Brandenburger Landtag

Lunapharm-Skandal: Rückstellmuster bisher ohne Mängel

20.09.2018, 10:15 Uhr

Im Brandenburger Landtag geht`s mit der Aufklärung des Lunapharm-Skandals voran: der Abschlussbericht der Lunapharm-Taskforce liegt vor. (b / Foto: Imago)

Im Brandenburger Landtag geht`s mit der Aufklärung des Lunapharm-Skandals voran: der Abschlussbericht der Lunapharm-Taskforce liegt vor. (b / Foto: Imago)


Die Aufklärung des Brandenburger Medikamenten-Skandals macht Fortschritte: Wie die frisch vereidigte Gesundheitsministerin Susanna Karawanskij (Linke) am gestrigen Mittwoch im Landtag verkündete, liegt der Abschlussbericht der Lunapharm-Taskforce inzwischen vor und „fast alle“ Proben sind analysiert. Grundsätzlich wolle die Landesregierung den bisherigen Empfehlungen der Taskforce folgen. Außerdem kündigte Karawanskij an, eine Bundesratsinitiative zur Abschaffung der Importquote auf den Weg zu bringen.  

Ein senkrechter Start für Brandenburgs neue Gesundheitsministerin: Susanna Karawanskij (Linke), die am gestrigen Mittwochvormittag im Landtag vereidigt wurde, musste sich wenige Stunden später einer hitzigen Debatte rund um den Brandenburger Medikamenten-Skandal stellen. Dabei geht es um die Vorkommnisse bei dem in Mahlow ansässigen Pharmahändler Lunapharm, der mutmaßlich in Griechenland und anderen europäischen Ländern gestohlene Krebsarzneimittel in Verkehr gebracht haben soll.

Abschlussbericht fertig – Auswertung folgt

Karawanskij lobte den Zwischenbericht der Taskforce, die von ihrer Vorgängerin Diana Golze (Linke) mit der Aufklärung der Vorfälle betraut worden war. Am Vorabend der Landtagssitzung habe die Taskforce nun ihren Abschlussbericht vorgelegt, deren Ergebnisse die frisch gebackene Ministerin noch auswerten wolle. Vorab verriet sie, dass inzwischen „fast alle“ Rückstellmuster, die bei Lunapharm sichergestellt wurden, untersucht worden seien. Dabei seien keine Mängel festgestellt worden, bis auf eine Probe, deren Haltbarkeitsdatum abgelaufen gewesen war.

Die Taskforce-Experten hatten in einer früheren Sondersitzung des Gesundheitsausschusses allerdings darauf hingewiesen, dass die Aussagekraft dieser Rückstellproben begrenzt ist. Konkret bedeutet dies, dass auch durch ein negatives Analyseergebnis eine Gesundheitsgefahr durch unsachgemäße Lagerung der mutmaßlichen Schmuggelware nicht ausgeschlossen werden könne.

In Arbeit: Bundesratsinitiative gegen Importquote

Die frischgebackene Ministerin erklärte weiterhin in ihrer Rede, sie wolle auf den bisherigen Empfehlungen der Taskforce aufbauen. So sei die Personalaufstockung mit zwölf Stellen in der Arzneimittelaufsicht und im übergeordneten Ministerium bereits in die Wege geleitet. Auch befürworte sie den Plan des kommissarischen Ministers Stefan Ludwig (Linke), eine Bundesratsinitiative zur Abschaffung der Importquote zu starten.

Im Anschluss an ihren Beitrag stimmte der Landtag über vier Anträge ab, die im Zusammenhang mit dem Medikamenten-Skandal standen. So hatte die AfD-Landtagsfraktion eine Bundesratsinitiative zur Abschaffung der Importquote gefordert. Dieser Antrag wurde im Plenum des Landtages abgelehnt, obwohl die neue Ministerin sich dafür ausgesprochen hatte. Zudem hatte die Brandenburger AfD eine Neubesetzung der Taskforce, deren Arbeiten nun abgeschlossen sind, beantragt, was ebenfalls abgelehnt wurde. Auch der Vorschlag der Brandenburger CDU, einen Entschädigungsfonds für die Patienten zu gründen, fand keine Mehrheit.


Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Aufklärung im Lunapharm-Skandal

Bislang keine Mängel gefunden

DAV, AOK und KV Baden-Württemberg

Widerstand gegen die Importförderung wächst

Ministerin Karawanskij hinterfragt End-to-End-Verifikation im EU-Fälschungsschutzsystem

