Glucosetoleranz-Test mit Todesfolge

Polizei erklärt Hintergründe: Toxische Verunreinigung in Kölner Apotheke

Stuttgart - 24.09.2019, 17:46 Uhr

Die Pressekonferenz im Polizeipräsidium Köln offenbarte am heutigen Dienstag um 11:30 Uhr viele betroffene Gesichter – sie wurde live auf Facebook und NTV übertragen. (b/Foto: Screenshot der NTV-Übertragung der Pressekonferenz)

Die Pressekonferenz im Polizeipräsidium Köln offenbarte am heutigen Dienstag um 11:30 Uhr viele betroffene Gesichter – sie wurde live auf Facebook und NTV übertragen. (b/Foto: Screenshot der NTV-Übertragung der Pressekonferenz)


Noch gestern Abend warnten die Stadt Köln und die Kölner Polizei „vor der Einnahme eines lebensbedrohlichen Glucosegemischs“ aus einer Kölner Apotheke. Ein Gynäkologe hatte der Polizei zwar bereits am vergangenen Donnerstag gemeldet, dass ein bei ihm in der Praxis durchgeführter Glucosetoleranz-Test zu Komplikationen und sogar zu zwei Todesfällen geführt hatte. Dass die Glucose-Mischung aber tatsächlich toxisch verunreinigt war und ein Kausalzusammenhang zwischen Test und Komplikationen bestand, weiß die Polizei erst seit Montagnachmittag.

Die Pressekonferenz im Polizeipräsidium Köln offenbarte am heutigen Dienstag um 11:30 Uhr viele betroffene Gesichter – sie wurde live auf Facebook übertragen. Es war von einem „gravierenden und tragischen Fall“ die Rede. Die Polizei bat die Medien darum, die Privatsphäre der Betroffenen und Angehörigen zu wahren, bedankte sich aber auch für die schnelle Verbreitung der Nachricht in der Öffentlichkeit. Denn offenbar weiß man nicht, ob es Patienten gibt, die noch im Besitz von Glucose-Präparaten sein könnten, die in der Heilig Geist Apotheke in der Graseggerstraße 105 im Kölner Stadtteil Longerich hergestellt wurden.

Konkret geht es um in der Apotheke abgefüllte Glucosetoleranz-Tests: Wie aus dem „Rezepturtipp der Woche 07/2016“ des DAC/NRF hervorgeht, wird bei einem Glucosetoleranz-Test „zur Diagnose auf Diabetes mellitus oder eine gestörte Glucosetoleranz, insbesondere zum Screening für Gestationsdiabetes mellitus“ Glucose oral eingenommen. „Derzeit sind keine Fertigpräparate lieferbar, sodass Bedarf für ein Rezepturarzneimittel besteht“, hieß es 2016. Der Screening-Test auf Gestationsdiabetes wird mit 50 g Wasserfreier Glucose durchgeführt, der standardisierte orale Glucose-Toleranztest (oGTT) mit 75 g Wasserfreier Glucose. 

Wie nun bekannt wurde, handelt es sich auch bei der überlebenden Patientin um eine Schwangere. Sie soll die Mischung noch vor der verstorbenen 28-Jährigen, deren ungeborenes Kind ebenfalls nach einem Notkaiserschnitt verstarb, eingenommen haben. Allerdings brach sie die Einnahme in der Praxis ihres Gynäkologen nach nur wenigen Schlucken ab, weil die Lösung nicht wie angekündigt süß, sondern bitter schmeckte. Sie entwickelte außerdem Symptome, sodass sie zur Beobachtung ins Krankenhaus musste. Sie wurde wieder entlassen, ob sie aber dennoch an Folgeschäden leiden könnte, sei derzeit noch Gegenstand der Untersuchungen.

Zweite Patientin: Noch beim Gynäkologen reanimationspflichtig geworden

Am vergangenen Donnerstag ging dann die mittlerweile verstorbene schwangere 28-Jährige in die Praxis des Gynäkologen. Auch sie hatte ihre Glucose-Mischung auf Rezept aus der Kölner Heilig Geist Apotheke bezogen. Sie soll nach Einnahme noch in der Praxis reanimationspflichtig geworden sein, kam ins Krankenhaus, verstarb jedoch noch am selben Tag. Ihr ungeborenes Kind befand sich in der 25. Schwangerschaftswoche und verstarb nach einem Notkaiserschnitt am Freitag. Die 28-Jährige wurde noch am Freitag obduziert: Es wurde ein multiples Organversagen festgestellt, das keinen konkreten Hinweis auf die Todesursache bot.

Allerdings hat die Beweissicherung in der Apotheke zu neuen Erkenntnissen geführt.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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6 Kommentare

Unfassbar...

von Marina am 27.09.2019 um 3:23 Uhr

Hallo Herr Gesko!

