Klinik „in ausgewählten Einzelfällen … auch das Medikament Remdesivir“ einsetze.

Angebot und Kosten ungeklärt

Aus dem Bericht von tagesschau.de geht zudem hervor, dass sich auch andere Kliniken um Remdesivir bemühen. Inwieweit die Herstellerfirma Gilead die Nachfrage bedienen können wird, bleibt aber offen. Auch die Frage nach den Kosten scheint ungeklärt: Der Pharmakonzern werbe zwar auf seiner Internetseite damit, an einem „Compassionate Use“-Programm zu arbeiten. Das BfArM teilte tagesschau.de aber mit, dass Gilead ein solches Programm in Deutschland bisher nicht beantragt habe. Stattdessen werde das Präparat bisher nur in Einzelfällen abgegeben und – wie in Düsseldorf – als individueller Heilversuch bei Patienten eingesetzt. „Beim individuellen Heilversuch steht also nicht die Gewinnung von neuen Forschungserkenntnissen im Vordergrund, sondern die Heilung des einzelnen Patienten, für den alle anderen Behandlungsmöglichkeiten bereits ausgeschöpft sind“, erklärt der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) auf seinem Internetauftritt den individuellen Heilversuch.



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