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An Bundestagsabgeordnete
Becker, Hermann, Ludwig, Metke: Brandbrief zur Importförderklausel
Das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) soll Anfang Juni vom Bundestag beschlossen werden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will damit in erster Linie auf die Arzneimittel-Skandale des vergangenen Sommers reagieren. Immer wieder taucht bei der Debatte rund um das Vorhaben aber auch die Importförderklausel auf. Kurzzeitig hatte es einen Entwurf gegeben, in dem die Streichung der Regelung vorgesehen war. Nun gibt es einen Brandbrief an die Bundestagsabgeordneten, in dem vier prominente Gegner der Importquote nochmals für deren Abschaffung werben.
Wird sich in Sachen Importförderklausel noch etwas bewegen in den kommenden Wochen? Auszuschließen ist es nicht. Eigentlich hatten Kassen und Apotheker ja gerade erst eine neue Regelung zur Importförderung vereinbart, bei der sich die Abgabepflicht an den Preisen der Importe orientiert. Diese Neuregelung soll mit dem neuen Rahmenvertrag im Sommer in Kraft treten. Doch schon seit Wochen brodelt es in der Gesundheitspolitik: Immer mehr Experten, Politiker, Verbände und Institutionen fordern die grundsätzliche Abschaffung der Quote.
Jüngstes Beispiel: Die Äußerungen von Johann-Magnus von Stackelberg, seines Zeichens stellvertretender Chef des GKV-Spitzenverbandes. Bei der Anhörung zum GSAV sagte Stackelberg überraschend, dass er die Förderklausel für überholt halte. Die Bundesregierung hat nach einer Streichungsforderung des Bundesrates inzwischen angekündigt, das Thema nochmals zu prüfen. Der offizielle aktuelle Stand ist jedenfalls, dass die Förderklausel im Gesetz bleiben soll. Mit dem GSAV sollen sich die Import-Regeln allerdings ändern und – analog zum neuen Rahmenvertrag – preisabhängiger werden.
AOK, DAV, KV Baden-Württemberg und AkdÄ vereint gegen die Quote
Doch der politische Druck bleibt. Nun haben vier prominente Gegner nochmals einen Brandbrief an die Bundestagsabgeordneten geschrieben – in der Hoffnung, über das parlamentarische Verfahren noch eine Streichung veranlassen zu können. Dr. Christopher Hermann, AOK-Chef in Baden-Württemberg, DAV-Chef Fritz Becker, Dr. Norbert Metke, Chef der KV Baden-Württemberg sowie Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der AkdÄ, weisen auf die Sicherheitsrisiken hin, die aus ihrer Sicht von der Förderklausel ausgehen.
Die vier Funktionäre erinnern in ihrem Brief an den Lunapharm-Skandal, bei dem im vergangenen Sommer bekannt wurde, dass ein Brandenburger Pharmahändler mutmaßlich illegale Arzneimittel aus dem Ausland nach Deutschland importierte. Wenn der Gesetzgeber mit dem GSAV die Arzneimittelsicherheit erhöhen will, greife der vorliegende Gesetzentwurf zu kurz, heißt es weiter. „Wir appellieren dringend an Sie, die Forderung nach einer Streichung der Importförderklausel in den weiteren parlamentarischen Beratungen aufzugreifen (…)“, so Becker, Hermann, Metke und Ludwig.
Sicherheit, Bürokratie, Kosten
Als Gründe für diese Forderung führen sie an:
- Die „langen, intransparenten und grenzüberschreitenden“ Lieferketten von Importarzneimitteln. Sie erleichterten das „kriminelle Geschäft von Hehlerbanden und Arzneimittelfälschern“.
- Gerade bei Krebsarzneimitteln könnten „nicht gekühlter Transport, unsachgemäße Lagerung und mehrfache Umverpackung die Versorgung zum Glücksspiel machen“. Und weiter: „Durch die quotensubventionierte Förderung von Importen steigt das Risiko, dass solche Medikamente nach Deutschland eingeschleust werden und Patientinnen und Patienten zu Schaden kommen.“
- Die vier Funktionäre weisen auch darauf hin, dass auch das Fälschungssystem Securpharm – an dem DAV-Chef Becker maßgeblich mitgearbeitet hat – das Problem der illegalen Parallelimporte nicht gelöst werden könne. „So sind neben Deutschland zunächst nur fünf weitere Staaten an das System angeschlossen. Bedeutenden ‚Exportländern‘ wie Griechenland und Italien bleiben sechs Jahre Zeit für die Umsetzung der EU-Vorgaben.“
- Auch aus wirtschaftlichen Gründen ist die Förderklausel nicht haltbar, finden die vier Experten. Denn: „Als planwirtschaftliche Subventionsgarantie für wenige Pharma-Reimporteure sorgt sie allerdings für hohen unnötigen bürokratischen Aufwand in den Offizin-Apotheken.“ Nach Berechnungen des DAPI hätten die Einsparungen im Jahr 2017 durch Reimporte für die GKV bei 120 Millionen Euro gelegen. Und weiter: „Nach Abrechnungsdaten der Apotheken in Baden-Württemberg bedienen lediglich 60 Prozent der Einsparungen bei Reimporten tatsächlich die Importquote. Für die GKV insgesamt errechnen sich daraus reale Einsparungen bundesweit von allenfalls 70 bis 75 Millionen Euro, mithin einem Anteil an den Rabatteinsparungen im Jahr 2017 von lediglich rund 1,8 Prozent.“
Zum Punkt der Einsparungen hatte allerdings auch der Verband der Arzneimittel-Importeure (VAD) kürzlich nochmals auf andere Zahlen hingewiesen. Laut VAD führten alleine Preiszugeständnisse der Originalhersteller als Reaktion auf tatsächliche oder potenzielle Konkurrenz durch Parallelimporte bei patentgeschützten Arzneimittel in Deutschland zu sogenannten indirekten Einsparungen in Höhe von 2,6 Milliarden Euro pro Jahr zugunsten der GKV. Hinzu kämen für 2017 direkte Einsparungen von 264 Millionen Euro – insgesamt also 2,86 Milliarden Euro.
2 Kommentare
Importförderklausel, Lunapharm
von Günter Kowalski am 10.05.2019 um 18:09 Uhr
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AW: Importförderklausel, Lunapharm
von Stefan Haydn am 10.05.2019 um 18:51 Uhr
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