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Großpraxen und Zahnarztketten
Finanzinvestoren im Gesundheitswesen: Rendite vor Versorgung?
„Finanzinvestoren haben das Gebiss der Deutschen als renditestarke Geldanlage entdeckt.“ Das war am Wochenende in der Süddeutschen Zeitung zu lesen. Sie kaufen vermehrt Zahnarztpraxen auf, um größere Zahnkliniken und schließlich Zahnarztketten zu gründen. Vertreter der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung betrachten diese Entwicklung mit Sorge, da ihrer Ansicht nach die Rendite im Vordergrund steht und nicht die umfassende Betreuung der Patienten.
Bei Apotheken ist der Fremd- und der Mehrbesitz verboten. Zwar wird diese Regelung von Institutionen wie der Monopolkommission oder auch seitens der FDP gelegentlich angegangen, ernsthaft zur Disposition steht sie aber derzeit nicht. Was es für Folgen haben kann, wenn Finanzinvestoren im Gesundheitswesen das Sagen haben, war am vergangenen Wochenende in der Süddeutschen Zeitung am Beispiel der Zahnarztbranche zu lesen.
Zahnarztpraxen dürfen nämlich seit 2015 als Medizinische Versorgungszentren (MVZ) betrieben werden in der Rechtsform einer Personengesellschaft, einer eingetragenen Genossenschaft oder als Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Eröffnen dürfen solche MVZ laut Gesetz Zahnärzte, Kliniken und Kommunen. Vorteile eines solchen MVZ sind für die Zahnärzte, die sich nicht selbstständig machen wollen, dass in großem Ausmaß Stellen im Angestelltenverhältnis geschaffen werden – in einer „klassischen“ Gemeinschaftspraxis konnte ein Vertragszahnarzt am Vertragszahnarztsitz nur zwei vollzeitbeschäftigte Zahnärzte oder bis zu vier halbzeitbeschäftigte Zahnärzte anstellen. Das beschränkte die Expansionsmöglichkeiten einer Praxis. Zum Teil wurde daher mit Hilfskonstrukten wie etwa der Aufnahme von nichtkapitalbeteiligten Juniorpartnern gearbeitet, was aber mit Risiken verbunden war.
Mit der Erlaubnis, MVZ zu gründen, in denen theoretisch in unbegrenzter Zahl angestellte Zahnärzte beschäftigt werden dürfen, haben expansionswillige Zahnärzte nun alle Möglichkeiten. Doch diese Entwicklung hat offenbar auch weit größere Player auf den Plan gerufen – nämlich Finanzinvestoren. Der deutsche Gesundheitsmarkt werde ihnen von Beratungsunternehmen wie KPMG oder Price Waterhouse Coopers längst als Goldgrube empfohlen, schreibt die SZ. Ein verlässlich zahlender Sozialstaat und eine älter werdende Gesellschaft garantierten aus Sicht der Unternehmen stabile Gewinne, in Krankenhäusern, Pflegeheimen und neuerdings auch bei Zahnärzten, heißt es.
Der Trick: Erst Klinik, dann Praxis
Um MVZ gründen zu können, bedarf es seitens der Investoren etwas Vorarbeit. Schließlich ist dieses Recht, wie erwähnt, Zahnärzten, Kliniken und Kommunen vorbehalten. Und so kaufen die Unternehmen laut SZ im ersten Schritt eine Klinik und mittels dieser dann Zahnarztpraxen, um daraus größere Zahnkliniken und schließlich ganze Zahnarztketten zu machen. Die Unternehmen seien oft global arbeitende Private-Equity-Firmen, die damit Geld verdienen, Firmen zu kaufen, sie umzustrukturieren und sie für einen höheren Preis weiterzuverkaufen. Diese Firmen können natürlich auch große Praxen finanzieren, die für einen einzelnen Zahnarzt, der sich selbständig machen will, in der Regel nicht zu stemmen sind.
1 Kommentar
Gewinnstreben
von Holger am 18.09.2018 um 8:29 Uhr
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