Wie können Sie so etwas nur schreiben?

Sie wissen doch gar nicht, ob der Arzt den Test zu Recht angeordnet hat oder nicht.
Gewöhnlich muss es erst einmal entsprechende Hinweise und Symptome für den Verdacht auf Diabetes geben, damit dieser Test dann genutzt wird, um die Krankheit zu diagnostizieren. Sonst zählt die Kasse das auch nicht.

Man kann doch nicht einfach auf gut Glück Menschen so beschimpfen!

Selbst wenn der Test unnötig gewesen sein sollte, dann hat immer noch das Gift in der Glucoselösung das Unheil angerichtet!

Was passiert ist, ist so furchtbar, traurig und tragisch und Sie sillzen sich schämen, dass Sie den Tod und das Unglück dieser armen Menschen als Vorwand für Ihre Wut und Ihren Hass nutzen.

Und übrigens ist mit Sicherheit jede Frau, bei der der Verdacht auf Schwangerschaftsdiabetes besteht, froh, dass die Krankenkassen den Test mittlerweile bezahlen. Denn Schwangerschaftsdiabetes ist doppelt gefährlich und Untersuchungen teuer, da sollte man dankbar sein, wenn die Kassen ihr Angebot entsprechend erweitern.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Oraler Glukosetoleranztest: Seit März 2012 Teil der Mutterschaftsrichtlinien?

von Peter Gesko am 26.09.2019 um 17:30 Uhr

Stimmt ja. Vor 2012 gab es ja noch gar keine Mütter. Zur Information: Zur Feststellung eines Schwangerschaftsdiabetes kann der Test im Rahmen der Vorsorge zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden. In Deutschland ist dieser Test seit März 2012 Teil der Mutterschaftsrichtlinien und damit eine Leistung der Gesetzlichen Krankenkassen.

Ich frage mich, was das soll. Wo leben wir eigentlich mittlerweile? Was seid ihr für Ärzte, die diesen Wahnsinn unterstützen? Pfui Teufel, seid ihr DRECK! Wegen euch ist diese Frau und ihr Kind nicht mehr am Leben! Wegen einem vollkommen überflüssigen Zuckertest. Ich könnte kotzen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Oraler Glukosetoleranztest: Seit März

von Lukas am 29.09.2019 um 17:18 Uhr

Hallo DAZ online, wann wird dieser unsägliche und beleidigende Kommentar endlich gelöscht?

Glucose Eingangskontrolle

von Dr. Rainer Trittler am 26.09.2019 um 13:06 Uhr

Mir ist es unverständlich, dass bei dem Fall keinerlei Kommentar zur obligatorischen Eingangskontrolle der zur Herstellung verwendeten Glucose auftaucht. Da keine Warnung vor dem Rohstoff an andere Apotheken ausgesprochen wurde, und die Verunreinigung im Gebinde zu finden ist, liegt der Verdacht nahe, dass sie mutwillig eingebracht wurde. Ich kann nicht wirklich verstehen, dass der Apotheker seine Eingangskontrolle nicht kommentiert. Es wäre auch keine Schande, wenn bei einer Eingangskontrolle eine in 75g tödliche Menge an Sufentanil nicht entdeckt wird. Die Eingangskontrolle minimiert das Risiko trotzdem beträchtlich. Daher ist es glücklicherweise nicht gesetzeskonform, dass in Apotheken weiße Pulver unkontrolliert abgefüllt werden und die Quallitätskontrolle dann die Polizei durchführen muss ! Ohne vernünftige Analytik wird das Vertrauen von Patienten und Ärzten in Apothekenherstellungen langfristig beschädigt.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Glucose Eingangskontrolle

von Peter Gesko am 26.09.2019 um 17:12 Uhr

Typisch für einen "Dr." Hinterfragt gar nicht erst, ob das Screening überhaupt notwendig gewesen wäre. Aber klar doch: Es generiert Geld! Richtig, Herr Doktor? Alles was Geld bringt ist gut.
Ich hoffe sehr, dass in Zukunft die eine oder andere werdende Mutter ALLES hinterfragt, was ihr Arzt ihr so an "Vorsorge" anbietet.

verunreinigte Glukoselösung

von Jürgen Weinberg am 24.09.2019 um 20:31 Uhr

Das ist wirklich das Schlimmste, was einem Apotheker/in passieren kann. Alleine in den Verdacht zu kommen, Menschenleben zerstört zu haben ist wohl der blanke Horror. Der betroffene Kollege hat mein volles Mitgefühl. Ich bin froh, dass mir so etwas in meinem über 30jährigen Berufsleben bisher nich passiert ist. Und bevor es „böse“ Kommentare gib: natürlich tut mir auch die verstorbene Patientin und ihr ungeborenes Kind leid. Und der zurückbleibende Ehemann und Vater erst recht. Grausam das alles!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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