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Hersteller und BfArM (Teil 1 von 2)
Wird Propofol wirklich knapp?
Medienberichten zufolge herrscht ein Engpass beim Narkosemittel Propofol. „Die Welt“ berichtete – und bezog sich dabei auf die Deutsche Krankenhausgesellschaft –, dass das „wichtige Narkosemittel (…) knapp“ wird. Die großen Hersteller von Propofol sind Fresenius und B. Braun. DAZ.online hat die beiden und auch das BfArM zum Propofol-Engpass befragt. Fresenius bewertet die Lage derzeit nicht dramatisch. Es scheint, dass der Akutbedarf bei Propofol zu decken ist, für eine üppige Bevorratung reicht es aber nicht.
Propofol könnte Medienberichten zufolge knapp werden. „Die Welt“ griff das Thema „Narkosemittel wird knapp“ bereits in der vergangenen Woche auf und Anfang dieser Woche erneut unter „Wichtiges Narkosemittel wird in Deutschland knapp“. Auch die „Ärztezeitung“ berichtete mittlerweile zweimal darüber, dass Propofol knapp wird und gab auch eine Einschätzung des BfArM zum Engpass.
Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Narkosemittel fehlt oder droht knapp zu werden. 2017 fehlte bundesweit Remifentanil in den Operationssälen. Bei den Gründen für den damaligen Engpass blieben die Hersteller vage, und auch die Engpassliste beim BfArM nutzten nicht alle pharmazeutischen Unternehmen damals. Bei Propofol sieht es aktuell bei der Meldefreude noch trüber aus.
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Auf der Engpassliste beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte findet sich Propofol nicht. Die Meldung ist nicht Pflicht, aber es gibt eine Selbstverpflichtung der Hersteller Lieferengpässe bei versorgungsrelevanten Arzneimitteln zu melden – was bei Propofol der Fall sein dürfte: Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat es 2011 in die Liste der unentbehrlichen Arzneimittel aufgenommen. Als Alternative nennt die WHO Thiopental. Thiopental könne je nach Region alternativ eingesetzt werden, in Abhängigkeit von der lokalen Verfügbarkeit und den Kosten. Doch Anästhesisten bevorzugen Propofol. So kommentiert ein Narkosearzt auf seinem Blog zum aktuellen Propofol-Engpass: „Wenn wir aber die Wahl haben, würden wir immer Propofol nehmen. Es ist uns sehr vertraut, kein Medikament spritzen wir häufiger. Es macht ein schönes Einschlafen, ist sicher steuerbar, hat nur wenige und dabei sehr gut beherrschbare Nebenwirkungen“.
Fresenius und B. Braun dominieren Propofolmarkt
Den Löwenanteil des Propofolmarktes teilen sich B.Braun (Propofol® Lipuro) und Fresenius (Propofol MCT Fresenius). Daneben gibt es einen kleineren Anbieter – Disoprivan® von Aspen. Hexal, Ratiopharm und Pharmore haben den Vertrieb ihrer Propofol-Präparate eingestellt. DAZ.online hat bei den beiden großen Herstellern nachgefragt.
Fresenius räumt „temporären Engpass“ ein
Fresenius spricht von „lediglich temporären Verzögerungen in der Auslieferung“ in der Vergangenheit. „Da es dadurch aber zu keiner „von uns verursachten Knappheit kam, findet sich hierzu auch nichts auf der BfarM-Website“. In der Tat rechnet Fresenius ganz aktuell bei einer Referenz (Propofol 2 Prozent, 50 ml) mit einer kurzfristigen Einschränkung der vollen Lieferfähigkeit. „Die Versorgung unserer Kunden ist aber gewährleistet“, so Fresenius, da das Propofol-Portfolio „eine Bandbreite verschiedener Darreichungsformen umfasst.“ Die Kunden könnten somit bei Bedarf auf andere Produktausführungen ausweichen. Beispielsweise bieten wir Propofol in Ampullen und in sogenannten Vials an.
Bestellungen übersteigen Nachfrage
Der zweite große Hersteller bei Proporol, B. Braun, äußert sich ähnlich: Man sei ausschließlich bei einzelnen Varianten des Portfolios beschränkt lieferfähig, es werde kontinuierlich produziert. „Allerdings übersteigen die Bestellungen die produzierte Menge wodurch nicht alle Bedarfe vollumfänglich gedeckt werden können. Unsere Kunden sind über diese Situation informiert." Und weiter: „Mit höchster Priorität arbeiten wir daran, eine kontinuierliche Versorgung aller Bestellungen sicherzustellen."
Eigenen Angaben zufolge produziert B. Braun in Deutschland, Fresenius nennt als Herstellungsorte für Propofol Europa.
BfArM: „partiell eingeschränkte Verfügbarkeit“ bei Propofol
Das BfArM nimmt auf Nachfrage von DAZ.online ausführlich Stellung zu den Propofol-Engpässen: So erreichten das BfArM am 11.10.2019 Informationen zu einer möglichen Lieferengpasssituation propofolhaltiger Arzneimittel. Es erfolgte „eine intensive Sachverhaltsermittlung, in die betroffene pharmazeutische Unternehmen, Fachkreise, Verbände und Aufsichtsbehörden einbezogen wurden“, erklärt ein BfArM-Sprecher. Die Behörde wertete sodann die übersandten Rückmeldungen aus und kam zu dem Schluss, dass „von einer partiell eingeschränkten Verfügbarkeit und einigen kurzfristigen Lieferverzögerungen auszugehen“ ist. Es sei zu „keinem Zeitpunkt zu einem Lieferabriss gekommen“, so das BfArM.
Die Lieferfähigkeit wird grundsätzlich bestätigt.“
Auch aktuell beobachte man im Rahmen des kontinuierlichen Monitorings den Sachstand bei Propofol. Dies bestätige im Grundsatz die bisherige Einschätzung: „Die Lieferfähigkeit wird grundsätzlich bestätigt“, wobei durchaus „Einschränkungen in der Verfügbarkeit zu einzelnen Arzneimitteln (...) eingeräumt“ würden. Der Akutbedarf ist wohl gedeckt, für eine Bevorratung reicht es eher nicht.
Propofol kontingentiert
Das BfArM nennt auch Maßnahmen, die Hersteller ergriffen haben, um die Versorgung möglichst zu gewähren, wie eine kontingentierte Belieferung. Diese soll den kurzfristigen Bedarf vorzugsweise sichern und gleichzeitig einer Bevorratung vorbeugen, die mit den „vorhandenen Kontingenten gegenwärtig nicht leistbar ist“, erklärt der BfArM-Sprecher.
Ergänzend weist das BfArM darauf hin, dass Unternehmen mit geringen Marktanteilen ebenfalls die Lieferfähigkeit bestätigten und teilweise bereits überdurchschnittliche Kontingente liefern.
Laut BfArM prognostizieren die Unternehmen für November eine Entspannung im Hinblick auf die aufgetretenen Lieferverzögerungen.
Schaut man sich die Lieferdaten beim Großhandel an, so sind in der Tat nicht alle Propofolpräparate rot gekreuzt und folglich nicht verfügbar. Propofol 1 Prozent scheint weniger Lieferprobleme zu bereiten als das 2-prozentige Propofol. Allerdings: Über die Größe des Großhandelsdepots erfährt man bei Online-Abfragen nichts, außerdem dürfte der Großhandelsweg für Propofolbestellungen bei Krankenhäusern eine zu vernachlässigende bis überhaupt keine Rolle spielen.
Der Text wurde am 31.10.2019 um die Stellungnahme B. Brauns ergänzt.
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