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Apothekenhonorar
Honorargutachten landet im Wirtschaftsausschuss des Bundestages
Das Honorargutachten der Agentur 2HM wird doch noch zum Politikum. Eigentlich wollte es die ABDA ja verhindern, dass das vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebene Papier überhaupt im Bundestag landet. Nach Informationen von DAZ.online soll es nun aber doch aufgegriffen werden: Am 12. Dezember 2018 soll eine Diskussion dazu im Wirtschaftsausschuss stattfinden. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) könnte geladen werden. Im Gesundheitsausschuss soll das Thema wiederum nicht angesprochen werden.
Das sogenannte Honorargutachten der Agentur 2HM ist nun seit knapp zehn Monaten veröffentlicht und auf der Internetseite des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) einsehbar. Die Inhalte haben nicht nur die Apotheker schockiert, sondern auch die Großhändler: Die Agentur-Gutachter schlagen vor, das Fixhonorar der Apotheker und auch der Großhändler drastisch zu senken und empfehlen der Bundesregierung von einem Rx-Versandverbot Abstand zu nehmen, weil es schlichtweg keine versorgungstechnischen Gründe für ein solches Verbot gebe.
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Die ABDA reagierte in den ersten Tagen nach seiner Veröffentlichung empört auf das Gutachten – eine vollständige inhaltliche Bewertung der von der Agentur 2HM dargelegten Statistiken zum Apothekenmarkt blieb aber aus. Immer wieder forderten insbesondere einige Apothekerkammern die ABDA dazu auf, das Gutachten inhaltlich detailliert zu kritisieren. Doch die ABDA wollte es gar nicht erst zum Thema werden lassen. Im März 2018 wies ABDA-Präsident Friedemann Schmidt darauf hin, dass diese Strategie erfolgreich sei, da es seit Monaten keine Berichterstattung zum Gutachten mehr in der Laienpresse gegeben hatte.
Bislang schien diese Rechnung aufzugehen: Schon kurz vor der Bundestagswahl 2017 teilte das damals noch SPD-geführte Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) mit, dass die Nachfolge-Regierung sich um das Gutachten kümmern solle. Zu Beginn dieser Legislaturperiode stellte die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Karin Maag (CDU), gegenüber DAZ.online auch klar: „Von mir aus müssen wir das Gutachten nicht mehr aufgreifen.“
Grüne wollten das Gutachten unbedingt besprechen
Was den Gesundheitsausschuss betrifft, ging diese Strategie auch auf: Nach Informationen von DAZ.online versuchte die Grünen-Fraktion zwar mehrfach, ein Fachgespräch oder eine Anhörung zum Gutachten im Gesundheitsausschuss unterzubringen, in der auch die Agentur-Chefin Iris an der Heiden befragt werden sollte. Doch jedes Mal scheiterten die Grünen dem Vernehmen nach an den Regierungsfraktionen (Union und SPD). Am gestrigen Dienstag sollen die Grünen für das Thema erneut einen Termin vorgeschlagen haben. Doch wieder waren Union und SPD dagegen – dem Vernehmen nach stimmte auch die Linksfraktion dagegen.
Gesundheits-Obleute lehnen Gutachten als Thema ab
Michael Hennrich, Obmann der Unionsfraktion im Gesundheitsausschuss und Berichterstatter für Arzneimittelthemen, erklärt seine Ablehnung: „Das war eine sehr schwierige Entscheidung. Letztlich finden wir aber, dass wir jedes vom BMG vorgelegte Gutachten natürlich besprechen müssen. Beim 2HM-Gutachten handelt es sich aber um ein fachfremdes Gutachten, was im korrespondierenden Ausschuss besprochen werden sollte. Hinzu kommt, dass der GKV-Spitzenverband das Gutachten ja für seine politischen Wünsche einsetzen wollte. Wenn wir es also aufgegriffen hätten, hätten die Apotheker ein eigenes Gutachten vorlegen können, was ebenfalls behandelt werden müsste.“
Wirtschaftsausschuss könnte Spahn laden
Nach Informationen von DAZ.online wird das Thema nun aber doch ganz offiziell im Bundestag aufgegriffen. Denn die Grünen haben es nach der Pleite im Gesundheitsausschuss schlichtweg an die Kollegen im Wirtschaftsausschuss weitergereicht, der ja auch offiziell zuständig ist. Und die Obleute aus den Fraktionen haben sich am gestrigen Dienstag darauf verständigt, das Honorargutachten am 12. Dezember zu besprechen. Dem Vernehmen nach ist sogar angedacht, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zu laden, in jedem Fall soll an der Heiden geladen werden.
