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Pharmacon Meran 2019
Kein Hydrocortison oder Neomycin auf Kinderhaut!
„Finger von weg von Neomycin und Hydrocortison bei Kindern", mahnt der Kinderdermatologe Professor Peter Höger beim Pharmacon in Meran. Was ist so gefährlich bei der topischen Anwendung von Neomycin und dem schwachen Corticoid? Höger hat außerdem Tipps parat, wie Apotheker Cortisonängste von Eltern entkräften können.
Kinder sind in der Arzneimitteltherapie nicht einfach kleine Erwachsene, das hat sich mittlerweile herumgesprochen. Diese Erkenntnis gilt auch für die Dermatologie. Was genau ist bei der Haut von Säuglingen und Kleinkindern anders als bei Erwachsenen, und welche Folgen hat das für die topische Therapie von Kindern? Professor Peter Höger, Facharzt für Pädiatrie und Dermatologie, gibt den Apothekern beim derzeit in Meran stattfindenen Pharmacon wertvolle Tipps.
Dünnere Epidermis, unreife Barriere
„Die Haut des Säuglings und Kleinkindes unterscheidet sich in vielfältiger Hinsicht von der älterer Kinder und Erwachsener“, erklärt der Kinderdermatologe, denn „die Haut des Neugeborenen ist zwar komplett, aber funktionell noch unreif“. Was genau sind die Unterschiede?
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Die Haut sei bei Säuglingen dünner, Epidermis und Dermis noch „wenig verankert“ und auch die Konzentration an epidermalen Barriereproteinen vermindert. Zusätzlich sei in der kindlichen Haut die Dichte der Talgdrüsen erhöht – denn: Zwar bleibt die Anzahl der Talgdrüsen ein Leben lang gleich, doch beim Säugling stehen die Talgdrüsen anatomisch bedingt einfach viel enger beieinander, „Loch an Loch“, beschreibt Höger.
Barrieredefekt erhöht transkutane Absorption zusätzlich
Auch die Körperoberfläche ist bei Säuglingen – bezogen auf das Körpergewicht – größer als bei Erwachsenen, und zwar etwa um den Faktor drei. Diese anatomischen Unterschiede haben Konsequenzen, denn sie begünstigen eine im Vergleich zu Erwachsenen erhöhte transkutane Absorptionsrate beim Säugling. „Kommt dann, wie beispielsweise beim Atopischen Ekzem, zusätzlich ein Barrieredefekt hinzu, erhöht sich diese nochmals um das Zweifache“, so Höger.
Was also ist anders bei Säuglingen und Kleinkindern als bei Erwachsenen? „Alles – der Patient, seine Haut und die Therapie“, so Höger. „Das wichtigste in der Therapie bei Kindern ist, dass man keinen Schaden anrichtet“, erklärt der Kinderdermatologe seinen Grundsatz in der Behandlung pädiatrischer Hauterkrankungen. Potenzial für Schaden bergen auch gängige Arzneistoffe.
Hilfe bei Cortisonangst der Eltern
„Manche topischen Wirkstoffe können aufgrund ihrer transkutanen Penetration unter Umständen gefährliche Nebenwirkungen auslösen“, erklärt Höger. Eine der „schlimmsten“ Substanzen ist Höger zufolge Neomycin. „Neomycin in der Kinderdermatologie ist komplett obsolet“, so Höger. Er wundert sich tatsächlich, dass sich das Aminoglykosid nach wie vor in der topischen Therapie auch bei Kindern behaupten kann – noch immer gebe es 16 neomycinhaltige Zubereitungen. „Bei Kindern gilt es, Neomycin zu vermeiden“, mahnt Höger. Und weiter: „Neomycin ist ein Aminoglykosid, und alle unerwünschten Wirkungen dieser antibiotischen Klasse, wie Nephro- oder Ototoxizität, können Sie bei Kindern, bedingt durch die erhöhte transkutane Absorption, auch bei alleiniger topischer Anwendung hervorrufen“. Zusätzlich erinnert Höger an das kontaktallergische Potenzial von Neomycin und daran, dass „50 Prozent der Hautflora primär resistent ist gegen Neomycin ist“.
Kein Hydrocortison in der Kinderdermatologie
Eine klare Absage erteilt Höger auch Hydrocortison. Dieses Corticoid hat nach Ansicht des Dermatologen nichts in der Pädiatrie zu suchen. „Kein Hydrocortison für Kinder“, erklärt er, „als ,kleines Molekül' macht der Wirkstoff bei Kindern mehr Nebenwirkungen und Schaden, als es den Kindern nutzt“, so Höger. Bei Kindern mit Atopischem Ekzem, die mittels einer adaptierten Lokaltherapie antiinflammatorisch behandelt werden müssen, sollten besser Prednicarbat,
Methylprednisolon, doppelt verestertes Hydrocortison oder in schweren Fällen Mometason eingesetzt werden.
Cortison: physiologische Substanz und nicht axiliär
Die Angst vor Cortison scheint verbreitet, viele Erwachsene sorgen sich vor Nebenwirkungen der antiinflammatorischen Therapie mit den Steroiden. Noch kritischer werden Eltern meist, wenn ihre Kinder Corticoide erhalten sollen. Auch in Apotheken kommunizieren Eltern immer wieder ihre Sorge, wenn ihre Kinder corticoidhaltige topische Präparaten verordnet bekommen. Welchen Tipp hat Professor Höger aus seiner kinderdermatologischen Praxis parat, den Apotheker für die Beratung nutzen können? Höger betont, dass Cortison eine physiologische Substanz ist und es gute synthetische Cortisone gebe. „Prednicarbat wird durch eine Hydrolase bereits in der Dermis inaktiviert“, erklärt der Kinderdermatologe, was die systemische Verfügbarkeit reduziert. Die Fachinformation zu prednicarbathaltigen Präparaten bestätigt dies: „Nach perkutaner Verabreichung konnten weder Prednicarbat noch seine bekannten Metaboliten systemisch nachgewiesen werden“.
Zusätzlich warnt der Dermatologe davor Corticoide okklusiv oder axiliär anzuwenden, da auch dies die Gefahr systemischer Wirkungen erhöhe.
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