Arbeitsgemeinschaft PareZu gegründet

Neue Plattform für Zyto-Apotheker

Berlin - 12.04.2018, 17:05 Uhr

Sie wollen für eine Neuordnung im Bereich der parenteralen Zubereitungen sorgen: Die Apotheker, die sich diese Woche zur ARGE Parezu zusammengefunden haben. (Foto: Stadler)

Sie wollen für eine Neuordnung im Bereich der parenteralen Zubereitungen sorgen: Die Apotheker, die sich diese Woche zur ARGE Parezu zusammengefunden haben. (Foto: Stadler)


Der Schiedsspruch zur Hilfstaxe hat die Zytostatika-herstellenden Apotheken in der Republik erschüttert. In Bayern haben sich nun einige von ihnen zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengetan und eine Resolution verabschiedet. Dabei verstehen sich die Apotheker ausdrücklich nicht als Konkurrenz zu dem Verbänden DAV und VZA, sondern als Unterstützer.

Am gestrigen Dienstag trafen sich gut 20 Apothekerinnen und Apotheker aus Bayern in der Nähe von Ingolstadt. Was sie verbindet: Sie alle verfügen über ein Reinraumlabor. Insgesamt haben in Bayern schätzungsweise 40 Apotheken ein solches Labor, in dem sie parenterale Zubereitungen fertigen können. Das zentrale Thema des Treffens war, wie diese Apotheken unter den Bedingungen des Schiedsspruches zur Hilfstaxe weiterhin eine qualitativ hochwertige Versorgung der Patienten sicherstellen können. Denn die Ende Januar beschlossenen Regelungen haben die betroffenen Apotheker massiv erschüttert. Der Deutsche Apothekerverband (DAV) hat mit Unterstützung des Verbands Zytostatika herstellender Apothekerinnen und Apotheker (VZA) Klage gegen den Beschluss der Schiedsstelle erhoben – und zugleich beantragt, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage herzustellen.

Die Initiative für das Treffen in Bayern hatten Dr. Thomas Wellenhofer, Apotheker aus Freilassing, und Dr. Franz Stadler, Apotheker aus Erding, ergriffen. Sie wollten diejenigen zusammenbringen, die „die Arbeit vor Ort leisten, aber kein Sprachrohr haben“, wie Stadler gegenüber DAZ.online erklärt. Entstanden ist die „Arbeitsgemeinschaft parenterale Zubereitungen“ (ARGE PareZu). Dabei handelt es sich um keinen Verband oder Verein, wie Stadler betont. Ziel sei, eine Plattform zu schaffen, um gemeinsame Projekte durchzuführen und auf diese Weise, die Arbeit des VZA und des DAV zu unterstützen.

Nach einer intensiven und teilweise kontrovers geführten Diskussion haben 75 Prozent der anwesenden Apotheken als Startschuss der ARGE PareZu eine Resolution verabschiedet. Ihr Ziel ist, im Interesse der Patienten klare Positionen für eine dezentrale, wohnortnahe Versorgung zu beziehen und öffentlich deren Umsetzung zu fordern. Die Apotheken, die sich der Resolution angeschlossen haben, sind überzeugt, dass nur diese Versorgungsart die gesetzlichen Rahmenbedingungen und die Anforderungen hinsichtlich Haltbarkeiten und Transport der Wirkstoffe einhalten sowie die unabdingbare adhoc-Herstellung gewährleisten kann.

Die Resolution im Wortlaut

Für eine zukunftssichere, flächendeckende ambulante Patientenversorgung mit parenteralen Zubereitungen

Wir sind eine freiwillige Arbeitsgemeinschaft von Apotheken, die sich im Bereich der parenteralen Zubereitungen engagieren und die überfällige Neuordnung dieses Bereiches unterstützen möchten (ARGE PareZu).

Unsere gemeinsamen Grundlagen sind:

  1. Im Interesse der zu versorgenden schwerkranken Menschen steht die Einhaltung valider pharmazeutischer Rahmenbedingungen absolut im Vordergrund.

