Saarland und Hessen gegen das Spahn-Paket

„Wir Apotheker lassen uns nicht kaufen!“

Berlin - 10.01.2019, 17:30 Uhr

Claudia Berger, Vorsitzende des Saarländischen Apothekervereins, und Ursula Funke, Präsidentin der Landesapothekerkammer Hessen. (b/Fotos: ABDA)

Claudia Berger, Vorsitzende des Saarländischen Apothekervereins, und Ursula Funke, Präsidentin der Landesapothekerkammer Hessen. (b/Fotos: ABDA)


Und noch mehr Widerstand gegen die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorgelegten Eckpunkte für eine Apothekenreform: Die Landesapothekerkammer Hessen hält die Gleichpreisigkeit für „unverhandelbar“. Und im Saarland protestieren die Kammer und der Apothekerverein. Die Vereinsvorsitzende Claudia Berger findet klare Worte in Richtung des Ministers: Die Apothekerschaft sei ein stolzer Berufsstand, der sich nicht kaufen lasse.

Mehrere Teilnehmer der letzten ABDA-Mitgliederversammlung im Dezember berichten inzwischen, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) den Apothekern zumindest indirekt in mehrfacher Hinsicht gedroht hat: Wenn sie sein Paket nicht akzeptieren, werde er sich im Apothekenbereich zurückziehen und neben dem Rx-Versandverbot – das ohnehin scheitern werde – nichts weiter unternehmen. Und: Spahn soll gesagt haben, dass es seine Eckpunkte nur im „Gesamtpaket“ gebe. Heißt konkret: Wenn die Apotheker einen Teil – etwa die Regelung zu den Rx-Boni – nicht wollen, entfällt auch der Rest, also auch die vorgesehenen Anpassungen am Apothekenhonorar.

Inzwischen hat sich auch der Saarländische Apothekerverein (SAV) mit den Eckpunkten befasst. In einer Mitteilung des SAV geht die Vereinsvorsitzende Claudia Berger auf genau dieses Vorgehen Spahns ein – mit deutlichen Worten: „Der Berufsstand der Apotheker ist zwar ein kleiner, aber stolzer Berufsstand, der sich nicht kaufen lässt!“ Und weiter: „Es ist sehr zu bedauern, dass der Minister quasi in Gutsherrenart ein Eckpunktepapier vorlegt verbunden mit der klaren Drohung, dass wenn der Berufsstand dieses Papier nicht akzeptiert, er, der Minister, zwar das Rx-Versandverbot angehen werde, er aber, da seine politische Kraft dann so gebunden sei, wörtlich‚ keine Kraft mehr für andere Dinge habe‘“.

Berger: Pharmazeutische Dienstleistungen sollten selbstverständlich sein

So wie viele ihrer Kollegen findet Berger das Spahn-Paket zwar an einigen Stellen sinnvoll. Denn: „Mit dem Angebot zusätzlicher pharmazeutischer Dienstleistungen erfüllt der Minister eine langjährige Forderung des Berufsstandes, die für sich genommen selbstverständlich sein sollte, sprechen wir doch über ureigene Fachkompetenzen der Apothekerschaft. Insbesondere die Medikationsanalyse und die Arzneimitteltherapiesicherheit wären ein echter Mehrgewinn für die Patientinnen und Patienten.“

Überhaupt kein Verständnis hat der SAV hingegen für den Vorschlag, in Deutschland Rx-Boni gesetzlich zumindest für EU-Versender zu erlauben und diese auf 2,50 Euro zu beschränken. Ebenfalls mit Blick auf die Patienten erklärt Berger, dass die Rx-Preisbindung dazu diene, „dass Patienten im Krankheitsfall keine Preisvergleiche zwischen Apotheken anstellen müssen, sondern überall zu den gleichen Bedingungen fachlich kompetente Unterstützung erhalten“. Zudem verhindere sie einen Verdrängungswettbewerb unter den Apotheken. Und: „Ein Bonus von 2,50 Euro je abgegebener Arzneimittelpackung bedeutet nichts anderes, als dass insbesondere von der Zuzahlung befreite Patienten mit der Verordnung von Arzneimitteln auch noch Geld verdienen können! Salopp formuliert: Je mehr Arzneimittel verordnet, desto mehr Boni. Das geht nicht!“

