Neue App und neue Zeitschrift

Noweda/Burda: Großangriff auf den Markt der Kundenkommunikation

Berlin - 20.09.2018, 16:00 Uhr

Zukunftspakt Apotheke: Dr. Michael
P. Kuck, Vorstandsvorsitzender der Noweda, und Philipp Welte, Vorstand Burda, kündigen einen Großangriff auf den Markt der Kundenkommunikation in der Apotheke an. (b / Foto: Noweda/Burda)

Zukunftspakt Apotheke: Dr. Michael P. Kuck, Vorstandsvorsitzender der Noweda, und Philipp Welte, Vorstand Burda, kündigen einen Großangriff auf den Markt der Kundenkommunikation in der Apotheke an. (b / Foto: Noweda/Burda)


Die Apothekergenossenschaft Noweda und der Burda-Verlag starten einen Großangriff auf den gesamten Markt der Apotheken-Kundenkommunikation. Beide Unternehmen teilten am heutigen Donnerstag mit, dass sie neben der bereits angekündigten gemeinsamen Kundenzeitschrift auch eine bereits existierende Online-Bestellplattform beleben wollen. Das Projekt soll im Frühjahr 2019 ausgerollt werden und trägt den Namen „Zukunftspakt Apotheke“.

Ein großer Verlag und ein Arzneimittelgroßhändler – eigentlich eine ungleiche Paarung. Der Burda-Verlag (Focus, Huffington Post, Bunte, etc.) und die Noweda finden das offenbar nicht und haben ihre ohnehin seit Jahren bestehende Kooperation nun ausgebaut. Schon vor einiger Zeit teilte die Noweda mit, dass man mit dem Verlag eine neue Apotheken-Kundenzeitschrift plant. Laut einer aktuellen Pressemeldung beider Konzerne soll das nun im Frühjahr auch so kommen. Doch die Kooperation ist noch weitreichender und betrifft nicht „nur“ den Markt der Kundenzeitschriften. Nun wird klar: Noweda und Burda wollen auch im derzeit boomenden Markt der Patienten-Vorbestellsysteme aufholen.

Aber ganz von vorne. Dass die Apothekergenossenschaft und der Burda-Verlag zusammenarbeiten, ist schon länger bekannt. Schon im November 2017 erklärten beide Unternehmen, dass sie an einer gemeinsamen Bestellplattform für Arzneimittel arbeiteten. Schon damals trug dieses Portal den Namen „IhreApotheken.de“. Kunden konnten dort Kosmetika bestellen und sich die Produkte liefern lassen bzw. bei einer Apotheke in der Nähe, die Noweda-Kunde ist, abholen. Der Burda-Verlag sollte das Portal damals in seinen Veröffentlichungen bekannt machen. In diesem Jahr wurde die Verlag-Großhändler-Kooperation dann ausgebaut: Die Noweda gab bekannt, dass man eine große Werbekampagne zum Erhalt der Apotheke vor Ort exklusiv im „Focus“ spielen werde. Vor einigen Wochen kam dann die Meldung, dass man eine gemeinsame Kundenzeitschrift plane – beim Kartellamt wurde die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens angemeldet, Anfang August gab die Behörde grünes Licht.

Der „Zukunftspakt Apotheke“. Zielgruppe: Die Apotheke vor Ort

Nun steht fest, wie beide Konzerne ihre Zusammenarbeit konstruieren wollen. Das Projekt trägt den Namen „Zukunftspakt Apotheke“. Das Ziel der Initiative beschreiben die Unternehmen so: „Eine umfassende Initiative zur Stärkung der Apotheken vor Ort, die als Rückgrat des deutschen Gesundheitssystems die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und die notwendige qualitativ hochwertige fachliche Beratung sicherstellen.“ Die Zielgruppe, in der die Konzerne ihre Produkte anpreisen wollen, ist klar definiert: „Mit dem „Zukunftspakt Apotheke“ können Vor-Ort-Apotheken ihre Vorteile, wie die sofortige bzw. sehr kurzfristige Warenverfügbarkeit, ihre hohe fachliche Kompetenz und ihre Nähe zu Kunden und Patienten gegenüber dem wachsenden Arzneimittelversandhandel ab dem Frühjahr 2019 bestmöglich ausspielen“, heißt es in der Mitteilung.

