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Influenzasaison 2018/19
Reichen die Grippeimpfstoffe wirklich nicht?
Gibt es wirklich keine Grippeimpfstoffe mehr? Glaubt man bestimmten Medienberichten, so scheinen Grippeimpfstoffe für die gerade begonne Influenzasaison 2018/19 „ausverkauft" zu sein. DAZ.online war skeptisch – und hat mit dem Grippeimpfstoffhersteller Sanofi-Pasteur (Vaxigrip Tetra) und den Experten des Paul-Ehrlich-Instituts gesprochen. Und: Welche Grippeimpfstoffe können noch bestellt werden?
Pünktlich zum Startschuss der neuen Grippesaison 2018 – traditionell ab Kalenderwoche 40 – kamen die ersten Meldungen, dass es Probleme mit der Beschaffung von Grippeimpfstoffen gibt. DAZ.online ist diesem Mysterium damals nachgegangen. Herauskam, dass der Hase bei den Apotheken und Praxen im Pfeffer liegt, die keine Grippeimpfstoffe vorbestellt hatten: „Die geplanten Lieferungen von Vaxigrip® Tetra sind ausreichend, um unsere Kunden auf der Basis der Vorbestellungen und der daraus hochgerechneten Nachbestellungen (inklusive einer Wachstumsrate) zu versorgen“, erklärte Sanofi-Pasteur, der Hersteller hinter Vaxigrip® Tetra, damals. Auch bei GSK lief es auf die „Vorbestellungen“ raus: „GSK beliefert derzeit zunächst Vorreservierungen und Vorbestellungen. Alle entgegengenommenen Aufträge können beliefert werden“, erklärt eine Sprecherin des Unternehmens. GSK priorisiere die Belieferung der Kunden mit Vorbestellung, ab Oktober liefere man die restliche Ware an den Großhandel.
Keine bundesweite Knappheit bei Grippeimpfstoffen
Seit dem vergangenen Mittwoch ruft das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) über seine Internetseite Angehörige der Heilberufe aber auch Verbraucher dazu auf, vermutete Engpässe bei Grippeimpfstoffen zu melden. Jedoch: „Das PEI nimmt keine (bundesweite) Knappheit an“, erklärt eine Sprecherin des PEI, auf Nachfrage von DAZ.online. Zwar erreichten die Bundesbehörde in der Tat viele Anfragen per Telefon und Email, dass es keine Grippeimpfstoffe gibt, doch: „Wir haben den Eindruck, dass es ein regionales Problem ist“. Das sei der Grund des Aufrufs zur Meldung vermuteter Engpässe, man wolle dies untersuchen. Die Sprecherin erklärt weiter, dass auch eine brancheninterne OTS-Meldung mit der Überschrift „Grippeimpfstoff ausverkauft“ erschwerend hinzugekommen sei.
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Wo sind die Grippeimpfstoffe?
Aktuell hat das PEI 15,7 Millionen Impfdosen freigegeben (Kalenderwoche 44 / Stand 2.11.2018). Sind damit alle Impfdosen bereits freigegeben? „Definitiv der allergrößte Teil“, erklärt die PEI-Sprecherin. Sie meint jedoch, dass es in den kommenden Tagen noch eine Aktualisierung geben müsste. In der vergangenen Grippesaison 2017/18 waren in Kalenderwoche 44 rund zwei Millionen Impfdosen mehr freigegeben worden: 17,8 Millionen.
DAZ.online hat bei Sanofi nachgefragt. Geht Deutschland tatsächlich auf dem Zahnfleisch bei Grippeimpfstoffen?
„Abverkauft heißt nicht verimpft"
Die Sprecherin des Unternehmens bezweifelt das sehr: „Abverkauft heißt nicht verimpft“, erklärt sie. Zwar habe eine Umfrage ergeben, dass aufgrund der Grippesaison 2017/18 nun mehr Menschen planten, sich gegen Influenza schützen zu lassen, das bedeute jedoch noch lange nicht, dass der Impfstoff tatsächlich im Muskel des Patienten gelandet ist. „Sanofi hat seine Grippeimpfstoffproduktion in dieser Saison definitiv nicht zurückgeschraubt“, man kalkuliere anhand der Vorbestellungen mit einem zusätzlichen „üppigen Aufschlag“.