Schulz-Asche: Absurde Situation
Die Berichterstatterin der Grünen für Arzneimittelthemen, Kordula Schulz-Asche, bestätigte gegenüber DAZ.online, dass das Gutachten jetzt im Wirtschaftsausschuss thematisiert wird. Die Grünen-Politikerin beschwert sich darüber, dass ihre Kollegen im Gesundheitsausschuss das Thema nicht auf dem Tisch haben wollten. „Es ist schon reichlich absurd, dass das Gutachten zu Apotheken und Arzneimittelversorgung im Gesundheitsausschuss nicht behandelt werden soll. Es wird absurder dadurch, dass wir nun im Dezember in den benachbarten Wirtschaftsausschuss wandern, um dort dann doch darüber zu sprechen.“ Das Argument, dass der Gesundheitsausschuss nicht zuständig sei, will Schulz-Asche nicht gelten lassen: „Natürlich wurde das Gutachten vom Wirtschaftsministerium in Auftrag gegeben, jedoch betonen Apothekerinnen und Apotheker grade seit dem EuGH-Urteil zum Arzneimittelversandhandel besonders gerne und auch zu Recht ihre Bedeutung als Heilberufler in der Gesundheitsversorgung.“
Weiterhin stimmen die Grünen mit vielen Grundaussagen des Gutachtens überein. So spricht Schulz-Asche von einer „Blockadehaltung“ der Union wegen des Rx-Versandverbotes – deswegen sei fast zwei Jahre gesetzgeberisch nichts passiert. Die Grünen-Politikerin ist der Meinung, dass man das Honorargutachten in jedem Fall gesundheitspolitisch diskutieren müsse – auch wenn man mit den Empfehlungen nicht übereinstimme. Denn: „Das Gutachten liefert erstmals seit 2003 wieder Primärdaten zu den erbrachten Leistungen der Apotheken sowie Informationen zur flächendeckenden Versorgung, zur Entwicklung von Beschäftigenzahlen und Betriebsstätten. Sich mit den knapp 400 Seiten zu befassen, ist also sicher keine vertane Zeit. Wie Herr Ditzel am vergangenen Sonntag in seiner Kolumne (Anmerkung d. Red.: „Mein liebes Tagebuch“) richtig feststellte: ‚Es wird kein Rx-Versandverbot geben.‘ Es ist daher Zeit, sich nun endlich mit echten Reformen zu befassen.“
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* Anmerkung der Redaktion: Wir haben den Artikel mit der Information ergänzt, dass es sich nicht um eine öffentliche Anhörung im Wirtschaftsausschuss handelt. Vielmehr soll das Honorargutachten im Rahmen eines nicht-öffentlichen Fachgespräches (mit geladenen Gästen und Experten) im Wirtschaftsausschuss besprochen werden. (Stand: 13.9., 12.20 Uhr)
4 Kommentare
Na Frau Schulz-Asche?
von Christiane Patzelt am 13.09.2018 um 12:01 Uhr
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Heimlich in der Nacht oder wie man die Zukunft verschläft
von Bernd Jas am 13.09.2018 um 9:07 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: Heimlich in der Nacht oder wie man die
von Edzard Lueg am 13.09.2018 um 9:41 Uhr
AW: Heimlich in der Nacht oder wie man die Zukunft verschläft
von Bernd Jas am 13.09.2018 um 10:09 Uhr
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