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Nach Todesfall in Köln
Glucosetoleranz-Test: Kritik an der Sparmaßnahme Apothekenabfüllung
Dass Ärzte abgepackte Glucose aus der Apotheke für den oralen Glucosetoleranz-Test verordnen, kritisieren Experten schon lange aus verschiedenen Gründen. Gezwungen werden die Behandler dazu zwar auch durch Engpässe, aber vor allem von den Kassen, die das Fertigpräparat für unwirtschaftlich erachten. Der tragische Tod einer Schwangeren und ihres Babys vergangene Woche nach einem verunreinigten Glucosetoleranz-Test aus der Kölner Heilig Geist Apotheke hat dafür gesorgt, dass die Publikumsmedien die Diskussion um die Apothekenrezeptur aufgreifen, die bislang vor allem in Fachkreisen geführt wurde.
Seit dem Jahr 2012 ist das Screening auf Gestationsdiabetes Standard. Zuvor wurde es nur bei Risikoschwangerschaften oder im konkreten Verdachtsfall durchgeführt. Dazu wird ein zweistufiger Belastungstest (oGTT) durchgeführt, bei dem die werdende Mutter im Zeitraum zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche eine standardisierte Glucose-Lösung trinken muss. Anschließend wird in definierten Abständen der Blutzucker gemessen. Dazu steht ein Fertigarzneimittel zur Verfügung – Accu Check Dextrose OGT. Seit einigen Jahren bezahlen die Kassen diese Lösung aber nicht mehr. Sie finden das Präparat, das aktuell 5,53 Euro im VK kostet, unwirtschaftlich. Deswegen und auch wegen immer wiederkehrender Engpässe beziehen Ärzte alternativ nun portionierte Glucose aus der Apotheke und lösen diese auf.
Die in Tütchen abgefüllte Einzelportion Glucose kostet in der Apotheke etwa 1,20 Euro. Fachgesellschaften, wie die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) oder die Deutsche Vereinte Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL), kritisieren das seit jeher. „Die Selbstherstellung im normalen Praxisbetrieb birgt das Risiko von Ungenauigkeiten“, warnte der damalige DDG-Präsident Professor Dr. med. Baptist Gallwitz bereits 2016. „Das wiederum kann zu falschen Testergebnissen führen, die Mutter und Kind womöglich schaden und für die der Arzt haften müsste.“ Die DDG rät von der Selbstherstellung ausdrücklich ab. „Die Möglichkeiten für Ungenauigkeiten bei der Zubereitung sind zahlreich“, erklärte Gallwitz. Sie könnten unter anderem aus der unvollständigen Leerung der Tüte, zurückgebliebenem Bodensatz im Becher oder unpräziser Abmessung der Flüssigkeit resultieren. „Ein falsches Mischungsverhältnis kann fehlerhafte Testergebnisse zur Folge haben, das sollte auf keinen Fall riskiert werden“, so Gallwitz. Zudem stehen in kleineren Praxen häufig keine Räume zur Verfügung, die den Hygieneanforderungen entsprechen.
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Bei der Rezeptur bleibt ein Restrisiko
Der tragische Fall in Köln, bei dem eine Schwangeren und ihr Baby vergangene Woche nach einem verunreinigten Glucosetoleranz-Test aus der Kölner Heilig Geist Apotheke zu Tode kamen, fördert nun ein weiteres Risiko der Apothekenabfüllung zutage. Bei aller Sorgfalt, die Apotheken bei Rezeptur und Abfüllung an den Tag legen, bleibt ein Restrisiko, dass Fehler gemacht werden oder absichtliche Manipulationen stattfinden.
Das zentrale Gegenargument waren und sind Fehldiagnosen
Somit ist es kaum verwunderlich, dass die Diskussion um die Apothekenabfüllung wieder aufflammt. Auch in den Publikumsmedien. So äußert sich gegenüber Spiegel.online die Kölner Internistin und Diabetologin Heinke Adamczewski, die das Vorgehen auch schon lange kritisiert. Sie erklärt, dass man an einen tragischen Todesfall bei der seit Jahren geübten Kritik an der Sparpolitik der Kassen gar nicht gedacht habe. Man habe zwar durchaus Sicherheitsbedenken gehabt, erklärt sie. Dass bei der Abfüllung durch Nachlässigkeit oder mit krimineller Absicht eine andere Substanz hineingegeben werden könnte, das habe man gar nicht auf dem Schirm gehabt. Das zentrale Argument sei damals wie heute ein anderes gewesen, nämlich dass das Umfüllen der Glucose ein mehrfach fehleranfälliger Prozess sei. Neben dem Abwiegen in der Apotheke als Fehlerquelle, hebt sie wie Gallwitz auch auf das Auflösen in der Praxis ab. Derartige Fehlerquellen können ihrer Ansicht nach die Testergebnisse verfälschen und unwissentlich falsche Diagnosen stellen – mit den bekannten Risiken eines unentdeckten Schwangerschaftsdiabetes.
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Dass die nordrheinischen Krankenkassen nun das Fertigpräparat bis einschließlich Dezember bezahlen, infolge des Kölner Todesfalls, erachtet Adamczewski als einen ersten Schritt. Sie könne aber diese zeitliche Befristung nicht nachvollziehen, erklärt sie gegenüber SPON. Es ändere sich dadurch ja nicht das grundsätzliche Problem. Nachdem Tod in Köln sollte das Pulver in keiner Praxis mehr verwendet werden, unabhängig davon, wie es zu der Verunreinigung des Glucosepulvers gekommen sei. Weiter erklärt sie: Die Herstellung der Glucoselösung aus Pulver in der Arztpraxis enthielte viele Verarbeitungsschritte, die alle mit dem Fertigarzneimittel vermeidbar seien und Sicherheitslücken geöffnet hätten. Nach Ansicht der Internistin sollte nach diesem entsetzlichen Todesfall der Gesellschaft die Sicherheit der Schwangeren und ihrer Kinder vier Euro mehr Wert sein. Dafür müssten die Krankenkassen, die seit Jahren die Warnungen und Bedenken der Fachgesellschaften in den Wind geschlagen haben, jetzt einstehen, so Adamczewski.
Bei der Kostenübernahmezusage durch die Kassen für das Fertigpräparat gibt es allerdings neben der Befristung noch einen weiteren Haken: Es ist, wie auch in der Vergangenheit häufig, nicht lieferbar.
2 Kommentare
Glucosepulverabfüllung
von Jürgen Joos am 06.10.2019 um 17:42 Uhr
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typisch
von Jochen Ebel am 04.10.2019 um 7:40 Uhr
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