Honorar vs. Struktur

Schmidt: Rx-Versandverbot blockiert andere Apothekerforderungen

Berlin - 12.11.2018, 07:00 Uhr

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt hat beim Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern die Nachteile an einem möglichen Rx-Versandverbot diskutiert. (Foto: Imago)

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt hat beim Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern die Nachteile an einem möglichen Rx-Versandverbot diskutiert. (Foto: Imago)


Das Rx-Versandverbot blockiert die Apotheker bei ihrer nötigen Forderung nach mehr Honorar und weiteren berufspolitischen Anliegen. Doch ABDA-Präsident Friedemann Schmidt mahnte beim Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern, die Apotheker müssten auch weitere Themen verfolgen.

In seiner Begrüßung zum Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern am 10. November in Binz machte Kammerpräsident Dr. Dr. Georg Engel das Spannungsfeld zum Rx-Versandverbot deutlich. Engel erklärte noch recht zurückhaltend: „Wir haben leichte Zweifel, ob Herr Spahn willens ist, es zeitnah oder überhaupt umzusetzen.“ Doch nach einem Regierungswechsel werde es jede andere Koalition noch weniger vertreten. Zugleich betonte Engel die Entschlossenheit der Apotheker: „Wenn das Rx-Versandverbot scheitert, liegt das nicht an den Apothekern, sondern allein an der Politik.“

Auf der Tagesordnung des Apothekertages stand dann allerdings die Frage: „Was erwarten wir von der Selbstverwaltung?“ In einem Einführungsvortrag von Jörg Hähnlein, Präsident des Landesverbandes der Freien Berufe, und vier Impulsvorträgen wurden zunächst eher grundsätzliche und strukturelle Fragen der Selbstverwaltung angesprochen. Doch in der anschließenden Podiumsdiskussion wurde es dann berufspolitisch aktuell und es ging bald wieder um das Rx-Versandverbot.

Möglich, aber auch durchsetzbar?

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt betonte zunächst, das Rx-Versandverbot sei geeignet, die Gleichpreisigkeit zu sichern. Es sei auch rechtlich möglich, aber politisch schwer durchsetzbar. Das Rx-Versandverbot sei inzwischen noch weniger wahrscheinlich als vor einem halben Jahr, erklärte Schmidt. Außerdem zitierte Schmidt den Vorsitzenden des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, Dr. Peter Froese, der kürzlich erklärt hatte, die Diskussion über das Rx-Versandverbot blockiere die Apotheker bei allen anderen Themen

Rx-Versandverbot und sonst nichts mehr?

Schmidt bekräftigte dies und ergänzte ein weiteres Argument: Wenn das Rx-Versandverbot umgesetzt würde, hätten die Apotheker keine Aussicht mehr, mit der Politik über eine bessere Honorierung oder andere Unterstützung zu sprechen. Schmidt fragte das Auditorium, ob sie beispielsweise mit dem Rx-Versandverbot mehr Personal bekämen. Außerdem erinnerte Schmidt an die wirtschaftliche Entwicklung. Die Jahre 2012 bis 2017 seien eine Zeit der wirtschaftlichen Erholung gewesen, aber das gehe nicht so weiter. „Wir brauchen eine deutliche Verbesserung der Vergütung“, forderte Schmidt. Doch folgerte er daraus auch, die Apotheker könnten jetzt nicht nur auf eine Maßnahme – also nicht nur auf das Rx-Versandverbot – setzen.

Geordneter Rückzug vom Rx-Versandverbot?

Hähnlein appellierte dagegen an die Apotheker, nicht von den Grundprinzipien der freien Berufe abzulassen. Aus seiner Perspektive ist das Problem der Apotheker ein Teil des Grundsatzstreits aller freien Berufe über ihre Gebührenordnungen. Das Geld für die kompetente Berufsausübung müsse bereitgestellt werden. Dazu gehöre auch die Mischkalkulation, um die Leistungen für alle und jederzeit zugänglich zu machen. Er empfahl, das Arzneimittelversorgungssystem als „geschlossenen Zirkel“ zu organisieren, an dem nur Apotheker aus Deutschland teilnehmen könnten.

