Kleine Anfrage der FDP-Fraktion

Wie viel spart die Importförderung wirklich?

Berlin - 30.04.2019, 12:45 Uhr

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Jörg Geller, Vorstand der Kohl Medical AG, haben im Januar 2019 Telefonate zum GSAV geführt. (b/Foto: imago images / photothek / Florian Gaertner)

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Jörg Geller, Vorstand der Kohl Medical AG, haben im Januar 2019 Telefonate zum GSAV geführt. (b/Foto: imago images / photothek / Florian Gaertner)


Was wird aus der Importförderklausel? Der Regierungsentwurf für das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) enthält eine differenzierte Preisabstandsregelung. Zuvor war kurzfristig eine komplette Streichung vorgesehen. Die FDP hat mit einer Kleinen Anfrage nachgehakt, wie die politischen Abläufe hier waren und wie es um die Einsparungen durch Importe bestellt ist. Die Antwort offenbart nicht nur, dass es Kontakte zwischen Kohlpharma und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier gab – sie zeigt auch, dass die Einsparungen durch Importe offensichtlich nicht ganz leicht zu beziffern sind.

Die Importförderklausel im Sozialgesetzbuch V ist seit geraumer Zeit heftig umstritten. Trotz breiter Kritik hält die Bundesregierung bislang an ihr fest. Das ruft die Oppositionsfraktionen auf den Plan. Nach der Linken und der AfD hatte sich die FDP dem Thema Importarzneimittel zugewandt. In einer Kleinen Anfrage nahmen die Liberalen Bezug auf den Lunapharm-Taskforce-Bericht, in dem die Streichung der Förderklausel empfohlen wird. Zudem verwiesen sie auf die Berichterstattung von DAZ.online zu den verschiedenen Fassungen des GSAV-Entwurfs im Punkt der Importförderung. Nur wenige Stunden nachdem ein Entwurf mit Komplettstreichung kursierte, folgte eine nach Preisen differenzierte Regelung, die es dann auch in den Kabinettsentwurf schaffte. Dies sei auf den „Einfluss des Saarlandes“ zurückzuführen. Stimmt das, wollte die FDP wissen?

In der jetzt vorliegenden Antwort der parlamentarischen Staatssekretärin Sabine Weiss heißt es dazu zunächst recht unkonkret: „Bis zum Beschluss eines Gesetzentwurfes durch das Bundeskabinett können im Rahmen seiner Erstellung verschiedene Arbeitsfassungen von einzelnen Regelungen erörtert werden. Dies entspricht dem üblichen Vorgehen. Grundlage für die parlamentarischen Beratungen ist der vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf“.

Bei der Frage ob es Kontakte oder Kontaktversuche zu leitenden Personen im Bundesgesundheitsministerium oder Bundeswirtschaftsministerium gab, die sich dem Inhalt nach gegen eine Streichung der Importförderklausel richteten, verweist Weiss dann auf die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion. In dieser Anfrage geht es generell um die Einflussnahme „externer Dritter“ auf den Regierungsentwurf zum Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV).  Darin sind – neben einem Kontakt von Vertretern des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI) mit  Minister Jens Spahn – „Telefonate“ zwischen Kohl Medical-Vorstand Jörg Geller und dem aus dem Saarland stammenden Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) im Januar 2019 aufgeführt. Weitere Informationen zum Inhalt der Gespräche enthält die Antwort jedoch nicht – lediglich den Verweis, dass es für Mitglieder der Bundesregierung und parlamentarische Staatssekretäre keine Verpflichtung gibt, sämtliche Gespräche zu erfassen.

VAD: 2,86 Milliarden Euro Einsparungen durch Importe

Zur Frage nach den Einsparungen durch die Importförderung erklärt Weiss, dass die Einsparungen der gesetzlichen Krankenversicherung durch die Abgabe preiswerter importierter Arzneimittel nicht von den offiziellen Statistiken erfasst sind. Sie verweist stattdessen auf die Einsparungen durch Rabattverträge. Demnach hat die gesetzliche Krankenversicherung 2018 nach vorläufigen Werten 4,4 Milliarden Euro durch Rabattverträge gespart. 2014 waren es noch 3,2 Milliarden Euro – ein Wert der über die folgenden Jahre stieg (Quelle: KJ 1 und KJ45). Offenbar hat das Ministerium selbst keinen Überblick, welche Einsparungen die Importregelung tatsächlich bringt. Dabei erklärte Weiss in ihrer Antwort auch, Ziel der gesetzlichen Importregelung sei, dass preisgünstige Arzneimittel mit Einsparmöglichkeiten für die gesetzliche Krankenversicherung zur Verfügung stehen. Die Regelungen sollen zudem Druck auf die Hersteller der Bezugsarzneimittel hinsichtlich ihrer Preissetzung auslösen.

