Neues Versorgungsmodell

AOK setzt bei Medikationsmanagement-Projekt auf Ärzte

Berlin - 01.03.2019, 07:00 Uhr

Das neue Arzneimittelprojekt der AOK Nordost heißt eLisA, bietet einen Medikationscheck an und lässt Apotheker aus. (Screenshot: AOK Nordost / aok.de)

Das neue Arzneimittelprojekt der AOK Nordost heißt eLisA, bietet einen Medikationscheck an und lässt Apotheker aus. (Screenshot: AOK Nordost / aok.de)


Die AOK Nordost bietet ihren Versicherten in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern ab dem 1. März ein neues Arzneimittelversorgungsmodell an. Unter dem Namen „eLiSa – electronic Life Saver“ sollen Infos zur Arzneimitteltherapie zwischen der Kasse, Arztpraxen und Kliniken digital hin- und hergereicht werden. Ebenfalls Teil des Projektes ist ein Medikationsmanagement – das lässt die AOK Nordost allerdings von den Ärzten durchführen, die Apotheker sind (vorerst) nicht beteiligt.

Am heutigen Freitag startet in den Bundesländern Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern ein neues AOK-Versorgungsmodell. Die AOK Nordost bewirbt das Modell auf ihrer Internetseite mit den folgenden Worten: „Das neue Angebot der AOK Nordost trägt künftig zu einer aufeinander abgestimmten medizinischen Behandlung bei und hilft, die Therapie mit Medikamenten erheblich sicherer zu machen. eLiSa unterstützt den Hausarzt, Facharzt oder Arzt im Krankenhaus, damit er die beste Therapie für Sie auswählen kann.“

Wie funktioniert das Versorgungsmodell? Stimmt der Patient einer Teilnahme zu, überträgt die Krankenkasse auf Basis von Abrechnungsdaten wichtige Gesundheitsinformationen des Patienten an den Mediziner. Dazu gehören Diagnosen, durchgeführte Untersuchungen und Behandlungen, verordnete Medikamente, Aufenthalte in Kliniken, Heil- und Hilfsmittelverordnungen und die Kontaktdaten aller mitbehandelnden Ärzte – alles aus den letzten 36 Monaten vor der Einwilligung. Auf Basis dieser Daten führt der Mediziner dann einen digital unterstützen Medikationscheck durch: Laut AOK wird dabei geprüft, ob beispielsweise Wechselwirkungen oder andere Risiken vorliegen. Falls es Risiken oder Probleme gibt, kann der Arzt neu verordnen. Letzter Schritt im Versorgungsmodel ist die Ausstellung des bundeseinheitlichen Medikationsplans – den es derzeit nur in Papierform gibt.

  

AOK: Wir starten am Ort des Geschehens

Zum Thema Datensicherheit erklärt die AOK Nordost auf ihrer Internetseite: „Nur mit Ihrem Einverständnis kann der Arzt die für die Behandlung relevanten Daten in eLiSa einsehen. Die Software liest diese Informationen aus den Abrechnungsdaten der AOK Nordost für Leistungen von Ärzten und Apothekern aus und stellt sie in übersichtlicher Form zur Verfügung.“ eLiSa entspreche zudem den Bestimmungen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Alle Versichertendaten sind laut AOK verschlüsselt bei der Kasse gespeichert. „Sie entscheiden, ob und welche Ihrer behandelnden Ärzte Ihre Daten einsehen dürfen.“

Die Beteiligung von Arzneimittel-Fachexperten, also Apothekern, ist in dem Modell derzeit nicht vorgesehen. Susanne Dolfen, Leiterin Arzneimittelversorgung bei der AOK Nordost, erklärte gegenüber DAZ.online: „Uns ist es wichtig, das Medikationsmanagement unserer Versicherten flächendeckend und rasch zu verbessern. Deshalb starten wir im ersten Schritt am sogenannten Ort des Geschehens, nämlich da, wo die Entscheidung über die adäquate medikamentöse Therapie getroffen und angepasst werden kann.“

