Bei deutschen Apotheken

Bestellportal bietet Patienten Rx-Boni und „E-Rezepte“ an

Berlin - 16.05.2018, 16:35 Uhr

(Abbild: vitabook.de)

(Abbild: vitabook.de)


Rund anderthalb Jahre nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung, gibt es nun auch auf dem deutschen Apothekenmarkt ein Unternehmen, das Rx-Boni gewährt. Das E-Health-Unternehmen „Vitabook“ (ehemals Ordermed) hat ein Konzept ausgeklügelt, bei dem die Patienten einen Bar-Bonus von 2,50 Euro kassieren, wenn sie ihre Folgerezepte über die Firma abwickeln. Gleichzeitig wirbt Vitabook für das E-Rezept – auch hier bewegt sich das Unternehmen auf rechtlichem Neuland.

Während sich der gesamte Apothekenmarkt seit Oktober 2016 darüber streitet, ob EU-Versender Rx-Boni anbieten dürfen und ob das Rx-Versandverbot die richtige Reaktion auf die Boni-Freiheit von DocMorris und Co. ist, hat ein deutsches E-Health-Unternehmen ein Arzneimittelversorgungs-Konzept entwickelt, das in den kommenden Monaten für eine Menge Gesprächsstoff sorgen dürfte. Die Firma Vitabook aus Hamburg wirbt auf ihrer Internetseite seit dem heutigen Mittwoch aggressiv für Rx-Boni „bis zu 15 Euro pro Rezept“ und für das E-Rezept. Vitabook war früher unter dem Namen „Ordermed“ bekannt und bietet Patienten schon seit Jahren einen Apotheken-Bestellservice an.

Wie aber kann ein Unternehmen, das noch nicht einmal eine Apotheke ist, GKV-Patienten Boni auf Arzneimittel-Verordnungen geben? Und wie ist es möglich, dass Vitabook-Kunden per E-Rezept ihre Arzneimittel beziehen? Schließlich ist die papierne Verordnung hierzulande noch obligatorisch, sie dient als Verordnung und wird auch zur Abrechnung bei den Krankenkassen benötigt. Vitabook hat auf diese Fragen mehrere Antworten gefunden, deren Rechtmäßigkeit zumindest angezweifelt werden dürfte.

So funktioniert das Konzept: Patienten, die regelmäßig Rx-Arzneimittel beziehen, müssen sich bei Vitabook registrieren und für ihre Mitgliedschaft monatlich eine Gebühr von knapp 2 Euro bezahlen. Benötigen sie ein Folgerezept, loggen sie sich in das Internetportal des Unternehmens ein und füllen in einer Maske aus, bei welcher Kasse sie versichert sind und welches Medikament sie von welchem Arzt benötigen. In der gleichen Maske füllen die Patienten aus, bei welcher Apotheke sie dieses Rezept einlösen wollen und ob sie das Arzneimittel nach Hause geliefert bekommen oder in der Apotheke abholen wollen.

Auf der Vitabook-Seite wird außerdem damit geworben, dass die Krankenkassen den Service finanzieren. Was steckt dahinter? Vitabook bietet seinen Kunden eine Gesundheitsakte an: Dort können Sie Arztbriefe und andere Gesundheitsdaten aus Kliniken, Pflegeheimen und Arztpraxen digital abspeichern. Laut SGB V ist es den Krankenkassen per Satzungsleistung erlaubt, solche Gesundheitsakten zu finanzieren. Laut Bönig gibt es derzeit 17 Krankenkassen, unter anderem die Techniker Krankenkasse, die diese Dienstleistung finanzieren. Aus den daraus eingenommenen Geldern finanziere man die jetzt angebotenen Rx-Boni, erklärt Bönig.

Wie funktioniert der Trick mit den Rx-Boni?

Hinter den Kulissen funktioniert der Bestell-Service so: Mit der ausgefüllten Online-Maske beauftragt der Patient zunächst seinen Arzt und dann seine Apotheke schriftlich und ganz offiziell, ein Folgerezept auszustellen und dieses dann zu beliefern. Vitabook benachrichtigt zunächst den Mediziner per Fax, dass Patient X ein bestimmtes Arzneimittel wünscht. Der Arzt stellt das Rezept aus und bewahrt es in seiner Praxis auf. Ebenfalls per Fax wird die gewünschte Apotheke benachrichtigt und beauftragt, das Rezept in der Praxis abzuholen. Nach Hause geliefert werden die Arzneimittel allerdings nur von den 521 „Partnerapotheken“, die laut Vitabook-Chef Markus Bönig bereits mit seiner Firma kooperieren. Bei allen anderen Apotheken müssen sich die Patienten das Arzneimittel in der Apotheke abholen.

