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Ersatzkassen
vdek: Rabattverträge verhindern Lieferengpässe
Während Patienten, Ärzte und Apotheker immer intensiver vor den Auswirkungen der Arzneimittel-Lieferengpässe warnen, verharmlost der Verband der Ersatzkassen (vdek) die Situation. In einer Pressemitteilung rechnet der Verband die beim BfArM gemeldeten Defekte klein und erklärt, dass es keinen Zusammenhang zwischen Rabattverträgen und Engpässen gebe. Vielmehr sei es so, dass die Verträge dabei helfen würden, Engpässe zu verhindern.
Das Thema Arzneimittel-Lieferengpässe dürfte in dieser Legislaturperiode noch einmal politisch angegangen werden. Denn es vergeht kein Tag mehr, an dem sich kein lokales oder überregionales Medium mit den Auswirkungen der Defekte auf die Versorgung beschäftigt. Kurzum: Das Thems ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die Unionsfraktion hat daher auch ein erstes Positionspapier erstellt, indem zahlreiche Vorschläge enthalten sind. Unter anderem wollen CDU/CSU exklusive Ausschreibungen bei Rabattverträgen verbieten. Und: es soll geprüft werden, ob die Rabattverträge künftig nicht mehr nur auf regionaler Ebene und kassenübergreifend mit den Herstellern ausgehandelt werden könnten. Damit will die Union auch die Apotheker bürokratisch entlasten.
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Bei den Krankenkassen läuten daher die Alarmglocken. Dr. Chistopher Hermann, Chef der AOK Baden-Württemberg, reagierte schon vor etwa zwei Wochen auf die Unionspläne und erklärte, dass sich die Union nicht von der Pharmaindustrie „einlullen“ lassen solle. Nun reagiert auch der Verband der Ersatzkassen (vdek). In einer Pressemitteilung bezieht sich der Verband, dem unter anderem die Barmer und die TK angehören, auf die derzeit beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gelisteten Engpässe, die derzeit bei etwa 530 liegen. Der vdek kommentiert: „Tatsächlich nicht lieferbar war von den gelisteten Medikamenten jedoch eine wesentlich geringere Zahl. Und: Bei keinem einzigen der nicht lieferbaren Medikamente waren die Arzneimittel-Ausschreibungen der gesetzlichen Krankenkassen der Grund für den Lieferengpass.“
In einer Grafik (s. oben) rechnet der Kassenverband dann vor, dass noch 156 verblieben, wenn man die Präparate abziehe, die bereits wieder lieferbar waren (Löschmitteilung der Hersteller) und diejenigen, die Valsartan enthielten (Rückruf nach dem Valsartan-Skandal). Und weiter: „Ein Großteil davon war jedoch zum Beispiel in anderen Packungsgrößen erhältlich, oder das Arzneimittel konnte von einem anderen Hersteller bezogen werden. Von den so verbleibenden 89 Wirkstoffen lag für 69 Wirkstoffe kein Rabattvertrag der Krankenkassen vor. Hier bestand also auch kein Zusammenhang mit Ausschreibungen der Kassen. Letztendlich verblieben 20 Wirkstoffe, deren Lieferschwierigkeiten von den Herstellern mit Produktionsproblemen begründet wurden.“
Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende beim vdek, kommt daher zu dem Schluss: „Die Behauptung, Lieferengpässe hätten mit den Arzneimittel-Ausschreibungen der Krankenkassen zu tun, entbehrt jeglicher Grundlage. Unsere Analyse belegt dies klar und deutlich. Tatsächlich helfen die Rabattverträge der Kassen, Lieferengpässe zu verhindern. Durch die vertraglichen Lieferverpflichtungen erhalten Arzneimittelhersteller eine bessere Planbarkeit, was letztlich die Liefersicherheit und damit die Versorgungssicherheit für die Patienten erhöht.“ Die Verbandschefin erklärte auch, dass ein Lieferengpass nicht automatisch ein Versorgungsengpass sei, bei dem gar keine Medikamente mehr zur Verfügung stehen. Auch das Bundesgesundheitsministerium hatte sich kürzlich so geäußert.
