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Satzungsleistungen
Druck auf Homöopathie-Erstattung wächst – Industrie hält dagegen
Sollten Krankenkassen im Rahmen ihrer Satzungsleistungen Homöopathika (teil-)erstatten? Nach der Entscheidung von Frankreichs Gesundheitsministerin Agnès Buzyn, eine solche Teilerstattung zu streichen, wird darüber auch in Deutschland diskutiert. In der Politik mehren sich die Gegner der Kostenerstattung. Die Pharmaindustrie hält dagegen.
In Frankreich soll die nationale Krankenversicherung künftig nur noch 15 statt derzeit 30 Prozent der Kosten von Homöopathika erstatten. Ab 2021 fällt die Kostenerstattung dann ganz weg. Das Land hatte die Kostenerstattung in den 1980er Jahren eingeführt, um damals die Industrie zu stärken, wie Gesundheitsministerin Agnès Buzyn kürzlich in einem Interview erklärte. Die oberste nationale Gesundheitsbehörde hatte in den vergangenen Monaten aber hunderte Studien zur Wirksamkeit von homöopathischen Produkten analysiert und der Ministerin dann empfohlen, die teilweise Kostenerstattung künftig zu streichen.
Buzyns Entscheidung hat hierzulande eine heftige Debatte rund um das Thema Homöopathie ausgelöst. Am gestrigen Donnerstag meldete sich KBV-Chef Dr. Andreas Gassen zu Wort und forderte ein Ende der Kostenerstattung auch in Deutschland. Zur Erklärung: Die Krankenkassen dürfen im Rahmen ihrer Satzungsleistungen Homöopathika erstatten, einige Kassen haben daher besondere Homöopathie-Programme aufgesetzt. Bei Kindern bis zwölf Jahren (bis 18 Jahren bei Entwicklungsstörungen) erstatten die Kassen nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel, so auch Homöopathie-Rezepte.
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Nun wächst auch der Druck in der Politik. „Es ist schwer vermittelbar, dass Kosten für Homöopathie teilweise übernommen werden, während an anderer Stelle gespart werden muss“, sagte der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag, Erwin Rüddel (CDU), dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Deswegen kann ich mir durchaus ein Ende der Erstattungsfähigkeit vorstellen.“
In Rüddels
Fraktion gibt es aber durchaus unterschiedliche Meinungen zu diesem Thema.
Karin Maag, die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, hatte sich
für einen Erhalt der Kostenerstattung ausgesprochen. In einem aktuellen Interview mit dem Deutschlandfunk sagte Maag, dass Versicherte, die gegen die Erstattung seien, einfach die Kasse wechseln sollten: „Diejenigen, die Homöopathie für sich in Anspruch nehmen
wollen, sollen die Kassen wählen, die die Homöopathika erstatten. Und
diejenigen, die die Homöopathie ablehnen, die sollen die Kassen wählen,
die die Erstattungsfähigkeit nicht für sich in Anspruch nehmen", so die CDU-Gesundheitsexpertin. Zudem wies sie auf die entstandenen Kosten hin. 2017 seien etwa 10,5 Millionen Euro für Homöopathie von den Kassen ausgegeben worden. Das entspricht laut Maag einem Anteil von 0,03 Prozent der gesamten GKV-Arzneimittelausgaben.
In der SPD ist man aber auch kritisch eingestellt. Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Sabine Dittmar, sagte laut Nachrichtenagentur dpa, die Wirksamkeit homöopathischer Mittel sei nicht nachgewiesen. „Ich sehe es deshalb kritisch, dass Krankenkassen und damit die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler diese Mittel finanzieren.“ Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP im Bundestag, Christine Aschenberg-Dugnus, sieht es so: „Jeder, der Homöopathie befürwortet, soll sie auch weiter erwerben können. Aber auf Selbstzahlerbasis“, sagte sie dem RND. Der Linken-Politiker Harald Weinberg hält die Debatte jedoch für überzogen. Die Kosten für Homöopathie für die Krankenkassen seien extrem niedrig, es gebe wichtigere Probleme.
BAH/BPI: Frankreich-Entscheidung nicht auf Deutschland übertragen!
Die Pharmaindustrie warnt allerdings davor, die Debatte in Frankreich auf Deutschland zu übertragen. In einem gemeinsamen Statement erklärten der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) und der Bundesverband der pharmazeutischen Industrie (BPI):
Diese Änderung in Frankreich ist auf die Situation in Deutschland nicht übertragbar. Bei uns werden seit 2004 grundsätzlich alle nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, einschließlich der Arzneimittel der Besonderen Therapierichtungen (Phytotherapie, Anthroposophie und Homöopathie) von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht mehr erstattet. Seit 2012 können gesetzliche Krankenkassen im Rahmen von sogenannten Satzungsleistungen jeweils autonom entscheiden, ob sie unter anderem die Kosten für die Behandlung mit Arzneimitteln der Besonderen Therapierichtungen bis zu einem bestimmten, gedeckelten Betrag erstatten. Dadurch hat der deutsche Gesetzgeber ganz bewusst den Wettbewerb zwischen den gesetzlichen Krankenkassen gestärkt und den Patienten die Möglichkeit gegeben, eine differenzierte Auswahl ihrer Krankenkasse vorzunehmen.“
Beide Verbände weisen zudem darauf hin, dass auch in Frankreich das Selbstbestimmungsrecht des Patienten und die Therapiefreiheit des Arztes weiterhin unberührt bleiben. „Die französische Gesundheitsministerin betonte, dass die Verschreibung homöopathischer Arzneimittel in Frankreich durch die rund 20.000 homöopathisch ausgebildeten Ärzte hiervon unbeeinträchtigt bleibt und dass sie den Wunsch der Bevölkerung nach diesen Therapien versteht“, so BAH und BPI.
3 Kommentare
Immer dieser whataboutism
von Dennis am 15.07.2019 um 14:18 Uhr
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Ist das schon das Sommerloch?
von Hummelmann am 13.07.2019 um 13:36 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Ist das schon das Sommerloch
von Mike Keszler am 15.07.2019 um 10:34 Uhr
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