Die großen Grippeimpfstoffhersteller AstraZeneca (Fluenz® Tetra), GSK (Influsplit® Tetra) und Sanofi Pasteur (Vaxigrip® Tetra) melden auf der Homepage des PEI, dass ihre Grippeimpfstoffe für die Saison 2018/19 beim Hersteller abverkauft sind. Bei Vaxigrip jedoch nur bestimmte Pharmazentralnummern, und zwar:
- Vaxigrip® Tetra 2018/2018 Injektionsuspension Fertigspritze ohne Kanüle, 1 Stück, N1
- Vaxigrip® Tetra 2018/2018 Injektionsuspension Fertigspritze ohne Kanüle, 10 Stück
- Vaxigrip® Tetra 2018/2018 Injektionsuspension Fertigspritze ohne Kanüle, 20 Stück
Welche Grippeimpfstoffe können noch bestellt werden?
Auch wenn Abverkäufe durch die Hersteller gemeldet sind, so bestätigt Sanofi, dass noch Grippeimpfstoffe für die aktuelle Saison 2018/19 bestellt werden können. Laut dem Unternehmen sind derzeit noch 10-er Packungen von Vaxigrip® Tetra mit Kanüle vorrätig. Der Impfstoff darf bereits für Kinder ab einem Alter von sechs Monaten eingesetzt werden.
Auch Fluad® 2018/2019 von Seqirus ist noch über den Großhandel zu beziehen, zumindest leuchten bei Sanacorp grüne Lieferbarkeits-Häkchen. Fluad® nimmt jedoch eine kleine Sonderstellung bei den Grippeimpfstoffen ein: Er ist erst ab einem Alter von 65 Jahren und älter zugelassen, der Impfstoff ist adjuvantiert. „Im Vergleich zu nicht-adjuvantierten Grippeimpfstoffen wurden leichte Impfreaktionen bei Fluad® häufiger beobachtet.“ Allerdings hat man unter Fluad® auch eine stärkere Antikörperbildung festgestellt als bei Impfstoffen ohne Adjuvans, vor allem bei älteren Menschen mit schwachen Abwehrkräften oder die unter chronischen Erkrankungen leiden und ein höheres Risiko für Komplikationen besitzen. Außerdem ist Fluad® nur trivalent.
Vorbestellungen erleichtern die Planung
Noch ist bei Grippeimpfstoffen somit nicht aller Tage Abend. Die Impfstoffe der Hersteller sind zum Großteil abverkauft, das bedeutet jedoch nicht, dass diese Impfdosen auch alle bereits appliziert wurden. Wer sich gegen Grippe impfen lassen möchte, dürfte aktuell nicht leer ausgehen. Ob sich im Laufe des Grippewinters tatsächliche Versorgungsprobleme auftun, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt wohl weder prognostizieren noch ausschließen.
Risiken auch für Apotheken
Dass die Grippeimpfstoffproduktion eine heikle Angelegenheit ist, ist bekannt. Auch sollten Liefer- oder gar Versorgungsengpässe den ohnehin schlechten Impfwillen der Bundesbürger nicht zusätzlich erschweren. Auch für die Hersteller ist die Produktion der Influenzavakzine kein einfaches Unterfangen und zeitlich eng und streng getaktet. Vorbestellungen unterstützen die planerischen Aktivitäten und scheinen dann ja auch für die Apotheken Vorteile mit sich zu bringen. Allerdings ist für Apotheken dies auch eine zwiespältige Situation. Denn einerseits laufen sie Gefahr, ohne Vorbestellung von Grippeimpfstoffen hinten anstehen zu müssen in der Versorgungskette. Andererseits tragen Apotheken in der Konsequenz auch ein höheres Risiko: Sie finanzieren den Grippeimpfstoff vor und müssen Lagerkapazitäten im Kühlschrank bereithalten.
Der Artikel wurde am 7.11.2018 geändert.
6 Kommentare
Grippeimpfstoff
von Horn am 04.12.2018 um 10:17 Uhr
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Engpass für Privatpatienten
von Elizabeth Valentine-Thon am 23.11.2018 um 22:53 Uhr
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Grippeimpfstoff nicht erhältlich
von Günter Volk am 19.11.2018 um 13:21 Uhr
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Engpass = Nachfrage temporär größer als Angebot
von Olaf Rose am 08.11.2018 um 11:41 Uhr
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AW: Engpass = Nachfrage temporär größer
von Birgit Möllenkamp am 12.11.2018 um 14:22 Uhr
Kein Lieferengpass bei Grippeimpfstoffen
von Rita Längert am 06.11.2018 um 19:37 Uhr
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