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Trotzdem sieht die Verbandschefin Handlungsbedarf, denn die Engpässe dürften die Versorgung auch nicht gefährden. Obwohl die Unionsfraktion die oben beschriebenen Maßnahmen zur Änderung des Rabattvertragssystems vorgeschlagen hatte, „begrüßt“ Elsner das Unionspapier „ausdrücklich“. Das Papier enthalte einige gute Ansätze. Darunter den Aufbau einer nationalen Arzneimittelreserve sowie die Ausweitung und Verschärfung der bestehenden Meldepflichten.
So wie ihr Kollege Hermann aus Baden-Württemberg kritisierte Elsner allerdings eine bestimmte Passage des Unionspapiers: „Der Vorschlag, alle Krankenkassen gemeinsam und einheitlich zu regionalen Ausschreibungen zu verpflichten, ist jedoch kontraproduktiv.“ Dadurch würde die Liefervielfalt reduziert und damit die Versorgungssicherheit verringert. „Gegen die Tendenz, die Produktion auf wenige Herstellerbetriebe weltweit zu konzentrieren, brauchen wir Lösungen in einem globalen oder europäischen Kontext“, sagte Elsner.
Industrie und Apotheker fordern Ende der Exklusivverträge
Das sieht die Pharmaindustrie verständlicherweise anders. Bei der Eröffnung der diesjährigen Expopharm in Düsseldorf kritisierten gleich mehrere Verbandsvertreter das derzeitige System. Dr. Martin Zentgraf, Vorsitzender des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI), sagte beispielsweise, dass die Preise in Deutschland „ein osteuropäisches Niveau erreicht“ hätten, mit den Rabattverträgen sei die Schraube endgültig überdreht. Mit Mehrfachvergaben sei schon viel geschafft. Ein zusätzlicher Gewinn wäre es, wenn mindestens ein Zuschlag an einen Hersteller mit nachgewiesenem EU-Produktionsstandort dabei sein müsste.
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Expopharm-Eröffnung: Lieferengpässe im Fokus
Wolfang Späth, Vorstandsvorsitzender bei Pro Generika, zollte den Apothekern Respekt, wie sie die Lieferengpässe derzeit im Apothekenalltag meistern und mit „pharmazeutischem Improvisationstheater“ sicherstellten, dass die Patienten versorgt sind. Eine gesetzliche Meldepflicht für die Hersteller ist für Späth aber keine Lösung. So würde mit einer Meldepflicht zwar die Dokumentation besser und transparenter – doch damit gäbe es keine Packung mehr im Markt. Zu befürchten sei vielmehr, dass Hamsterkäufe die Situation noch verschärfen könnten. Auch andere Ideen, wie eine „nationale Reserve“ oder höhere Strafen bei Nichtlieferfähigkeit, sind für Späth nicht die Lösung. Für ihn liegt die Lösung längst auf dem Tisch: Die Politik müsse den Weg ebnen für obligatorische Mehrfachausschreibungen von Rabattverträgen, so Späth.
7 Kommentare
Kann die noch in den Spiegel sehen - unglaublich dreiste Lügen
von ratatosk am 21.10.2019 um 11:15 Uhr
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Glaubensbekenntnis
von Bernd Jas am 19.10.2019 um 15:14 Uhr
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Glaubensbekenntnis
von Bernd Jas am 19.10.2019 um 15:14 Uhr
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Glaubensbekenntnis
von Bernd Jas am 19.10.2019 um 15:14 Uhr
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Respekt
von Jan Kusterer am 19.10.2019 um 8:55 Uhr
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Nicht lieferbar
von Hermann Eiken am 18.10.2019 um 22:18 Uhr
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Datenbasis des BfArM hat mit der Realität nichts zu tun!
von T. La Roche am 18.10.2019 um 19:42 Uhr
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