Rx-Boni-Verbot, Apothekenhonorar, Versandhandel

Huml: Wirtschaftsministerium blockiert Apotheken-Stärkungsgesetz

Berlin - 06.05.2019, 07:00 Uhr

Laut Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) hat das Bundeswirtschaftsministerium Einspruch gegen das geplante Apotheken-Stärkungsgesetz eingelegt. (Foto: imago images/Alexander Pohl)

Laut Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) hat das Bundeswirtschaftsministerium Einspruch gegen das geplante Apotheken-Stärkungsgesetz eingelegt. (Foto: imago images/Alexander Pohl)


Geht es nach Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), soll der Bundestag das Apotheken-Stärkungsgesetz im Januar 2020 beschließen. Bis dahin muss das geplante Vorhaben aber noch einige Stationen durchlaufen, unter anderem die Abstimmung mit den anderen Ministerien. Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) ließ auf dem Bayerischen Apothekertag am vergangenen Wochenende durchblicken, dass es bei dieser Abstimmung ersten Widerstand gibt: vom von Peter Altmaier (CDU) geführten Bundeswirtschaftsministerium (BMWi).

Mit dem geplanten Apotheken-Stärkungsgesetz will Jens Spahn gleich mehrere Probleme lösen: Einerseits soll der seit Oktober 2016 schwelende Versandhandelskonflikt behoben werden. Gleichzeitig will er durch die Streichung des „alten“ Rx-Boni-Verbots aus dem Arzneimittelgesetz das EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik wegen der Rx-Preisbindung auflösen. Und außerdem sollen dann auch noch neue pharmazeutische Dienstleistungen in die Apotheke kommen, die Apotheker (zumindest ein bisschen) finanziell bessergestellt sowie die freie Apothekenwahl sichergestellt werden.

Ob der Plan aufgeht, steht noch in Sternen. So richtig zufrieden ist keiner mit Spahns Entwurf, weder die Apotheker noch die Versender oder die Krankenkassen. Und auch der Koalitionspartner SPD hat schon Nachbesserungsbedarf angekündigt. Sehr wahrscheinlich ist es also, dass der Spahn-Plan in den kommenden Monaten noch verändert wird. Solche Veränderungen können auf den verschiedensten Ebenen passieren: Zunächst einmal haben die betroffenen Fachverbände noch im Mai einen Termin im BMG, bei dem sie ihre Positionen persönlich vortragen können – in der Hoffnung, dass das Ministerium selbst den Entwurf nochmals umschreibt.

Zeitgleich läuft derzeit die Ressortabstimmung: Spahns Ministerium hat den Referentenentwurf zur Stellungnahme auch an seine Minister-Kollegen geschickt. Etwaige Änderungen aus der Fachverbände-Anhörung und der Ressortabstimmung kann das BMG dann in den Entwurf einarbeiten. Dieser überarbeitete Gesetzentwurf wird dann Kabinettsvorlage genannt, weil er dem Bundeskabinett zur Abstimmung vorgelegt wird. Spahn will das Stärkungsgesetz schon im Juni vom Kabinett beschließen lassen. Erst dann kann das Papier in den Bundesrat und den Bundestag wandern. Klar ist aber: Das Apotheken-Stärkungsgesetz ist nicht zustimmungspflichtig im Bundesrat. Die Länderkammer wird es zwar besprechen und Empfehlungen dazu abgeben, hat aber kein Veto-Recht. Ganz im Gegenteil dazu können natürlich die Bundestagsfraktionen der Großen Koalition das Vorhaben über Änderungsanträge noch abändern.

BMWi hat andere Vorstellungen vom Apothekenmarkt

Doch offenbar hat es auf einer viel früheren Ebene jetzt schon den ersten Einspruch gegen den Spahn-Plan gegeben. In ihrer Begrüßungsrede auf dem Bayerischen Apothekertag erklärte Gesundheitsministerin Melanie Huml am Freitagabend ganz nebenbei: „Wie man hört, hat jetzt auch schon das Bundeswirtschaftsministerium im Rahmen der Ressortabstimmung dem Gesetzentwurf widersprochen.“ Worum sich der Einspruch aus dem Ressort von Peter Altmaier (CDU) inhaltlich dreht, verriet Huml allerdings nicht.

Dass das BMWi einem Vorhaben aus dem BMG mit Regelungen im Apothekenmarkt widerspricht, ist nicht das erste Mal. Schon den Entwurf zum Rx-Versandverbot von Ex-Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) lehnte das damals SPD-geführte Ministerium aus europarechtlichen Gründen ab – übrigens genauso wie das Justizministerium und das Bundesfinanzministerium, in dem Jens Spahn damals als Staatssekretär saß.