Lunapharm-Affäre ist Thema in Brüssel

DAZ.online-Interview mit Brandenburgs Gesundheitsministerin

Karawanskij hinterfragt Ausnahme-Regelung für Großhändler bei Securpharm

4 Kommentare

Lunapharm

von Gunter Kowalski am 20.09.2018 um 20:35 Uhr

Man kann bei keinem Produkt von absoluter Fehlerfreiheit ausgehen.Siehe Contergan.Wenn aber ein echtes Medikament von Apothekern an Grosshändler geliefert wird, europaweit, dann ist das Risiko geringer, als Grosshändler an Grosshändler, die meist keine Pharmazeuten sind.In diesem Fall wurden die Medikamente angeblich aus Krankenhäusern zu einer Apotheke und von dort zu einem Grosshändler geliefert, der die Transportbedingungen bei Eingang prüfte. Was soll denn hier anders sein, als in einer sonstigen Lieferkette? Nur das Geschrei in der Presse.Es gab trotz der Kontrastelügerei auch in der griechischen Akte keine Anhaltspunkte für schlechte Lagerung. Die griechen wussten nur nicht, dass es keiner Kühlkette bedurfte und Frau Walter von der Kontrasteredaktion versuchte sogar Prof.Dr.Hagemann unter Druck zu setzen, die Kühlkettenlügerei zu bestätigen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Ein Fazit der Task Force mit Kommentar aus Mitte 2015

von Dr. Andreas van de Valk am 20.09.2018 um 12:53 Uhr

Die Mitglieder der Task Force legen großen Wert auf die Feststellung, dass durch rechtswidriges Handeln von Personen oder Firmen im Ausland einerseits Patienten in Deutschland einem gesundheitlichen Risiko ausgesetzt wurden. Andererseits wurden in diesem Fall den Patienten in Griechenland wichtige Arzneimittel vorenthalten und eine medizinisch begründete Behandlung dieser Patienten unmöglich gemacht. Durch ein solches Handeln
wurde darüber hinaus den Gesundheits- und Sozialsystemen substanzieller Schaden zugefügt. Die Mitglieder der Task Force halten solches Handeln für ethisch und moralisch inakzeptabel.

DocCheck News "Griechenland: Hilfe mit Haken
14. Juli 2015"

Kommentar Karin Wahl
Es ist eine Schande, dass es in einem EU-Land soweit gekommen ist wie standardmäßig in vielen Entwicklungsländern in Afrika und Asien. Aber seien wir ehrlich, diese Zustände sind nicht über Nacht gekommen, weil die “bösen” deutschen Politiker und auch andere EU-Staaten nicht bedingungslos weitere Milliarden an Steuergeldern durchreichen wollen. Bereits vor 10 Jahren hatten wir eine griechische Apothekerin bei einem Europäischen Treffen als Rednerin, die schon damals sagte, dass das griechische Gesundheitssystem eine Katastrophe sei. Die Kassen zahlten bereits damals weder Apotheken noch Krankenhäuser oder Ärzte aus, man musste sein Essen ins Krankenhaus mitbringen und vieles ging nur durch Bestechung und Korruption. Krebsmedikamente waren damals nicht lieferbar, weil die importierten Medikamente vom Großhandel als billiger Reimport wieder nach Deutschland verkauft wurden, erkennbar an dem griechischen Aufdruck, den hier keiner lesen konnte!
Man sollte helfen, sich aber keinen Sand ins Auge streuen lassen!

Hinweis:
Im Fronal21-Beitrag des ZDF aus diesem Jahr (Krebspatientin) werden eine staatliche und eine private Klinik in Griechnland gezeigt. Ansehen und danach passt der formulierte Anspruch der Task Force mit der Wirklichkeit gar nicht mehr.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

gestohlene Krebsmedikamente

von Gunter Kowalski am 20.09.2018 um 12:40 Uhr

Trotz aller Interpretationsversuche zur Unterstützung des Märchens von den schlecht gewordenen Medikamenten kann man doch etwas mehr Fachwissen erwarten. Wenn die Proben in Ordnung sind, dann sind auch die dazugehörigen Chargen in Ordnung. Konkrete Hinweise auf eine schlechte Lagerung der Medikamente in einer Apotheke(!) gibt es nicht. Dazu muss nach der Expertenkommission die Lagerung schon sehr lange schlecht sein, bevor hier ein Schaden entsteht. Sogar die Falschmeldungen der griechischen Polizei zeigen ebenfalls eine gekühlte Lagerung, entweder in einem Fischgeschäft, welch Blödsinn, oder in der Apotheke durchgeführt und überwacht von richtigen Apothekern. Alle Lieferungen wurden von Lunapharm kontrolliert und waren gekühlt. Wo sollen sie denn ungekühlt aufbewahrt worden sein und warum? Es handelt sich um Medikamente die nur von Fachleuten gehandled werden, Krankenhauspersonal, Apotheker, Fachlieferfirmen, Grosshändler. Wann hört das Geschwätz von den schlechten Medikamenten eigentlich auf? Auch bei der normalen Lieferkette können Pannen passieren. wo ist der Unterschied zu der Lieferkette hier. Das die Medikamente gestohlen sind? die Griechen haben bis heute keine gestohlenen Medikamente im RAS-System gemeldet, weil sie gar keine Belege dafür haben. Warum sich Fachjournalisten an dieser Lügerei beteiligen ist unerfindlich.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Die Probe als Beleg

von Steafn Haydn am 20.09.2018 um 18:43 Uhr

Die Probe alleine ist leider nicht ausrechend um 100% Sicherheit zu erzeugen.
Ich hatte schon einige Meldungen an die AMK und die Industrie, bei denen die Rückstellmuster in Ordnung waren, dennoch ein Problem aufgetreten ist. Dies wurde dann halt als Einzelfall abgetan.
Fragt sich nur wie viele Einzellfälle es dann tatsächlich waren.

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.