Dänemark

Apothekenzahl steigt um 45 Prozent in drei Jahren

Berlin - 08.03.2018, 14:15 Uhr

Die Zahl der dänischen Apotheken hat nach einer Teil-Deregulierung in den vergangenen Jahren drastisch zugenommen, die neuen Standorte sind allerdings fast ausschließlich in oder um Städte herum. (Foto: bro / DAZ.online)

Die Zahl der dänischen Apotheken hat nach einer Teil-Deregulierung in den vergangenen Jahren drastisch zugenommen, die neuen Standorte sind allerdings fast ausschließlich in oder um Städte herum. (Foto: bro / DAZ.online)


Die teilweise Deregulierung des dänischen Apothekenmarktes vor etwa drei Jahren hat zu einem sprunghaften Anstieg der Apothekenzahl geführt. Zwischen 2015 und Ende 2017 ist die Zahl um 45 Prozent gestiegen, es gibt nun 141 Apotheken mehr bei unseren Nachbarn. Laut Apothekerverband haben sich dadurch auch die Wartezeiten verkürzt. Spannend ist auch, dass OTC-Präparate, die außerhalb der Apotheke verkauft werden, immer teurer geworden sind.

Vor dem „Apotheken-Modernisierungsgesetz“ hatte es in Dänemark einen jahrelangen Kampf zwischen den Apothekern und der Drogeriekette Matas gegeben. Matas lobbyierte dafür, dass mehr Arzneimittel in Drogerien abgegeben werden dürfen, auch das Fremd- und Mehrbesitzverbot stand in Dänemark bereits mehrfach auf der politischen Agenda. 2015 verabschiedete das Parlament dann aber ein für die Apotheker relativ moderates Gesetz, dass zwar das Fremdbesitzverbot beibehielt, aber das Mehrbesitzverbot lockerte: Apothekern in Dänemark ist es nun erlaubt bis zu sieben Filialen zu betreiben, vorher waren es vier.

Die Filialen dürfen maximal 75 Kilometer von der Hauptapotheke entfernt sein. Die Entfernung wird allerdings per Lineal auf der Landkarte gemessen. Es kann also dazu kommen, dass der Besitzer zwischen zwei Filialen Strecken von weit mehr als 150 Kilometern zurücklegen muss. In dem Gesetz wurde auch verankert, dass nicht in allen Filialen immer ein Apotheker anwesend sein muss. Nur in jedem dritten Betrieb des Verbundes muss ein Pharmazeut vor Ort sein.

Sieben statt vier Filialen - auch ohne Apotheker

Was die Apothekendichte und die Apothekenzahl betrifft, hat Dänemark im Europa-Vergleich großes Aufholpotenzial: Weil an die Neueröffnung von Apotheken bislang mehrere Bedingungen geknüpft waren – unter anderem gibt es nach wie vor eine Konzession des Gesundheitsministeriums – ist Dänemark in Europa mit Blick auf die Apothekendichte dauerhaftes Schlusslicht. Im Jahr 2014 kamen auf 100.000 Einwohner rund sechs Apotheken. Oder anders gesagt: In Deutschland kommen auf eine Apotheke rund 3.800 Einwohner, in Dänemark sind es mehr als 17.000 Menschen. In absoluten Zahlen bedeutet das, dass es in Dänemark bis vor dem Modernisierungsgesetz etwa 220 Hauptapotheken gab, zu denen 60 Filialapotheken kamen. Seit Jahren schon dürfen einige OTC-Medikamente auch außerhalb von Apotheken abgegeben werden. Solche Verkaufsstellen gibt es unter anderem in Tankstellen, Supermärkten und Drogerien.

Zumindest an der Apothekenzahl und –dichte hat sich inzwischen aber einiges geändert: Schon im ersten Jahr nach dem Modernisierungsgesetz, also bis Mai 2016, gab es 84 neue Standorte. Bis Ende 2017 ist die Zahl der neu eröffneten Apotheken sogar um 141 gestiegen, das entspricht einem Anstieg von 45 Prozent. (s. Grafik unten)


Quelle: Dänischer Apothekerverband

Neue Apotheken fast ausschließlich in Städten

Ein Blick auf Daten des Apothekerverbandes zeigt allerdings, dass die neuen Apotheken hauptsächlich in den städtischen Ballungsgebieten eröffnet wurden. Insbesondere rund um und in den Städten Kopenhagen, Aarhus oder Kolding wurden sehr viele neue Apotheken eröffnet. (s. Karte unten) Im gering besiedelten Norden gibt es nur sehr vereinzelte Neueröffnungen.

Quelle: Dänischer Apothekerverband
Verteilung der Apotheken im Land. Grüne Punkte sind Apotheken, die es schon vor dem Modernisierungsgesetz gab, die roten Punkte zeigen die Neueröffnungen.

Spannend ist hier auch der Skandinavien-Vergleich: Denn obwohl in Norwegen (2001) und in Schweden (2009) im Gegensatz zu Dänemark auch das Fremdbesitzverbot aufgehoben wurde, ist die Apothekenzahl bei unseren Nachbarn stärker angestiegen (s. Grafik unten). Etwa 2,5 Jahre nach der Deregulierung und Zerschlagung der staatlichen Apothekenkette gab es in Schweden 34 Prozent mehr Apotheken, im gleichen Zeitraum waren es in Norwegen etwa 30 Prozent mehr. Übrigens: Auch in Schweden wurden die neu hinzu gekommenen, von den Kettenkonzernen gegründeten Apotheken fast ausschließlich in oder rund um Städte aufgebaut.

Quelle: Dänischer Apothekerverband

Mit dem Gesetz wurden auch die starren Vorgaben für die Öffnungszeiten der Apotheker dereguliert. Laut Apothekerverband ist es nun so, dass es mehr als 100 Apotheken gibt, also etwa ein Viertel des Marktes, die nach der ursprünglichen Schließzeit (17.30 Uhr) geöffnet haben. Zudem gibt es nun auch 41 Apotheken, die sonntags ihre Pforten öffnen. Durch die gestiegene Apothekenzahl und die längeren Öffnungszeiten hat sich die durchschnittliche Wartezeit von Apotheken-Kunden in Dänemark auf 2 Minuten und 3 Sekunden reduziert, so niedrig soll die Wartezeit noch nie gewesen sein.

Erwähnenswert ist auch ein Blick auf die Entwicklung der Arzneimittelpreise in Dänemark. Während die Preise der apothekenpflichtigen Arzneimittel (Rx und OTC) nach 2000 stetig gesunken sind, haben die Preise der OTC-Medikamente, die außerhalb der Apotheke verkauft werden, stark zugelegt. So sind die Preise der Apotheken-Produkte laut Apothekerverband um etwa die Hälfte gesunken seit 2000. Die „liberalisierten“ Arzneimittel gehen im Schnitt für 27 Prozent mehr über den Ladentisch. Die sinkenden Apotheken-Preise erklärt sich der Verband mit einer zunehmenden Generika-Quote, sinkenden Generika-Preisen sowie der Pflicht der Apotheker, immer die günstigste Variante abzugeben. (s. Grafik unten)

Quelle: Dänischer Apothekerverband


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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