Lancet-Publikation

Wirkt Cannabis bei chronischen Schmerzen?

Berlin - 12.07.2018, 14:00 Uhr

Eine aktuelle australische Kohortenstudie scheint die schmerzlindernde Wirkung von Cannabis zu widerlegen. Doch dabei ging es nicht um eine kontrollierte klinische Intervention. (c / Foto: Imago)

Eine aktuelle australische Kohortenstudie scheint die schmerzlindernde Wirkung von Cannabis zu widerlegen. Doch dabei ging es nicht um eine kontrollierte klinische Intervention. (c / Foto: Imago)


Studie weist methodische Verzerrungen auf

Doch bei näherer Betrachtung weist die Kohortenstudie einige Limitationen auf. So dienten die Antworten auf eine Telefonbefragung, die pro Patient maximal viermal stattfand, als Datenbasis. Eine medizinische Beurteilung beziehungsweise Verifizierung der genannten Diagnosen erfolgte nicht.

Cannabis wurde in der Studie nicht als Arzneimittel eingesetzt. Die Publikation beinhaltet keine Informationen über die konsumierte Menge oder die verwendeten Blütensorten, zwischen denen bekanntlich erhebliche Unterschiede bestehen, was das Wirkspektrum betrifft. Außerdem hatten die Teilnehmer, die Cannabis konsumierten, von Studienbeginn an stärkere Schmerzen und nahmen signifikant höhere Opioidmengen ein. Das bedeutet, die Cannabiskonsumenten waren die kränkeren Patienten.

Datenbasis: Selbstauskunft über illegalen Konsum

Die Patientengruppen sind unterschiedlich groß, so konsumierten weniger als 10 Prozent nach eigenen Angaben während der Studie Marihuana. Ob alle Patienten jederzeit ehrlich antworteten, bezweifeln selbst die Autoren. Zwar drohten den Teilnehmern für wahrheitsgemäße Antworten keine Sanktionen. Dennoch ist anzumerken, dass die Marihuana-Freizeitanwendung während des gesamten Studienzeitraumes illegal war. Die Studie wurde unter anderem von der australischen Regierung finanziert.

Bei der australischen Kohortenstudie wurden folglich nicht dieselben Qualitätskriterien an den Tag gelegt, die Forscher für die Wirksamkeitsbeurteilung eines Arzneimittels zur Rate ziehen würden. Daher ist die Untersuchung auch aus Sicht der Autoren, die größere Studien fordern, lediglich als Hinweis zu betrachten. Größere klinische Studien mit definierten Patientengruppen, Indikationen und kontrollierter Cannabis-Medikation könnten die Diskussionen in Medizin, Pharmazie und Politik versachlichen. Fraglich ist dabei, von welcher Seite die notwendigen finanziellen Mittel kommen könnten.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Zahnschmerzen?

von Tobias Keller am 24.07.2018 um 18:16 Uhr

Es handelt sich hierbei um die Behandlung von "chronischen Schmerzen". Patienten die mit Opioiden behandelt werden, sind meist Schwerstleidende. Ich erhalte opioidhaltige Medikamente, aufgrund von Neuropathischen Schmerzen und Cannabis hat in meinem Fall eine sehr potente schmerzstillende Wirkung.

Die Studie hat eines nicht berücksichtigt, nämlich die Toleranzentwicklung. Der Nutzen zweier Medikamente im Wechsel führt letztendlich zu einer schwächeren Toleranzerhöhung und verringert indes das Abhängigkeitsrisiko bei Schwerstkranken.

Eine Studie mit 1500 Teilnehmern, deren Höchstfrequenz an Cannabisnutzern lediglich 14% erreicht, ist nicht sonderlich aussagekräftig.
Hier haben Studien aus Kanada, mit 25.000 Studienteilnehmern, wohl mehr Substanz

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Cannabis

von Manfred Remagen am 23.07.2018 um 16:50 Uhr

ich habe einmal bei akuten Zahnschmerzen Cannabis genommen. Das hätte ich besser gelassen. Die Schmerzen verstärkten sich erheblich.

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