Gesonderte Vergütung für die Ärzte

Bei einer Nicht-Beteiligung der Apotheker stellt sich unter anderem die Frage, ob der Medikationscheck überhaupt vollständig sein kann – schließlich sind Daten über nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel – sofern sie nicht verordnet wurden – nicht in der Analyse enthalten. Eine AOK-Sprecherin erklärt dazu, dass man OTC-Präparate manuell im System nachtragen könne. Wie hoch die Vergütung der Mediziner für die Teilnahme an dem Projekt ist, will die AOK nicht verraten. Nur so viel: „Eine gesonderte Vergütung soll den erhöhten Aufwand der Mediziner dafür zumindest teilweise abbilden.“

Zur Erinnerung: Auch beim Ausstellen und Aktualisieren des bundeseinheitlichen Medikationsplans (BMP) sind die Apotheker bislang außen vor: Dies ist den Ärzten vorbehalten – dementsprechend erhalten auch nur die Mediziner dafür eine Vergütung. Dass die Apotheker an dem neuen AOK-Projekt nicht beteiligt sind, könnte auch damit zusammenhängen. Denn die AOK-Arzneimittelexpertin Dolfen erklärt: „Leider kann der BMP in seiner jetzigen Form noch nicht von allem am Prozess beteiligten Partnern aktualisiert werden.“ Dolfen weist darauf hin, dass das BMG davon ausgehe, dass der elektronische Medikationsplan noch in diesem Jahr starten könne. „Das wird den sektorenübergreifenden Austausch umfassender Medikationsdaten zukünftig erheblich erleichtern und auch den Apotheker besser integrieren. Denn Apotheker sind für uns ein wichtiger Partner, wenn es um die Versorgung unserer Versicherten und die Verbesserung ihrer Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) geht“, so die AOK-Expertin.

AOK: Apotheker kommen in Phase 2 dazu

Auf Nachfrage von DAZ.online bestätigte eine AOK-Sprecherin, dass die Pharmazeuten eventuell in „Phase 2“ an dem Modell beteiligt werden können. Wann und unter welchen Voraussetzungen dies geschehen soll, verrät die AOK Nordost aber nicht.

Dass es Ortskrankenkassen gibt, die schon heute gerne und intensiv mit den Apothekern zusammenarbeiten, beweist die AOK Plus seit Jahren in Sachsen und Thüringen: Dort haben die Kasse, Ärzte und Apotheker gemeinsam das Arzneimittel-Projekt ARMIN aufgebaut, das inzwischen intensiv praktiziert wird. Dabei verordnen Ärzte nur noch Wirkstoffe aus einem Wirkstoffkatalog und der Apotheker bietet seinen Patienten in Kooperation mit den Medizinern ein umfassendes Medikationsmanagement an, bei dem die Heilberufler digital miteinander kommunizieren und gleichberechtigt in die Medikationspläne der Patienten eintragen können.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Technischer Fehler

von Benjamin Rohrer am 01.03.2019 um 11:19 Uhr

Liebe Leserinnen und Leser,

leider plagt uns derzeit ein technischer Fehler, der dafür sorgt, dass nicht alle Kommentare veröffentlicht werden. Wir arbeiten daran und bedanken uns für Ihre Geduld.

Mit den besten Grüßen

Benjamin Rohrer
Chefredakteur DAZ.online

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das ist bitter...

von Apotheker08 am 01.03.2019 um 7:52 Uhr

aber passt zur Entwicklung der Öffentlichen Apotheken in Deutschland. Ich denke, eine Besserung ist nicht in Sicht. Als junger Absolvent mit Interesse an Klinischer Pharmazie sollte man sich eher Richtung GB, Kanada, Australien oder Schweiz orientieren, denn alle diese Länder brauchen (wieder) zusätzliche Apotheker. Die Öffentliche in Deutschland ist kein Zukunftsmodell.

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