Und nach einer Studie, die der Verband der Arzneimittel-Importeure Deutschlands e.V. (VAD) just am gestrigen Montag vorgestellt hat, funktioniert das mit dem Druck. Laut VAD führten alleine Preiszugeständnisse der Originalhersteller als Reaktion auf tatsächliche oder potenzielle Konkurrenz durch Parallelimporte bei patentgeschützten Arzneimittel in Deutschland zu sogenannten indirekten Einsparungen in Höhe von 2,6 Milliarden Euro pro Jahr zugunsten der GKV. Hinzu kämen für 2017 direkte Einsparungen von 264 Millionen Euro – insgesamt also 2,86 Milliarden Euro. 

Keine Sicherheitsbedenken

Weiterhin fragte die FDP die Bundesregierung, ob sie sich der Einschätzung der Taskforce anschließe, dass die Importförderklausel mit einer Gefährdung  der Patientensicherheit verbunden ist? Wenn nein: Warum nicht? Hier erklärt Weiss recht vage, dass die Regelungen über den Verkehr mit Arzneimitteln in Europa weitestgehend harmonisiert sind. „Daher gelten in allen EU-Mitgliedstaaten grundsätzlich die gleichen Anforderungen an die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit von Arzneimitteln, die ein hohes Maß an Patientensicherheit gewährleisten“. Des Weiteren verweist sie auf nötige behördliche Zulassungen sowie Erlaubnisse für Parallelhändler. Diese unterlägen wie alle anderen pharmazeutischen Unternehmer der Überwachung durch die zuständige Behörde.

Weiss verteidigt die Beibehaltung der Importförderklausel damit letztlich – alles andere wäre im Hinblick darauf, dass der derzeitige Kabinettsentwurf die Ausgangslage für alles weitere ist, auch verwunderlich. Allerdings wurde in der öffentlichen Anhörung zum GSAV-Entwurf bereits deutlich, dass die Zahl der Kritiker an der Importförderung beachtlich ist. Auch der Bundesrat fordert bekanntlich ihre Abschaffung. Und die Regierung hat den Ländern bereits zugesagt, ihr Anliegen nochmals zu prüfen – immerhin handelt es sich beim GSAV um ein zustimmungsbedürftiges Gesetz. Nun muss sich zeigen, welche Änderungsanträge die Regierungsfraktionen im weiteren Gesetzgebungsverfahren einbringen.

Ullmann (FDP): Spahn muss sich gegen Altmaier durchsetzen!

Andrew Ullmann, Obmann der FDP-Fraktion im Gesundheitsausschuss des Bundestages, bleibt jedenfalls auch nach der Antwort aus dem BMG überzeugt: Die Importförderklausel ist heute ordnungspolitisch wie sozialpolitisch nicht mehr zu rechtfertigen. Sie führe zu einem Mehr an Bürokratie in den Apotheken und befeuere „kleine Importeure, die – wie im Fall Lunapharm – mit ihren Arzneimittelimporten die Patientensicherheit maximal gefährden“. Ullmann: „Deshalb gibt es nur eine richtige Forderung: Die Importförderklausel muss endlich abgeschafft werden“. Spahn müsse sich jetzt gegen Altmaier durchsetzen, so der Liberale. „Statt unverhohlen im Bundeskabinett Lobbypolitik für entsprechende saarländische Branchenunternehmen zu machen, wäre es dem Bundeswirtschaftsminister anzuraten, sich angesichts sinkender Wirtschaftsprognosen um die gesamtdeutsche Wirtschaft zu bemühen“.

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Anmerkung der Redaktion: In der ersten Fassung des Textes waren die Einsparungen, die Sabine Weiss als solche der Rabattverträge nennt, fälschlicherweise der Importregelung zugeordnet worden. Wir bitten Sie, dieses Versehen zu entschuldigen.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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