Therapieresistente Depressionen

Sprühen unter Aufsicht: FDA lässt Esketamin-Nasenspray zu

Berlin - 07.03.2019, 11:30 Uhr

In den USA ist erstmals ein Nasenspray mit Esketamin gegen therapieresistente Depressionen zugelassen. (Foto: imago)

In den USA ist erstmals ein Nasenspray mit Esketamin gegen therapieresistente Depressionen zugelassen. (Foto: imago)


In den USA steht das erste esketaminhaltige Nasenspray gegen therapieresistente Depressionen zur Verfügung. Dies teilte die amerikanische Zulassungsbehörde FDA am vergangenen Dienstag mit. Die Zulassung von Spravato ist an strenge Auflagen gebunden: Patienten dürfen Spravato nur unter ärztlicher Aufsicht anwenden.

Eine Partydroge gegen Depressionen? In den USA gibt es für Patienten mit schwersten Depressionen eine neue Therapieoption: Am vergangenen Dienstag teilte die amerikanische Zulassungsbehörde FDA mit, dem Nasenspray SpravatoTM mit dem Wirkstoff Esketamin (S-Ketamin) die Zulassung bei therapieresistenten Depressionen in Kombination mit oralen Antidepressiva erteilt zu haben. Hersteller Janssen hat im Oktober des vergangenen Jahres die Zulassung auch bei der EMA beantragt.

Lebensbedrohliche Erkrankung

Unter einer therapieresistenten Depression versteht man eine schwere depressive Störung, die sich nach mindestens zwei  Therapieversuchen mit verschiedenen Antidepressiva nicht bessert, selbst wenn die Arzneimittel in korrekter Dosierung eingenommen wurden.

Eine therapieresistente Depression kann mit starker Gefühllosigkeit oder akuter Suizidalität verbunden und damit lebensbedrohlich sein. "Es besteht seit langem ein Bedarf an wirksamen Behandlungen für eine therapiesresistente Depression, eine ernsthafte und lebensbedrohliche Erkrankung", erklärte Tiffany Farchione, Abteilungsleiterin Psychopharmaka bei der FDA.  

Schneller als klassische Antidepressiva

Nach Informationen der FDA wurde die Wirksamkeit des Nasensprays  in drei Kurzzeitstudien untersucht, deren Behandlungsdauer bei vier Wochen lag. Zwei dieser drei Kurzzeitstudien verfehlten allerdings den primären Endpunkt. Dies überrascht nicht, da bereits frühere Therapieerfahrungen mit der intravenösen Anwendung von Ketamin zeigten, dass die Ansprechrate unterschiedlich ist. 

In einer Langzeitstudie zeigte sich, dass die Patienten, die zu Beginn gut auf Sparvato angesprochen hatten, signifikant länger in Remission blieben als unter Placebo. Im Gegensatz zu klassischen Antidepressiva tritt der antidepressive Effekt innerhalb weniger Tage ein, weshalb Esketamin auch bei akuten Schüben geeignet ist.

Keine Heimanwendung

S-Ketamin ist die enantiomerenreine Komponente des racemischen Ketamins, das seit den 70er-Jahren als Anästhetikum zur dissoziativen Narkose angewendet wird. Aufgrund der ausgeprägten psychotropen Wirkungen, die auch als extrakorporale Erfahrungen beschrieben werden, ist der Glutamatrezeptor-Modulator unter dem Namen „Special K“ auch in der Partyszene beliebt.

Aufgrund der dissoziativen Effekte hat die FDA die medizinische Verwendung im Rahmen eines Risikomanagmentplans an strikte Bedingungen geknüpft. So sind die Vertriebswege stark eingeschränkt. Patienten dürfen das Spray nur unter ärztlicher Aufsicht in einer Arztpraxis oder Klinik anwenden und im Anschluss mindestens zwei Stunden überwacht werden. Denn neben den dissoziativen Effekten kann es auch zu Hypotonie, Schwindel und Sedierung kommen, weshalb Patienten am Sprühtag kein Auto fahren oder Maschinen bedienen dürfen.


Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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