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- Spahn: Wir müssen Zeit ...
Weil es in Italien derzeit zu einem Ausbruch des Coronavirus kommt, erläuterte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bei einer Pressekonferenz am gestrigen Montag das weitere Vorgehen für Deutschland. Unterstützt wurde er durch den Leiter des Robert-Koch-Instituts, Prof. Dr. Lothar Wieler. Die steigenden Infektionen im Nachbarland versetzten Deutschland in eine neue Lage, so der Minister. Spahn bleibt aber bei seiner Strategie, er setzt darauf Zeit zu gewinnen.
Bis zum vergangenen Mittwoch gab es in Italien gerade einmal drei bekannte Infektionen, alle drei wurden früh erkannt. Am Donnerstag wurde das SARS-CoV-2-Virus bei einem schwer erkrankten 38-jährigen Mann in einem Krankenhaus in Codogno nachgewiesen. Obwohl die italienischen Behörden schnell reagierten, hatte das Virus bereits um sich gegriffen. Mittlerweile ist die Zahl der Infektionen auf auf über 220 angestiegen. In sechs bestätigten Fällen verlief die Infektion tödlich. Die Regierung setzte einzelne Orte unter Quarantäne, um eine weitere Ausweitung einzudämmen.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) lobte das schnelle und entschlossene Handeln der italienischen Regierung. Der Ausbruch in Italien zeige, wie wichtig ein europäisch abgestimmtes Verhalten sei. Nationale Alleingänge ergäben keinen Sinn, da ein Virus nicht an Landesgrenzen Halt mache. Daher wolle er morgen zu einem Treffen der Gesundheitsminister nach Rom reisen, um weitere Absprachen zu treffen.
Spahn will Zeit gewinnen
Prof. Dr. Lothar Wieler, Leiter des Robert-Koch-Instituts (RKI), erklärte, man müsse davon ausgehen, dass es auch hierzulande zu neuen Infektionen kommen wird. Angesichts der neuesten Entwicklungen im Nachbarland sieht auch Spahn Deutschland in einer neuen Lage, die Strategie will er aktuell aber noch nicht ändern. Oberstes Ziel sei es, Zeit zu gewinnen, indem man unnötigen und unerkannten Infektionen so gut es geht vorbeugt. „Es zeigt sich, dass wir mit jeder Woche, die wir gewinnen, besser damit umgehen können, weil wir dann die Bevölkerung besser aufklären können und weil wir zielgenauere Behandlungsoptionen haben“, so Spahn.
Aus diesem Grund sieht Wieler auch die Suche nach einem Therapeutikum derzeit im Fokus. Die Entwicklung eines sicheren Impfstoffs bräuchte durch präklinische und klinische Studien nun einmal Zeit, dies sei schließlich auch zum Wohl der Patienten. Mit einem Impfstoff sei frühestens in einem Jahr zu rechnen, damit ließe sich der Verlauf wohl kaum beeinflussen. Das Gesundheitsministerium unterstütze die Suche nach geeigneten Wirk- und Impfstoffen sowohl finanziell als auch auf eine koordinierende Weise.
Frage nach Verhältnismäßigkeit steht im Vordergrund
Bei Grippesymptomen sollten Patienten lieber ihren Arzt anrufen und um einen Hausbesuch bitten, um das Ansteckungsrisiko möglichst gering zu halten, empfiehlt Wieler. Das deutsche Gesundheitssystem sieht er dafür gut aufgestellt. So gab es allein während der Rekordgrippesaison 2017/18 rund 10 Millionen Hausbesuche. Im Infektionsfall müssten Patienten – wie bisher auch – isoliert, engmaschig begleitet und die Kontaktpersonen ermittelt werden.
Allerdings sei es nicht immer einfach, Infektionsketten nachzuvollziehen, da das Virus bei Menschen mit einem gesunden Immunsystem nur schwache Symptome hervorruft. Auch in Italien habe man immer noch keine Ansatzpunkte, wo sich der schwer erkrankte Mann angesteckt haben könnte, weil Infektionsketten einfach abbrächen. Ganze Orte abzuriegeln und unter Quarantäne zu stellen – wie aktuell in Italien – , sei für Deutschland aktuell unverhältnismäßig, so Spahn.
Einen Ausbruch in Deutschland könne man durch eine solche „scheinbare Sicherheit" aufgrund asymptomatischer Infektionsverläufe nie gänzlich ausschließen. Die Entwicklung in Italien zeige aber eben auch, dass man sich in einer sehr dynamischen Lage befinde, in der sich Umstände schnell ändern könnten, und man temporär keine Maßnahmen ausschließen könne. Sobald die Zahl der Infektionen zu groß werde, müsse man die Strategie wechseln. Während die WHO noch von einzelnen Epidemien in verschiedenen Ländern wie China, Südkorea oder Italien spricht, zeigt sich Spahn eher besorgt: Man sei auf dem Weg zu einer weltweiten Pandemie. Das RKI gab daher heute ebenfalls bekannt, die virologische Surveillance um SARS-CoV-2 zu erweitern.
8 Kommentare
digital statt real
von Thomas Kerlag am 26.02.2020 um 7:06 Uhr
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Zeitgewinn
von Roland Mückschel am 25.02.2020 um 9:54 Uhr
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endlich
von Pille Palle am 25.02.2020 um 9:17 Uhr
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was Spahn meint
von Karl Friedrich Müller am 25.02.2020 um 8:43 Uhr
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AW: was Spahn meint
von Anita Peter am 25.02.2020 um 9:53 Uhr
Honorar und Preisfreigabe
von Kassensklave am 25.02.2020 um 8:04 Uhr
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AW: Honorar und Preisfreigabe
von pille palle am 26.02.2020 um 23:13 Uhr
Verhältnismäßigkeit und Zeitgewinn ... sichtbar werdende Ratlosigkeit von "Wonderboy" Jens Spahn ...
von Christian Timme am 25.02.2020 um 7:27 Uhr
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