SPD-Gesundheitspolitik

Lauterbach sieht weiterhin Einsparpotenzial bei Arzneimitteln

Berlin - 18.07.2018, 16:50 Uhr

Karl Lauterbach hält nichts von Strafgebühren für Patienten in der Notaufnahme. (Foto: dpa)

Karl Lauterbach hält nichts von Strafgebühren für Patienten in der Notaufnahme. (Foto: dpa)


SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach lehnt eine Gebühr für die Notaufnahme, wie sie Kassenärzte-Chef Andreas Gassen ins Spiel gebracht hat, klar ab. Dafür kann er sich ein Sonderbudget für Fachärzte vorstellen, die Patienten erstmals einen Termin geben. Neben einer Verbesserung der Versorgung sind für Lauterbach derzeit unter anderem die Kassenbeiträge auf Betriebsrenten und die Pflege dringliche Themen. Den Arzneimittelmarkt beobachtet er ebenfalls – über konkrete Maßnahmen will er aber noch nicht sprechen.

Die Notaufnahmen der Kliniken ächzen unter großen Patientenströmen. Zweifellos gehört nicht jeder, der eine Notaufnahme aufsucht, auch wirklich dort hin. Doch was lässt sich dagegen tun? Zu Wochenbeginn hatte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, vorgeschlagen, eine Notaufnahmen-Gebühr einzuführen. Er sagte, dass eine finanzielle Steuerung „genau der Hebel“ wäre, um überflüssige Besuche in der Notaufnahme von Krankenhäusern zu verhindern. „Wenn sich bestimmte Patienten dem Angebot der niedergelassenen Ärzte dauerhaft entziehen und das System nach Gusto nutzen, wie es ihnen gerade einfällt, muss das finanzielle Sanktionen nach sich ziehen“, meint Gassen. Einen konkreten Betrag nannte er nicht.

Karl Lauterbach, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, hat für diese Idee klare Worte: „Eine solche Strafgebühr wird SPD-seitig ganz grundsätzlich abgelehnt“, sagte er bei einem Pressegespräch am heutigen Mittwoch. Man habe die Praxisgebühr schließlich nicht abgeschafft, um sie jetzt auf solchem Wege wieder einzuführen. Richtig sei, dass sich das Verhalten der Patienten geändert habe. Doch müsse auf jeden Fall vermieden werden, dass Patienten in echten Notfällen die Ambulanzen meiden.

Lauterbach will an anderer Stelle ansetzen. Bei vielen Fachärzten – beispielsweise Rheumatologen – sei es so, dass sie Altpatienten jedes Quartal aufs Neue in die Praxis einbestellen. Für Patienten, bei denen die Beschwerden zum ersten Mal auftreten und die nicht privat versichert sind, sei dann kein Platz mehr im Terminkalender. Dabei sei klar, dass ein Patient mit ersten Rheumabeschwerden eine weit bessere Prognose habe, wenn er innerhalb des ersten Monats einen Arzttermin bekommt und behandelt werden kann, als wenn er länger darauf warten muss. Lauterbach schwebt hier ein Sonderbudget vor, das Ärzten zukommen soll, die Patienten einen Ersttermin anbieten. Dies kann er sich in einem Gesetzespaket gemeinsam mit einer Neuregelung der Terminservicestellen vorstellen.

Personalisierte Medizin und Krebsarzneimittel unter Beobachtung

Auch die Pflege ist für Lauterbach ein höchst virulentes Thema. Dabei sollte aus seiner Sicht vor allem eines nicht vergessen werden: Es gelte nicht zuletzt, Pflege zu vermeiden. Die Vorbeugemedizin müsse ausgebaut und chronische Erkrankungen besser behandelt werden. In der Altersgruppe der 40- bis 60-Jährigen entscheide sich zumeist, ob jemand später pflegebedürftig wird oder nicht. Dass sich zudem die Pflegesituation verbessern muss, ist dem SPD-Politiker aber auch klar. Die bessere Bezahlung der Pflegekräfte ist da nur ein Aspekt. Für Lauterbach ist nicht einzusehen, dass Altenpfleger deutlich weniger verdienen als Krankenpfleger, obwohl ihre Leistung gleichwertig sei. Er macht auch keinen Hehl daraus, dass Verbesserungen in der Pflege etwas kosten – ohne höhere Pflegebeiträge, gehe es nicht. In Ländern, in denen die Pflege hochgelobt sei – etwa Skandinavien – seien die Ausgaben auch um 50 bis 100 Prozent höher als hierzulande.

Ein weiteres SPD-Thema sind die Kassenbeiträge auf Betriebsrenten. Die derzeitige Doppelverbeitragung sei „ungerecht“. Die Sozialdemokraten wollen erreichen, dass bis zu einer Freigrenze von 152 Euro gar keine Beiträge auf Betriebsrenten zu zahlen sind – und darüber nur der halbe Beitrag, also der Arbeitnehmeranteil. Dies könne die Rentner um jährlich 3 Milliarden Euro entlasten. Der finanzielle Spielraum für die Krankenkassen sei gerade günstig, so Lauterbach. Daher werde man diesen Vorschlag wieder einbringen, nachdem insbesondere die CDU ihn in den Koalitionsverhandlungen abgelehnt hatte.

In diesem Zusammenhang sprach Lauterbach auch an, dass er bei den Krankenkassen weitere Einsparreserven bei Arzneimitteln sehe. Hier stiegen die Kosten derzeit „ohne Not“. Lauterbach kündigte Vorschläge für diesen Bereich an – wie sie aussehen und wann sie kommen könnten, wollte er allerdings nicht näher erläutern. Er riss nur kurz an, dass er vor allem bei der personalisierten und der Krebsmedizin ein Problem sehe. Hier komme es durch beschleunigte Zulassungen zu Verwerfungen. Die „Kostenexplosion“ bei diesen Arzneimitteln sei sogar durch Verschlechterungen für die Patienten – in Form starker Nebenwirkungen – erkauft. Doch noch ist Lauterbach in der Phase der Beobachtung und Überlegung. So könnte aus seiner Sicht eine zentralisierte Versorgung mit diesen speziellen Arzneimitteln eine Lösung sein. Man kann also auf die angekündigten Vorschläge gespannt sein.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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2 Kommentare

Mehr Kohle

von Dr Schweikert-Wehner am 19.07.2018 um 15:13 Uhr

Die alten Mittel: Mehr Geld für die Ärzte, dann wird wie immer alles gut!

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Jou,

von gabriela aures am 18.07.2018 um 19:20 Uhr

die Krakas könnten ja das verunreinigte Valsartan zum Sonderpreis kaufen und an die Versicherten verteilen.
Dank der Rabattverträge und der Menge an zurückgerufenen Präparate gibts das bestimmt extremst günstig.
„Versorgungsqualität“ ist ja schon lange kein Kriterium mehr.....

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