  2. Wir streben daher möglichst kurze Zeitintervalle zwischen Herstellung und Anwendung der zubereiteten Infusionen und möglichst kurze Transportwege zu den zu versorgenden Praxen und Patienten an (praxisnahe Adhoc-Versorgung).

  3. Es gelten ausschließlich die Angaben der aktuellen Fachinformationen. Die Pharmazeutischen Unternehmen haften so für Wirksamkeit und Unbedenklichkeit ihrer Wirkstoffe.

  4. Wir haben bei Einkauf und Herstellung nichts zu verbergen und stehen für Transparenz.

  5. Wir erwarten für unsere Leistung eine angemessene Honorierung.

  6. Wir lehnen jede Form von Korruption ab.

Wir fordern:

  1. Qualität und Risiko müssen fair entlohnt werden. Eine Neuordnung der momentanen Hilfstaxe Anlage 3 ist daher zwingend.

  2. Die Arzneimittelsicherheit hat absoluten Vorrang. Wirtschaftliche Überlegungen dürfen nicht zu Qualitätseinbußen führen.

  3. Der geltende Schiedsspruch zur Hilfstaxe Anlage 3 ist zu kündigen. Er enthält gravierende inhaltliche Fehler und muss korrigiert werden. Besonders die rückwirkende Gültigkeit (ab 01.11.2017!), die ein unkalkulierbares finanzielles Risiko darstellt, und die pauschale Rabattierung von Originalia - Rabatte, die nicht zu erzielen sind und die indirekt zu Qualitätseinbußen führen werden - sind abzulehnen.

  4. Transparenz muss für alle Beteiligten gleichermaßen gelten. Wir fordern deshalb die unabhängige Überprüfung aller Verträge mit Krankenkassen im parenteralen Bereich und deren Berechnungsgrundlagen.

  5. Die vorhandenen Sicherheitslücken zwischen Herstellung und Anwendung parenteraler Zubereitungen müssen geschlossen werden.

  6. Transportwege sind offenzulegen.

  7. MVZ-Strukturen sind hinsichtlich ihres internen Geldflusses zu überprüfen (verdeckte Korruption).

  8. Dazu sind, falls nötig, unabhängige Prüfstellen (Clearingstellen) zu schaffen, die tatsächlich diesen Aufgaben nachgehen.

  9. Diese spezialisierten Clearingstellen (länderübergreifend?) sollten über genügend Sachkenntnis verfügen, um Schiedsverfahren (außergerichtlich) zwischen den Beteiligten innerhalb von maximal einem Jahr zu entscheiden.

  10. Der Zwischenhandel mit zubereiteten Infusionen ist einzudämmen. Er stellt ein unkalkulierbares Qualitätsrisiko dar und fördert die Intransparenz des Gesamtsystems. Nur Apotheken, die über ein Reinraumlabor verfügen, sollen parenterale Zubereitungen abrechnen dürfen.

  11. §11 Abs. 2 ApoG ist zu ändern. Alle parenteralen Zubereitungen (und nicht nur anwendungsfertige Zytostatikazubereitungen) sind aus Gründen der Arzneimittelsicherheit vom Zuweisungsverbot auszunehmen.

Jede Apotheke mit Reinraum kann mitmachen

Die beiden Initiatoren wollen sich nicht auf Bayern beschränken. Sie laden alle Apotheken, die über einen Reinraum verfügen und der Resolution zustimmen wollen, ein, sich anzuschließen und sich bei ihnen zu melden. „Nur wenn wir, die tatsächlich wohnortnah versorgenden Apotheken, gemeinsam unsere Forderungen formulieren, kann entsprechend gehandelt werden!“, heißt es in einer Mitteilung der neu gegründeten ARGE.

Interessierte können sich melden bei
Dr. Thomas Wellenhofer (info@bahnhofsapotheke.de) oder
Dr. Franz Stadler (Dr.Stadler@Sempt-Apotheke.de).



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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