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Gematik-Chef Leyck-Dieken
„Einige E-Rezept-Projektbetreiber sollten vielleicht erst einmal innehalten“
Das Wettrennen ums E-Rezept hat begonnen: Fast wöchentlich wird derzeit ein neues Modellprojekt bekannt. Alle Projektbetreiber haben das Ziel, möglichst viele ihrer Ideen in die spätere, flächendeckende Umsetzung überführen zu können. Dabei fischen alle Anbieter im Dunkeln: Denn die Gematik wird erst Ende Juni 2020 ihre Leitplanken für das bundesweite E-Rezept bekanntgeben. Der neue Gematik-Chef Dr. Markus Leyck-Dieken rät den Modellbetreibern daher, sehr genau über mögliche Investments nachzudenken.
Der ehemalige Pharma-Manager Dr. Markus Leyck-Dieken ist seit etwa vier Monaten Chef der Gematik. In der Gematik kommen die Leistungserbringer, die Kassen und das Bundesgesundheitsministerium zusammen, um über die wichtigen Weichenstellungen bei der Digitalisierung zu beraten. Im Vorfeld von Leyck-Diekens Einstellung durch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gab es einige Kritik: Spahns Ministerium hatte kurz zuvor die Mehrheit an der Gematik übernommen, dann den ehemaligen Geschäftsführer gefeuert und schließlich den Ex-Pharma-Manager Leyck-Dieken implementiert.
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Hört man Leyck-Dieken zu, weiß man, warum Spahn diese Entscheidung getroffen hat. Denn der approbierte Mediziner passt zur Politik und zum Vorgehen Spahns. Leyck-Dieken schwärmt von den Möglichkeiten der Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung und ist ein Macher: Innerhalb kurzer Zeit hat er die Arbeitsweisen der eher träge erscheinenden Gematik erneuert. Er selbst sagt dazu: „Wir haben einen neuen Modus Operandi. Es gibt nun keine passive Dienstbarkeit mehr in der Gematik, sondern aktive Projektarbeit.“
Wie aktiv und gezielt die Gematik derzeit arbeitet, präsentiert Leyck-Dieken am heutigen Mittwoch in Berlin bei einer Fachkonferenz zum Thema E-Rezept. Erst kürzlich hat der Gesetzgeber der Gematik den Auftrag gegeben, bis Ende Juni 2020 die Spezifikationen, also gewissermaßen das Grundgerüst und die Spielregeln im E-Rezept-System, festzulegen. Der Gematik-Chef sagt dazu lächelnd: „Damit haben wir kein Problem, das werden wir schaffen.“ Bis Ende Juni werde die Gematik einen „zentralen Dienst“ bereitstellen, auf dessen Basis die „vielen Anbieter“ dann ihre E-Rezept-Angebote aufbauen können.
Davon, die Industrie und die einzelnen Anbieter jetzt schon in den Aufbau dieser Struktur einzubinden, hält er wenig. Schließlich seien das „hochkomplexe“ Prozesse. Und: „Es ist gut, wenn Wettbewerb abläuft, aber manche Bestandteile sollten auch zentral gesteuert sein.“ Und somit ist auch klar, welchen Stellenwert die vielen Pilotprojekte zum E-Rezept für den Gematik-Chef haben: „Wir brauchen sie, um zu lernen. Aber am Ende zählt die Spezifizierung der Gematik. Darauf werden die Anbieter ihre Systeme dann aufbauen müssen.“ Heißt konkret: Es kann gut sein, dass einige Modellbetreiber ihre Projekte nach der Gematik-Veröffentlichung im Juni umbauen müssen.
E-Rezept 1.0: Juni 2020; E-Rezept 2.0: Juni 2021
Leyck-Dieken sagt dazu: „Uns hat es schon erstaunt, dass es insgesamt 52 Pilotprojekte gibt. Ein Beispiel von den AOKen: Die AOKen in Hessen, Bayern und Baden-Württemberg haben jeweils eigenständige Projekte. Es ist ja schon logisch, dass mindestens eine ihren Projektaufbau nach der Spezifizierung anpassen muss.“ Deswegen rät der Gematik-Chef: „Vielleicht sollte der ein oder andere Modellbetreiber in eine Phase der Orientierung eintreten und innehalten und auch überlegen, ob es sich lohnt, weiter zu investieren.“ Welches Projekt er favorisiert oder welches Vorhaben am nächsten an den Gematik-Plänen ist, verrät Leyck-Dieken nicht. Das GERDA-Projekt in Baden-Württemberg ist ihm aber bestens bekannt. Er kündigte an, dass er sich das Vorhaben vor Ort anschauen wolle. Und als NGDA-Chef Christian Krüger ihm auf der heutigen Veranstaltung eine Frage stellt, sagt er nur kurz: „Ich kenne Sie, Sie betreiben ein sehr gutes Pilotprojekt!“
Wie geht es nun weiter mit den Gematik-Festlegungen zum E-Rezept? Leyck-Dieken kündigte an, dass es zwei Veröffentlichungen geben werde. Zum 30. Juni 2020 werde es das „E-Rezept 1.0“ geben, mit der Spezifikation werden zunächst „normale“ GKV- und PKV-Arzneimittelrezepte geregelt. Das „E-Rezept 2.0“ soll dann genau ein Jahr später folgen, dann soll es auch das Grüne Rezept, BtM-Verordnungen und T-Rezepte digital geben. „Das Ziel ist es, alle Verordnungen digital anzubieten“, so der Gematik-Chef.
Bis es soweit ist, müssen allerdings noch einige Probleme gelöst werden. Unter anderem geht es um die elektronische Signatur der Ärzte. Leyck-Dieken stellte klar, dass die Prozesse für die Mediziner hier noch vereinfacht werden müssten. Es gebe auch mit dem 2D-Code, den er „Token“ nennt, noch offene Fragen. Mit dem Papierrezept sei es beispielsweise möglich, Verordnungen an Verwandte abzugeben, damit diese sie in der Apotheke einlösen. „Wie können wir das mit dem E-Rezept so lösen, dass es datenschutzrechtlich in Ordnung ist?“ An dieser Frage arbeite man derzeit noch.
Seine persönliche Motivation, die Digitalisierung des Gesundheitswesens voranzutreiben, verdeutlichte der Gematik-Chef übrigens unter anderem am Beispiel der HPV-Impfung. Leyck-Dieken plädiert dafür, den Bürgern in Deutschland „jahresaktuelles, medizinisches Wissen“ zur Verfügung zu stellen. In Deutschland seien beispielsweise nur etwa die Hälfte aller jungen Frauen gegen HPV geimpft, in Schweden seien es 100 Prozent. Dort sei der Gebärmutterhalskrebs daher quasi besiegt.
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