So ähnlich hatte übrigens schon Ordermed den Bestellservice jahrelang betrieben. Eigenen Angaben zufolge hat Vitabook auf diese Weise schon mehr als 2,4 Millionen Rx-Packungen abgewickelt. In einer Testphase wurden laut Vitabook knapp 500 Apotheken, 8500 Ärzte sowie rund 600 Pflegedienste eingebunden.

Wie aber funktioniert der Trick mit den Rx-Boni? Vitabook gibt auf seiner Seite dazu an: „Für das digitale Anfordern des E-Rezepts gewährt das MedTech-Unternehmen vitabook darüber hinaus einen Bonus von 2,50 Euro je Rezeptposition – also insgesamt 15 Euro Bonus für die zulässigen sechs Positionen je Rezept.“ Klingt verboten. Aus Sicht von Vitabook-Chef Markus Bönig ist es das aber nicht. Denn: „Nicht wie DocMorris oder die Shop Apotheke geben wir den Bonus nicht für das Einlösen des Rezeptes bei der Apotheke. Bei uns erhält der Kunde seinen Bonus offiziell für den Arztkontakt, also für das Einreichen des Arzneimittel-Wunsches beim Arzt.“

Es ist nicht das erste Mal, dass Bönig den deutschen Apothekenmarkt aufmischt. Vor einigen Jahren, als Bönig mit einigen hundert Apotheken das Ordermed-Konzept startete, erntete er bereits heftige Kritik. Unter anderem arbeitete Ordermed damals mit der Linda-Apothekenkooperation und der Londoner Arztpraxis DrEd zusammen. Aus unbekannten Gründen wurde die Zusammenarbeit mit beiden Organisationen aber wieder aufgelöst.

2014 hatte Bönig dann aggressiv für die sogenannte Medikationskarte geworben: Eine Karte, auf der alle wichtigen, für die Arzneimittel-Versorgung relevanten Daten des Patienten gespeichert sind. Auch von diesem Projekt hat man in den vergangenen Jahren nicht mehr viel gehört. Ein Jahr zuvor hatte er das Projekt „KlickA“ gelauncht, bei dem Vor-Ort-Apotheken leichter und schneller an die Werbung von OTC-Herstellern herangeführt werden sollten.  



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

Rechtsstaat

von ratatoske am 20.05.2018 um 12:17 Uhr

Solche Dinge entstehen, da die Geier richen können, daß in Deutschland nicht wirklich mehr ein Rechtsstaat in diesem Bereiche herrscht !
Die große Klatsche ist dann nur für Apothekenr reseviert, die evt. mal die Pille schon mal vorab im Notfall abgeben etc.
In D hält sich nur mehr der Dumme an Gesetze, die großen biegen es oder gehen über ausländische Wege, da solche Dinge auch wenn fürs Inland illegal von deutschen Behörden nicht mehr verfolgt werden, würde ja Arbeit machen, oder die Politik und Vorgesetzte machen deutlich, daß man nichts tun solle, da politisch eher so gewollt. Nach ein paar Jahren heißt es dann, jetzt kann man nichts mehr machen.

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Ach, der ...

von gabriela aures am 16.05.2018 um 21:54 Uhr

...Meister der gescheiterten „Geldbeschaffungsideen in eigener Sache“ hat mal wieder ein Geschäftmodell ?

na dann.....(aber daß die doch geschätzte, rechtschaffene und seriöse DAZ darauf anspringt.... Herr Rohrer, Herr Rohrer...das beunruhigt mich jetzt viel mehr als Herr Bönigs neue Masche....)

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Boni und E-Rezepte?

von Heiko Barz am 16.05.2018 um 19:52 Uhr

So werden einfach mal Fakten geschaffen. Wo bleibt bei diesen Geldgeiern eigentlich noch das Minimum einer pharmazeutischen Moral? Arme Patienten kann ich dazu nur sagen!

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