Pollensaison

Rezeptfrei gegen Heuschnupfen – was geht bei Kindern?

Stuttgart - 23.04.2018, 17:30 Uhr

Welche antiallergischen Arzneimittel eignen sich für Kinder? (Foto: underdogstudios / stock.adobe.com)

Welche antiallergischen Arzneimittel eignen sich für Kinder? (Foto: underdogstudios / stock.adobe.com)


Bei Heuschnupfen steigt das Erkrankungsrisiko mit dem Alter. Dennoch sind auch Kinder betroffen. Hier stellt sich wie bei allen Erkrankungen im Kindesalter die Frage: Welche Mittel sind eigentlich zugelassen? Die gute Nachricht ist, beim Heuschnupfen ist das eine ganze Reihe. Viele sind sogar rezeptfrei in der Apotheke zu haben.

Laut Berufsverband der Kinder und Jugendärzte leidet etwa jedes elfte Kind unter einer Pollenallergie, wobei Jungen etwas häufiger betroffen sind als Mädchen, und das Erkrankungsrisiko mit zunehmenden Alter steigt: Unter den 3- bis 6-Jährigen sind knapp 5 Prozent der Kinder betroffen, bei den 7- bis 10-Jährigen bereits 10,5 Prozent und bei 14- bis 17-Jährigen 18,4 Prozent. Bei etwa einem Fünftel bleibt es nicht beim Heuschnupfen, sondern es entwickelt sich ein allergisches Asthma.

Die Diagnose Heuschnupfen lässt sich leicht anhand der klinischen Symptome stellen. Das Beschwerdebild ist typisch: Die Betroffenen müssen häufig niesen. Die Nase läuft oder ist verschnupft, oft sind gleichzeitig die Augen gerötet, tränen und jucken. Dazu kommt häufig Abgeschlagenheit. Die Verdachtsdiagnose Heuschnupfen bedarf bei Kindern (und eigentlich auch bei Erwachsenen) einer ärztlichen Abklärung. Dies sollte man auch bei Eltern und Jugendlichen abfragen, die in der Apotheke OTC-Heuschnupfenmittel verlangen.

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Allergenkarenz

Bei allergischen Erkrankungen wird auch bei Kindern als kausale Option eine Allergenkarenz empfohlen, jedoch ist es nahezu unmöglich, den Allergenen während der Pollensaison zu „entkommen“. Dennoch lässt sich ihre Konzentration im Leben durch geeignete Maßnahmen reduzieren. Beispielsweise indem Pollenallergiker ihre Tagesbekleidung möglichst weit entfernt von Wohn- oder Schlafräumen ablegen. Auf dem Land ist die Pollenkonzentration am Morgen am höchsten, in der Stadt am Abend. In dieser Zeit sollten daher Türen und Fenster geschlossen bleiben. Bei besonders starkem Pollenflug sollten vor dem Schlafengehen die Haare gewaschen werden. Bei Hausstaubmilbenallergie empfehlen sich milbendichte Bezüge (Encasings). Beim Kauf eines Staubsaugers sollte auf ein hohes Staubrückhaltevermögen geachtet werden, auch können spezielle Feinstaubfilter verwendet werden, die aber sehr regelmäßig – spätestens nach einem Monat – gewechselt werden müssen.

Bei leichter Allergie: Lokaltherapie

Bei Kindern bis zu zwölf Jahren (Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis 18 Jahren) sind auch nicht-rezeptpflichtige Arzneimittel erstattungsfähig. Viele Eltern und Jugendliche besorgen sich aber aus Bequemlichkeit oder aufgrund von Zeitmangel die Präparate nach initialer ärztlicher Verordnung selbst in der Apotheke. Rx-Präparate können natürlich auch für ältere Kinder und Erwachsene verschrieben werden.

Zur Behandlung allergischer Erkrankungen gibt es eine ganze Reihe von Arzneimitteln, die eine pädiatrische Zulassung haben. Bei leichten Beschwerden reicht oft eine lokale Anwendung mithilfe eines Nasensprays oder von Augentropfen. Zudem kann versucht werden, ob mittels Nasenspülungen und -tropfen mit Kochsalzlösung eine Symptomlinderung möglich ist.

Augentropfen und Nasensprays

Keinerlei Altersbeschränkung gibt es beim Mastzellstabilisator Cromoglicinsäure. Er hat allerdings den Nachteil, dass er bei akuten Beschwerden ungeeignet ist – bis zum Wirkeintritt vergehen etwa zwei Wochen. Vorteil ist die gute Verträglichkeit. Der Wirkstoff ist als Nasenspray und Augentropfen verfügbar – auch konservierungsmittelfrei.

  • Nasenspray ohne Konservierungsmittel: Cromohexal® sanft Nasenspray, Cromoglicin hysan® Nasenspray
  • Nasenspray mit Benzalkoniumchlorid: Cromo Nasenspray 1A Pharma®
  • Augentropfen ohne Konservierungsmittel: Allergo® Comod Augentropfen
  • Einzeldosierte Augentropfen: Cromo Stulln® UD, Cromophtal® sine EDO Augentropfen, Dispacromil® sine EDP, Vividrin® Iso EDO
  • Augentropfen mit Benzalkoniumchlorid: Cromohexal®, Dispacromil®

Den zweiten Mastzellstabilisator, Lodoxamid, gibt es nur als Augentropfen. Zugelassen sind sowohl die konservierungsmittelhaltige (Alomide®) als auch die konservierungsmittelfreie Variante (Alomide® SE) ab einem Alter von vier Jahren.