Kai-Peter Siemsen, Präsident der Apothekerkammer Hamburg, ergänzte, die bisherige Entwicklung des Versandhandels zeige nicht das Ausmaß des Problems. „Die Versender arbeiten nicht mit voller Leistung“, konstatierte Siemsen. Deren Anteil an den abgegebenen Rx-Arzneimitteln könne exponentiell steigen und dann schnell 5 bis 8 Prozent erreichen.

Dr. Dr. Georg Engels (li.) und Friedemann Schmidt (Foto: tmb)

So wurden die bekannten Argumente für das Rx-Versandverbot zwar wiederholt, doch die Position des ABDA-Präsidenten wurde in der Diskussion offenbar als Signal zum „geordneten Rückzug“ verstanden. Dies eröffnete eine ungewohnt offene Debatte über mögliche „Pläne B“.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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9 Kommentare

" Nicht in Schönheit sterben" in der MontagsDAZ!

von Uwe Hansmann am 12.11.2018 um 17:40 Uhr

Glückwunsch an Frau Dr.Ahlheim. Treffender hätte man es nicht formulieren können. Ich erlaube mir, Sie zu zitieren:

"Kommentar:Dr. Christine Ahlheim

Derzeit geht es drunter und drüber in Sachen „Plan B“: Was könnte die Alternative zum Rx-Versandverbot sein, um die deutschen Apotheken vor der unfairen Konkurrenz durch ausländische Versender zu schützen? Dabei zeichnet sich immer mehr ab, dass eine Lösung aus einem Guss nicht kommen wird. Stattdessen wird wohl versucht werden, mit einem komplexen Konstrukt die flächendeckende Arzneimittelversorgung durch öffentliche Apotheken zu erhalten.
Die Gretchenfrage wird dabei sein, inwieweit dieses Konstrukt „wasserdicht“ ist. Denn der EuGH hat den ausländischen Versendern die Gewährung von Boni ohne Wenn und Aber erlaubt – und diese Freiheit werden sie sich nicht nehmen lassen. Zudem waren DocMorris und Co. in der Vergangenheit nicht gerade zimperlich, wenn es darum ging, Gesetze zu über­treten. Warum sollten sie es jetzt sein, wo der Erfolg ihnen (leider!) recht gibt?
Die schlechteste Lösung wäre, wenn sich die Apotheker mit Geld und Dienstleistungen abspeisen ließen. Ist der einheit­liche Abgabepreis erst einmal aufgeweicht, wird dies Tausende Apotheken die Existenz kosten. Und auch von Dienstleistungen ist keine finanzielle Stabilität zu erwarten, sondern lediglich ein Imagegewinn – doch wer will schon in Schönheit sterben?
Bleibt das Rx-Versandverbot. Es wäre ein Fehler, dies vorzeitig aufzugeben, nur weil Bundes­gesundheitsminister Jens Spahn kein Freund davon ist. Vielmehr sollte man der CDU eines klarmachen: Am Ende trägt sie die Verantwortung dafür, wenn einer ihrer ehrgeizigen Jung­politiker zum Totengräber der Pharmazie in Deutschland wird.
Dr. Christine Ahlheim"


Dem ist nichts hinzuzufügen.

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Apotanic auf neuem Kurs?

von Christian Timme am 12.11.2018 um 11:06 Uhr

wenn die Eisberge das eigene Schiff überholen ...

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Das KANN er so nicht gesagt haben ........

von Wolfgang Müller am 12.11.2018 um 9:40 Uhr

"Fahrt ins Krankenhaus wg. Herzinfarkt blockiert Friseurtermin"

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Falsche Prioritäten

von Reinhard Rodiger am 12.11.2018 um 9:35 Uhr

FS macht deutlich, dass Selektivverträge Vorrang haben vor der verstärkten Verfolgung der (Über)-Lebensnotwendigkeiten.
Dabei ist dies zunächst unabhängig von RxVV.Die Priorität wurde in Richtung Selektivverträge verschoben und das RxVV dafür instrumentalisiert.
Wird deshalb auf die substantielle Aufarbeitung der erforderlichen Begründung verzichtet? Weder die Erfahrungen aus anderen Ländern noch die absehbaren deletären strukturellen Verschiebungen wurden wirksam thematisiert.Gleiches gilt für die Digitalisierung und die inhärenten Lenkungsmöglichkeiten, die jegliche unabhängige Einzelunternehmertätigkeit irreal machen und die Risiken erhöhen.