Hessen: Gleichpreisigkeit ist unverhandelbar

Schon am gestrigen Mittwoch hatten mehrere Apotheker bei einer Sitzung der Kammer Niedersachsen darauf hingewiesen, dass Rx-Boni Sparinstrumente im Arzneimittelbereich – insbesondere Zuzahlungen – ad absurdum führen würden. Auch SAV-Chefin Berger meint nun: „Auf der einen Seite versucht der deutsche Gesetzgeber, durch zum Teil drastische Zuzahlungen Patienten zu einem verantwortungsvollen Arzneimittelkonsum anzuhalten, auf der anderen Seite erhalten Patienten, nunmehr gesetzlich ‚geadelt‘, Boni je Arzneimittel – widersprüchlicher geht es nicht mehr!“ Auch die Kammer im Saarland hatte sich schon deutlich gegen den Spahn-Plan ausgesprochen. In einem Brief an seine Mitglieder hatte Präsident Manfred Saar auch kritisiert, dass Spahn indirekt mit dem 2HM-Gutachten gedroht habe, falls die Apotheker sein Eckpunktepapier nicht akzeptierten. Berger spricht nun von „Nachbesserungsbedarf“: Man sei zwar bereit, mit dem Minister an Lösungen zu arbeiten, die müssten aber „rechtlich zuverlässige Rahmenbedingungen“ enthalten.

Funke: Wir werden gegen das Gesamtpaket stimmen

Und auch in Hessen hat sich die Landesapothekerkammer festgelegt: Gegenüber DAZ.online erklärte Kammerpräsidentin Ursula Funke, dass man einen „Workshop“ mit den Delegierten der Kammerversammlung zu dem Thema durchgeführt habe. Die Beschlusslage sei nun klar: „Wir fordern die uneingeschränkte Gleichpreisgkeit. Diese ist für uns nicht verhandelbar. Sollte es also dazu kommen, dass die ABDA von uns ein Votum zum gesamten Eckpunktepapier haben möchte, würden wir es ablehnen.“

Schon kurz nach Bekanntwerden des Papiers hatte Funke ihren Mitgliedern eine Rundmail geschrieben. In der hieß es: „Nach dem Motto ‚Zuckerbrot und Peitsche‘ macht der Bundesgesundheitsminister finanzielle Angebote. Der Knackpunkt oder die Sollbruchstelle dieses Plans ist die Tatsache, dass wir keine Gleichpreisigkeit in der Versorgung der Patientinnen und Patienten haben werden, was die Tür öffnet, die Preisbindung komplett aufzuheben. Ein ‚Kuhhandel' Geld gegen Struktur ist gerade für unsere jungen Kolleginnen und Kollegen nicht zukunftsweisend.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Statement der LAK Hessen

von Dr.Diefenbach am 10.01.2019 um 18:36 Uhr

Es war eine Sitzung,in der mit grossem Sachverstand die Eisplatten des Herrn Spahn aufgearbeitet wurden.Es wurde,nicht zuletzt durch unseren Kammerjuristen Herrn Laut,der Gesamtkomplex innerhalb einer halben Stunde SO klar dargestellt,dass man sich fragte,warum so etwas bei der Zentrale in Berlin nie möglich war.Damit fiel auch die einhellige Ablehnung des unsittlichen Päckchens nicht schwer.Zu danken ist auch Frau Funke,die ihre Delegierten transparent MIT in die Angelegenheit JS einbezog.Es braucht also keiner zu meckern,er hätte nicht die Möglichkeit gehabt,sich zu äussern.Ausgesprochen mies ist allerdings die Faktenlage,dass der HAV eine solche Transparenz gegenüber den Delegierten offenbar für überflüssig hielt.Schade.Man kann nur hoffen,das die zukünftige Politik im hessischen Verband nicht-anders als früher.zu einem closed shop,in dem Wenige Alles,vor allem aber besser,zu wissen glauben,endet.Das nebenbei.Gerade bei derartigen Einschnitten in die Wirtschaft steht absolute Offenheit gegenüber denen,die den Verband finanzieren,normalerweise oben auf der Agenda

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