Ergänzung 24.4.: Alomide ist allerdings seit Herbst  2017 außer Handel. Somit ist Cromoglicinsäure der letzte verbleibende Mastzellstabilisator. 

Auch lokale Antihistaminika können bereits bei Kindern eingesetzt werden: Levocabastin-haltiges Nasenpray (Livocab®) ist bereits ab einem Jahr zugelassen, ebenso die Augentropfen. Azelastin kann ab vier Jahren angewendet werden. Auch hier sind Nasenspray (Allergodil® akut, Vividrin® akut und Azelastin hysan Nasenspray) und Augentropfen (Allergodil® akut, Vividrin® akut und Azela-Vision® MD sine) verfügbar. Ketotifen gibt es nur als Augentropfen (ohne Konservierungsmittel: Azela-Vision® MD sine, Ketotifen Stulln® UD, Zaditen ophta® sine, Zaleg ophta® sine; mit Benzalkoniumchlorid: Zaditen ophta®.) Zugelassen ist der Wirkstoff ab einem Alter von drei Jahren.

Mometason nicht unter 18 Jahren

Nasale Glucocorticoide erachtet der Berufsverband der Kinder und Jugendärzte in schweren Fällen als angebracht. Sie sind daher ein Fall für eine ärztliche Verordnung. Zumal bei den OTC-Präparaten nur für Rhinivict® nasal 0,05 mg Nasendosierspray keine Kontraindikation für unter 18-Jährige besteht – das Beclometason-Spray kann ab zwölf eingesetzt werden. Verschreibungspflichtige nasale Glucocorticoide sind hingegen für die Pädiatrie zugelassen, zum Beispiel Nasonex® ab drei Jahren.

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Ist die Nasenatmung stark behindert können auch bei Kindern abschwellende Nasensprays in altersgerechter Dosierung zum Einsatz kommen. Hier muss in der Beratung unbedingt der Hinweis erfolgen, dass sie nicht länger als eine Woche angewendet werden dürfen.

Wenn antiallergische Augentropfen und Nasensprays nicht genügen

Lassen sich die Symptome mit lokal anzuwendenden Arzneimitteln nicht zufriedenstellend lindern, stehen Antihistaminika auch in kindgerechter Darreichungsform zur Verfügung. Auch hier sind die neueren Antihistaminika Mittel der ersten Wahl. Falls sie Müdigkeit verursachen, soll die Einnahme abends erfolgen. Während Nasensprays und Augentropfen auch nur bei Bedarf angewendet werden können, sollten Tropfen, Säfte oder Tabletten kontinuierlich nach Anweisung des Arztes eingenommen werden.

Loratadin und Cetirizin

Loratadin kann ab einem Alter von zwei Jahren eingesetzt werden, ist allerdings nur in Tablettenform verfügbar. Kinder unter 30 kg nehmen eine halbe Tablette täglich – also 5 mg Loratadin. Achtung: Nicht alle Präparate sind teilbar. Ab 30 kg Körpergewicht bekommen Kinder ebenso wie Erwachsenen die Standarddosis von 10 mg. Um das Schlucken zu erleichtern können die Tabletten, wenn möglich, geteilt oder zerkleinert werden. Alternativ wäre ab sechs Jahren die verschreibungspflichtige Loratadin-Variante Desloratadin eine Option. Sie ist als Schmelztablette erhältlich (Aerius®).

Cetirizin hingegen ist auch als Saft oder Tropfen erhältlich. Auch hier besteht eine Zulassung ab zwei Jahren. Kinder ab zwei Jahren erhalten 2 x 2,5 mg Cetirizin täglich. Für sechs bis zwölf-Jährige beträgt die empfohlene Dosis 2 x 5 mg täglich, Jugendliche ab zwölf Jahren erhalten dann 10 mg als Einmalgabe. Auch die verschreibungspflichtige Enantiomeren-reine Variante (Levocetirizin; Xusal®) ist als Saft und Tropfen zu haben.

Dimetinden in Fenistil: stark sedierend

Antihistaminika der 1. Generation wie Dimetindenmaleat haben zwar Zulassungen für Kinder (Fenistil Tropfen bei allergischem Schnupfen ab sechs Jahren), spielen aber bei der Behandlung der saisonalen allergischen Rhinitis keine Rolle – vor allem wegen ihrer stark sedierenden Wirkung.

Führen medikamentöse Maßnahmen nicht zu einer akzeptablen Symptomlinderung, sollten Betroffene auf die Möglichkeit der spezifischen Immuntherapie (SIT) verwiesen werden. Das funktioniert allerdings nur, wenn der Betroffene nur auf wenige Pollen-Arten allergisch reagiert.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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3 Kommentare

Alomide ist a.H

von Julia Borsch / DAZ.online am 24.04.2018 um 18:56 Uhr

Danke für den Hinweis. Wird ergänzt.
Grüße
Julia Borsch

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Es muss nicht Apotheke sein.

von Peter Becker am 24.04.2018 um 10:46 Uhr

Oft hilft auch Honig aus der eigenen Region. Die darin enthaltenen Pollen (darum muss er aus der Region sein) werden im Darm vom Immunsystem kennengelernt, das sie dann u.a. als harmlose Bekannte betrachtet. Sozusagen eine Schluckimpfung.

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Alomide ist a.H.

von Alexander Schäfer am 23.04.2018 um 23:01 Uhr

Zur ergänzenden Aktukalisierung des Artikels:
Alomide (Lodoxamid) ist seit Herbst letzten Jahres a.H. - somit Cromoglicin der einzig verfügbare Mastzellstabilisator.

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