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Erste Analyseergebnisse
Deutlich erhöhte Belastung durch NDMA in Valsartan-Präparaten
Der Rückruf potenziell verunreinigter Valsartan-Präparate scheint abgeschlossen. Doch auch jetzt, drei Wochen später, sind noch viele Fragen offen. Die Hypothese, nach der ein geänderter Syntheseweg Ursache der NDMA-Kontamination sein könnte, wartet ebenso auf eine offizielle Bestätigung wie Informationen zum Ausmaß der Kontamination. Doch es kursieren erste Zahlen, anhand derer der Toxikologe Prof. Dr. Ralf Stahlmann für die DAZ schon einmal den Versuch einer Risikoabschätzung unternommen hat.
Bei vielen Patienten kommt die Botschaft, dass sie möglicherweise über Jahre hinweg ein Arzneimittel angewendet haben, das mit einem potenziellen Kanzerogen verunreinigt ist, erst jetzt an. Dabei können sie überhaupt nicht verstehen, dass zwar die Arzneimittel aus den Apotheken, aber nicht auf Patientenebene zurückgerufen worden sind. Als Erklärung müssen sie hinnehmen, dass keine akute Gefahr bestanden habe. Aber wenn keine akute Gefahr besteht, so wird sich manch einer verunsichert fragen: warum dann dieser massenweise Rückruf?
Sicher können Apothekerinnen und Apotheker insoweit aufklären, dass jedes Arzneimittel Qualitätskriterien zu erfüllen hat, dass der Nachweis einer potenziell kanzerogenen Substanz oder sonstiger Verunreinigungen oberhalb eines bestimmten Grenzwertes dazu führt, dass solche Arzneimittel nicht verkehrsfähig sind. Aber in diesem konkreten Fall gibt es bis heute keine offizielle Information darüber, in welchem Ausmaß und wie lange schon das Valsartan des chinesischen Hersteller Zhejiang Huahai Pharmaceutical mit N-Nitrosodimethylamin (NDMA) verunreinigt ist.
Noch am gestrigen 24. Juli 2018 erklärte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt, dass der Rückruf sehr gut gelaufen sei. Es habe sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme gehandelt. Die ersten Analysen hätten schließlich gezeigt, dass die Verunreinigungen im Millionstelbereich liegen würden. Schmidt scheint also etwas zu wissen und glaubt, beruhigen zu können. Doch weder er noch die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker nennen konkrete Zahlen.
Berechnung anhand von Stichproben
Dafür offenbart eine „CHMP List of questions“ auf den Seiten der EMA, dass Valsartan-Stichproben NDMA-Spiegel zwischen 3,4 ppm und 120 ppm ergeben haben. Der Toxikologe Prof. Dr. Ralf Stahlmann hat diese Zahlen zum Anlass genommen, zu berechnen, wie viel NDMA die Patienten - im ungünstigsten Fall über Jahre hinweg - täglich zu sich genommen haben könnten. Diese Zahlen präsentiert er in der aktuellen Ausgabe der Deutschen Apotheker Zeitung und kommt zu folgendem Fazit: Selbst wenn ein Patient täglich 160 mg Valsartan mit nur 3,4 ppm NDMA eingenommen hat, dann liegt dieser Wert mit 0,54 Mikrogramm pro Tag etwa um den Faktor 2 über dem Durchschnittswert, den ein Westeuropäer täglich mit der Nahrung aufnimmt. Bei einer Kontamination von 120 ppm wird dieser Durchschnittswert um ein Vielfaches überschritten. Stahlmann warnt: „Es ist bis heute keine Spezies bekannt, bei der N-Nitrosamine keine Tumoren induzieren können. Es ist davon auszugehen, dass diese Stoffe auch bei Menschen kanzerogen wirken können.“ Dabei interagiere NDMA direkt mit der DNA, weshalb von einer linearen Dosis-Wirkungsbeziehung ohne Schwellenwert auszugehen sei. Da schon geringe Mengen zu Schäden führen könnten, müsse die Minimierung der Belastung oberstes Gebot sein, so seine Forderung.
Auch das Zentrallabor Deutscher Apotheker hat am heutigen Mittwoch erste Analyseergebnisse veröffentlicht. Diesen ist zu entnehmen, dass auch hier in Proben NDMA-Konzentrationen innerhalb des von Prof. Stahlmann analysierten Stichprobenbereichs gefunden worden sind.
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