Blockiert das BMWi wegen des Apothekenhonorars?

Welche Gründe das Wirtschaftsministerium auch jetzt wieder hat, dem Vorhaben zu widersprechen ist unklar. Vielleicht ist es der Plan des BMG, das Rx-Boni-Verbot für GKV-Versicherte im SGB V zu verankern: Die ABDA selbst hatte noch vor wenigen Monaten immer wieder betont, dass ein Rx-Boni-Verbot im SGB V nach dem EuGH-Urteil europarechtlich nicht mehr machbar sei. Vielleicht stört sich das BMWi aber auch an den geplanten Anpassungen am Apothekenhonorar. Zur Erinnerung: Laut Entwurf sollen die Apotheker eine höhere Notdienstpauschale und eine höhere BtM-Vergütung bekommen. Außerdem soll es erstmals pauschale Zahlungen für pharmazeutische Dienstleistungen geben.

Es ist durchaus denkbar, dass das BMWi diese Änderungen nicht durchgehen lassen möchte, weil es im eigenen Haus noch ein Gutachten gibt, aus dem andere Aussagen zum Apothekenhonorar hervorgehen. Das berüchtigte Honorar-Gutachten, das die Agentur 2HM erstellt hatte, fordert unter anderem eine Absenkung des Fixhonorars auf 5,84 Euro.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


7 Kommentare

Wahnsinn

von Anita Peter am 06.05.2019 um 11:16 Uhr

Immer wieder das gleiche zu tun, und ein anderes Ergebnis zu erwarten, hat Albert Einstein als Wahnsinn definiert.

Unsere Standesvertretung versucht seit Jahren mit Leisetreten und devoter Diplomatie bei der Politik weiterzukommen. Ausser leeren Worthülsen wie "aus allen Kanonen schiessen" kommt NICHTS! Nur radikale Maßnahmen werden uns weiterbringen. Wer das nicht glaubt -> Schauen wir in einem Jahr wieder wo wir stehen!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

und vor allem

von Karl Friedrich Müller am 06.05.2019 um 11:04 Uhr

hören Sie auf, von dem Apotheken "Stärkungs" Gesetz zu reden.

Das ist dermaßen verlogen....

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Hemmungslose Politiker

von Karl Friedrich Müller am 06.05.2019 um 9:02 Uhr

Politiker, die vor lauer Überfluss kaum noch aus den Augen sehen können, gönnen der arbeitenden Bevölkerung nicht mal das Schwarze unter dem Nagel.
Es wird Zeit, dass schonungslos aufgedeckt und ständig veröffentlicht wird, welcher Politiker von welchen Firmen beeinflusst wird und Zuwendungen erhält. damit die Bevölkerung sieht, wie Entscheidungen zu ihren Ungunsten fallen und das Leben erheblich verschlechtern.
Schließlich gehört Lobbyismus unter Strafe gestellt wird. Für beide Seiten
So geht es nicht weiter.
Sehen Sie sich den Film über den Agrarglobbyismus an.
Dann wissen Sie, dass "Werte" und "Demokratie" nur hohle Worthülsen sind.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Hemmungslose Politiker

von Anita Peter am 06.05.2019 um 11:18 Uhr

Natürlich sind das alles Demokraten. Wer diesen Sumpf kritisiert ist automatisch ein Populist.

Parteifreund

von Roland Mückschel am 06.05.2019 um 8:52 Uhr

Aha Kollegen.
Stellt mal alle eure Lauscher auf
Empfang. Vielleicht bekommen wir ja
mal ein bisschen Wahrheit.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Amateure

von Scarabäus am 06.05.2019 um 8:03 Uhr

Banken, Europa, das Klima und die Welt werden gerettet, koste es was es wolle. Aber bei dein eigenen Leuten (Gesundheits- & Bildungswesen, Infrastruktur) spart man sich zu Tode... Diese Politamateure sind nicht mehr wählbar!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Vorsicht

von Dieter Kohlmann am 06.05.2019 um 8:00 Uhr

Vorsicht Herr Altmaier, dass Sie die letzten Sympathisanten der Union nicht auch noch verlieren. Noch ist die Mehrheit der Apotheker (vielleicht) CDU/CSU-Wähler. Ich persönlich war die längste Zeit CSU-Mitglied, wenn dieses “Europa first”-Theater so weitergeht.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.