Securpharm

Klinikversorgende Apotheken und Herstellerverbände im Clinch

Berlin - 03.07.2018, 16:55 Uhr

Es soll künftig mehr Fälschungsschutz in der legalen Arzneimittellieferkette geben. Nun fürchten Herstellerverbände um die Sicherheit im Krankenhaus. (j / Foto: Securpharm)

Es soll künftig mehr Fälschungsschutz in der legalen Arzneimittellieferkette geben. Nun fürchten Herstellerverbände um die Sicherheit im Krankenhaus. (j / Foto: Securpharm)


Das Thema Securpharm im Krankenhaus sorgt für Spannungen. Auf der Suche nach einer Lösung für das Problem mit großen Packungsmengen in Kliniken warnen die Herstellerverbände nun vor neuen Sicherheitslücken. Der Bundesverband der klinik- und heimversorgenden Apotheker spricht von „verbandspolitisch motivierter Panikmache“.

Ab Februar 2019 sind die europäischen Regelungen zum Arzneimittelfälschungsschutz, insbesondere die delegierte Verordnung über Sicherheitsmerkmale, EU-weit anzuwenden. In Deutschland bereitet das vor allem den Krankenhäusern Sorge. Sie sind zusammen mit den Krankenhausapothekern auf der Suche nach einer Lösung für ihr Mengenproblem. Denn wie soll die Verifizierung ganzer Arzneimittelpaletten in der Praxis funktionieren? Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) sind deshalb an Securpharm herangetreten. Derzeit gibt es zwei Vorschläge, die auch die EU-Kommission sowie das Bundesgesundheitsministerium (BMG) für denkbar halten: Aggregierte Codes, in denen die individuellen Erkennungsmerkmale sämtlicher Packungen einer Palette in einem einzigen Code erfasst sind, und warenbegleitende Datenlieferungen, für die die Hersteller die Seriennummern aller Packungen unmittelbar vor dem Versand in einer Art elektronischem Lieferschein erfassen müssten.

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Was letztere Option betrifft, haben die Herstellerverbände BAH, BPI, Pro Generika und vfa – allesamt Mitglieder der Stakeholderorganisation Securpharm – gegenüber dem BMG schwere Bedenken angemeldet. Sie sehen nicht nur keine Rechtsgrundlage, warenbegleitende Datenlieferungen von den Herstellern zu verlangen. Sie warnen sogar: Mit diesem Ansatz werde die Verifikation von der physischen Packung getrennt. Damit werde das Risiko eröffnet, dass die auf dem Datensatz gespeicherten Daten von den gelieferten – aber im Einzelfall nicht mehr geprüften – Packungen abweichen. Fälschungen könnten also den Patienten erreichen, wenn nur die mitgelieferten Daten mit den vom Hersteller hochgeladenen Daten übereinstimmen. Die geplanten Stichproben-Prüfungen sind aus Sicht der Herstellerverbände nicht ausreichend. Sie sind überzeugt, dass hier wieder eine neue Sicherheitslücke geschaffen werde – und das auch noch zulasten der Hersteller.

Das BMG hält die Bedenken der Hersteller zwar grundsätzlich für nachvollziehbar, das System bei der Direktbelieferung vom Hersteller an Kliniken aber dennoch für vertretbar. Jedenfalls, solange es mit den Vorgaben der delegierten Verordnung vereinbar und technisch umsetzbar ist, auf freiwilliger Basis durchgeführt wird und sich keine unvertretbaren Sicherheitsrisiken ergeben, wie es in einem Brief des zuständigen BMG-Abteilungsleiters Thomas Müller an Securpharm heißt.

BVKA: Bereit für Pilotprojekte

Das wiederum erzürnt die Herstellerverbände erneut, von einem „Skandal“ war bereits die Rede. Nun hat sich auch der Bundesverband der klinik- und heimversorgenden Apotheker (BVKA) eingemischt. Er spricht von einer „verbandspolitisch motivierten Panikmache“. Es sei bereits seit dem Erlass der delegierten Verordnung im Jahr 2015 klar gewesen, dass im Krankenhaus die Prüfung der Sicherheitsmerkmale zeitlich nicht an die Abgabe an den Patienten  geknüpft sei und Großlieferungen vom Hersteller mit einer zusammenfassenden Prüfnummer versehen werden können, erklärt der BVKA-Vorsitzende Dr. Klaus Peterseim. Im Februar 2018 habe die EU-Kommission erneut darauf hingewiesen und aufgezeigt, dass die Hersteller einen solchen aggregierten Code auch „auf einem sicheren Weg“ an Krankenhausapotheken und krankenhausversorgende Apotheken übermitteln können, damit diese die Deaktivierung durchführen können, ohne die Packungen physisch scannen zu müssen. Jetzt gehe es darum, möglichst schnell die dafür erforderlichen technischen und organisatorischen Schnittstellen zu schaffen, um die Umsetzung zum Stichtag auch in der Krankenhausversorgung sicherzustellen.

Wenn die Industrieverbände jetzt beklagten, die Hersteller hätten sich darauf verlassen, keine Vorkehrungen für die Krankenhausversorgung treffen zu müssen, sollten sie die Schuld dafür nicht bei anderen suchen, sagt Peterseim. „Man kann nicht in einem Atemzug Wettbewerbsverzerrungen anprangern und sich dann praktikablen Branchenlösungen verweigern“. Es sei höchste Zeit, dass sich Arzneimittelhersteller, Apotheker und Krankenhäuser auf die besonderen Bedingungen der Krankenhausversorgung einstellen könnten, um am 9. Februar 2019 einen reibungslosen Übergang auf das Securpharm-System zu gewährleisten. Der BVKA unterstütze daher die Haltung des BMG und sei bereit, auf dieser Basis eng mit DKG, ADKA und Securpharm bei der Entwicklung entsprechender Pilotprojekte mit interessierten Herstellern zusammenzuarbeiten.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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