Konkret geplant ist, dass die neue Kundenzeitschrift im Frühjahr 2019 in den Apotheken landen und den Namen „Mylife“ tragen soll. Der Name ist nicht neu: Der Burda-Verlag betreibt seit Jahren das Gesundheitsportal „Mylife“, in dem Ratgeber-Themen rund um das Thema Gesundheit gespielt werden. Dass es Noweda und Burda mit ihrer Zeitschrift auf die Kunden der „Apotheken Umschau“ (Wort & Bild-Verlag) abgesehen haben, ist klar. In der Mitteilung heißt es, das neue Heft biete „weit mehr“ als die Konkurrenz. „Themenfelder Wiederherstellung der Gesundheit, Prävention und Gesunderhaltung sowie Wohlbefinden ganzheitlich. Im Mittelpunkt steht medizinisch fundierter und dabei allgemein verständlicher Gesundheitsjournalismus“, erklärt Kay Labinsky, Geschäftsführer bei „BurdaLife“, einer zur Burda gehörenden Verlagsgruppe, die das Apothekenprojekt innerhalb des Verlagskonzerns federführend betreut. Mit welchen genauen Eigenschaften sich das neue Magazin von der Konkurrenz abgrenzen will, wird aber nicht erwähnt. Es solle alle 14 Tage erscheinen. Der redaktionelle Inhalt soll offenbar aus dem Burda-Verlag kommen. So würden die „renommierten Burda-Marken“ ihre „Kernkompetenzen“ by „Mylife“ einfließen lassen.

Nicht zur Zeitschrift, sondern auch Bestellplattform – wie viele andere auch

Doch damit noch nicht genug. Auch auf den Markt der Vorbestellsysteme, wo Noweda und Burda seit dem vergangenen Jahr ja schon kooperieren, soll ein Großangriff gestartet werden. Man wolle eine „Online-Bestellplattform für alle Vor-Ort-Apotheken“ in Deutschland etablieren. Kunden sollen Apothekenprodukte auf der gemeinsamen Plattform „IhreApotheken.de“ künftig vorbestellen und in einer teilnehmenden Apotheke abholen können. Während die Hauptkonkurrenz bei der Kundenzeitschrift der Wort & Bild-Verlag ist, wollen die beiden Konzerne mit der Online-Plattform den Versandhandel angreifen. Anders als bei Versendern stehe ein „größtmögliches Sortiment“ zur Verfügung. Zudem erfolge die Versorgung schneller und in den Apotheken gebe es dazu noch die fachliche Beratung des Apothekers. Die Apothekenteams sollen eine App erhalten sowie durch „Produktschulungen und Qualifizierungsmaßnahmen“ auf die neue Bestelllösung vorbereitet werden. Um den Bekanntheitsgrad sowohl des neuen Magazins als auch des Bestellportals zu steigern, sollen Inhalte mit dem oben genannten Burda-Gesundheitsportal „Mylife.de“ verknüpft werden.

Die Kampfansage von Noweda/Burda im Bereich des Online-Handels und der Patienten-Vorbestellungen ist nicht die erste. Insbesondere die Apotheken-Rechenzentren sind in diesem Bereich derzeit sehr aktiv und haben diverse eigene Vorbestellsysteme auf den Markt geworfen. Erst am gestrigen Mittwoch teilten die Unternehmen ARZ Darmstadt und die Noventi-Group mit, dass ihre beiden Patientenapps zusammengelegt werden sollen – womöglich erfolgte diese Maßnahme bereits in Vorbereitung auf den Angriff von Noweda/Burda. Doch auch die Rechenzentren sind nicht alleine im Markt: Auch der Deutsche Apotheker Verlag betreibt mit apotheken.de eine weit verbreitete Vorbestellapp. Der Wort & Bild-Verlag hatte zuletzt dazu aufgerufen, dass sich im Markt nun mehrere große Player zusammentun müssten, um eine einheitliche Lösung für alle Apotheken und deren Kunden zu schaffen.

Kuck: Vor-Ort-Apotheken sind ernsthaft in Gefahr

Bei Noweda und Burda freut man sich zunächst aber über die geglückte Neugründung. Noweda-Chef Michael P. Kuck erklärte dazu: „In Deutschland ist die Zahl der Vor-Ort-Apotheken auf dem tiefsten Stand seit fast 30 Jahren – Tendenz weiter fallend. Wird diese Entwicklung nicht gestoppt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die heute noch sehr gut funktionierende flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln über die Vor-Ort-Apotheken ernsthaft in Gefahr gerät. Dabei bieten die Vor-Ort-Apotheken unersetzbare Dienstleistungen, zum Beispiel die unmittelbare Versorgung und Beratung nach dem Arztbesuch und den Notdienst an Sonn- und Feiertagen. Mit dem ‚Zukunftspakt Apotheke‘ werden wir gemeinsam mit Hubert Burda Media zur Sicherung dieser sozialen Infrastruktur beitragen, auf die sich täglich Millionen Menschen verlassen.“

Burda-Vorstand Philipp Welte sagte: „Die Stärke unserer Initiative ‚Zukunftspakt Apotheke‘ liegt in der Bündelung der Kernkompetenzen unserer beiden Unternehmen. Mit dem neuen Apothekenmagazin „Mylife“ bieten wir eine innovative Alternative in einem attraktiven Markt, in dem bislang eine Monopolstruktur besteht.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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