Selektivverträge sind der Hebel zu erhöhtem Machtmissbrauch
der KK - das wird nicht zur Sprache gebracht.

Die Sicherung der Basisfinanzierung gerät zugunsten von Elitetätigkeiten für wenige aus dem Fokus.Die Prioritäten sind falsch gesetzt.Die Diversität gerät unter die Räder und das Versorgungsnetz wird unverantwortlich verkleinert zugunsten kurzfristiger Kapitalinteressen.Gerade hier scheint der Bezug zur aktuellen Politik auf.

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außerdem

von Karl Friedrich Müller am 12.11.2018 um 7:30 Uhr

hab ich das ganz miese Gefühl, dass die ganze Untätigkeit, das Schweigen, Nichtreagieren auf die vielen Unverschämtheiten wie Urteil, Gutachten usw
alleine Ausdruck sind, dass Schmidt seine feuchten träume wie Selektivverträge durchsetzen will. Das mag seiner Apotheke helfen, wer weiß, aber es gibt noch 15.000 weitere Apothekenleiter, die auch gerne noch ein paar Jahre weiter arbeiten möchten und müssen und überleben wollen.
Es kann nicht sein, dass ein paar sture, möglicherweise korrupte neoliberale politker und eine unwillige Standesführung das Gesundheitswesen schleifen. Zuerst Krankenhäuser und Apotheken.

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AW: außerdem

von Karl Friedrich Müller am 12.11.2018 um 8:58 Uhr

tut mir leid. hab mich schon wieder aufgeregt.
ist nicht gut

AW: allles gut so!

von Christian Giese am 12.11.2018 um 10:42 Uhr

nö, Herr Müller, ist schon gut so!
Herr Spahn begegnet unserem Berufsstand total emotional, (...war schon immer so, normative Kraft des Faktischen, usw.) und unsere Führung ist unfähig, ihm ebenso emotional, mittels dem Wert der "Gerechtigkeit", Preisgerechtigkeit, Tauschgerechtigkeit, zu antworten und belässt es lieber beim absehbaren nekrophilen Sterben der meisten Apotheken.

"Die "Tauschgerechtigkeit" (iustitia communitativa) regelt die ökonomischen Beziehungen zwischen Personen und sozialen Systemen in der Bewertung von Leistung und Gegenleistung. Der Marktwert beider, unter der Vorraussetzung, dass beide Parteien ökonomisch gleich stark sind oder in einem frei ausgehandelten Vertrag verbindliche Vereinbarungen treffen. Hierzu zählen etwa die Entlohnung für erbrachte Leistungen und die Befolgung vertraglicher Vereinbarungen zwischen Partnern."
Rupert Lay

Verbesserung der Vergütung

von Karl Friedrich Müller am 12.11.2018 um 7:10 Uhr

Eine Verbesserung der Vergütung kann nur bedeuten: eine Erhöhung der Basisvergütung für ALLE. Oder eine deutliche Senkung des Kassenrabatts(der sowieso abgeschafft gehört).
Irgendwelche Sonderzentralnummernservicemsnagementquotenumverteilungspauschalen nutzen zunächst nichts.
Man kann die Kunden auch nicht zwangsberaten, insbesondere nicht die Hardcoresparversenderanhänger, die immer mehr werden.
Die ABDA sollte sich hüten, nur ihre Spielereien durchsetzen zu wollen.
Basisversorgung muss zuerst sicher gestellt sein

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AW: Vergütung

von Dr Schweikert-Wehner am 12.11.2018 um 9:24 Uhr

ja genau richtig und dazu gehört vor allem die Preisgleichheit. Habe immer noch nicht verstanden, warum sich die ABDA von dem RXVV UND der Forderung nach Preisgleichheit mit den Versendern verabschiedet hat.

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