Große Koalition

Das sind die Reaktionen auf das Rx-Versandverbot im Koalitionsvertrag

Berlin - 08.02.2018, 07:00 Uhr

(Foto: DAZ.online)

(Foto: DAZ.online)


Huml (CSU) und Gabelmann (Linke) begrüßen Rx-Versandverbot

Melanie Huml (CSU), bayerische Gesundheitsministerin: „Wir haben uns auch mit der Forderung nach einem Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln  durchgesetzt. Gerade in einem Flächenstaat wie Bayern brauchen die Patientinnen und Patienten den Apotheker als direkten Ansprechpartner vor Ort. Das Verbot soll verhindern, dass ausländische Versandapotheken die Versorgung von chronisch Kranken und den Verkauf hochpreisiger Arzneimittel an sich ziehen, weil dadurch viele unserer Apotheken ihre wirtschaftliche Grundlage verlieren könnten.“

Sylvia Gabelmann, Apothekenexpertin bei der Linksfraktion im Bundestag: „Wir werden sehr aufmerksam verfolgen, wie ernsthaft und schnell der im Koalitionsvertrag vereinbarte 'Einsatz für Verbot des Versandhandels mit  verschreibungspflichtigen Arzneimitteln' aussehen wird.  Wir waren nach dem EuGH-Urteil die ersten, die ein Versandhandelsverbot gefordert haben. Deshalb würde die Regierung selbstverständlich unsere Unterstützung erhalten, wenn sie tatsächlich für ein Verbot sorgt. Aber nachdem sich neben den Grünen und der FDP auch die SPD bislang mit Händen und Füßen dagegen gewehrt hat, sehe ich das noch nicht in trockenen Tüchern. Die juristischen Bedenken, die von Befürwortern des Versandhandels immer ins Feld geführt wurden, teile ich nicht.“

Mehr zum Thema

Sylvia Gabelmann (Die Linke)

Die einzige Apothekerin im neuen Bundestag

Kordula Schulz-Asche, Arzneimittelexpertin der Grünen-Fraktion im Bundestag: „Die Patientenversorgung wird durch ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln nicht gebessert. Im Gegenteil: Für immobile, alte, chronische Patientinnen und Patienten wird die Versorgung verschlechtert. Die Hoffnung, dass durch das Verbot des Rx-Versandhandels, der nach 13 Jahren nach wie vor nur etwa 1% des Gesamtmarktes ausmacht, die Apotheke vor Ort gestärkt würde, ist naiv. Man versäumt es, Maßnahmen zu beschließen, die die Arzneimittelversorgung der Menschen dort sicherstellen, wo schon heute Apotheken ums Überleben kämpfen, beispielsweise in ländlichen und strukturschwachen Regionen. Wir, und vermutlich auch die Koalitionäre selbst, gehen davon aus, dass dieses Verbot vor Gerichten landen wird. Für die Versandapotheken selbst bedeutet das weitere Verunsicherung und den Patienten und der Apotheke vor Ort ist in keinster Weise geholfen.“

Bundesverband der Arzneimittelhersteller: „Die zwischen CDU/CSU und SPD getroffene Koalitionsvereinbarung enthält kaum konkrete Lösungsansätze, um die Arzneimittelversorgung auch in Zukunft zu sichern. ‚Während die Koalitionsvereinbarung für viele Bereiche konkrete Maßnahmen enthält, bleibt die Sicherung der Arzneimittelversorgung im Hinblick auf die großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit – den demografischen Wandel und die Urbanisierung zu Lasten ländlicher Regionen – im Vagen‘, kommentiert Dr. Hermann Kortland, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des BAH, das Ergebnis der Verhandlungen.

Um dem demografischen Wandel zu begegnen, wären zum Beispiel die Aufhebung des Preismoratoriums und eine Reform des Festbetragssystems erste wichtige Schritte. ‚Insbesondere altersgerechte Darreichungsformen werden in einer älter werdenden Bevölkerung immer wichtiger. Das Preismoratorium sowie das Festbetragssystem bremsen solche patientenrelevanten Weiterentwicklungen von Arzneimitteln aber aus. Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) verfügt mittlerweile über rekordverdächtige Rücklagen. Da wirken innovationsfeindliche Zwangsmaßnahmen anachronistisch‘, ergänzt Kortland.

Bezüglich der Sicherung der Arzneimittelversorgung in ländlichen Regionen wird ein Lösungsansatz zumindest in Erwägung gezogen. Kortland: ‚Wir begrüßen, dass die Sicherstellung der flächendeckenden und wohnortnahen Arzneimittelversorgung in der Koalitionsvereinbarung eine Rolle spielt. Das Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel ist eine sinnvolle Maßnahme, um dem Wettbewerbsnachteil gerade der Vor-Ort-Apotheken auf dem Land gegenüber ausländischen Versandapotheken zeitnah und wirksam zu begegnen.‘

Dass der Pharmadialog fortgesetzt werden soll, ist grundsätzlich positiv zu bewerten. Denn nur in ressortübergreifenden Gesprächen lässt sich ein gemeinsames Verständnis dafür schaffen, wie eine Arzneimittelversorgung der Zukunft gestaltet werden kann. ‚Ein fortgesetzter Pharmadialog muss in der Politik zur Bereitschaft führen, die Arzneimittelversorgung wirklich nachhaltig sichern zu wollen. Er darf nicht in innovationsfeindliche Maßnahmen zur Kostendämpfung münden‘, sagt Kortland.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


9 Kommentare

Tja, die Botschaft hör ich wohl -

von Alfons Neumann am 09.02.2018 um 2:03 Uhr

Allein die konkreten (und zügigen) Taten der Neu-GroKo sind nun das Entscheidende. Allgemeines Politik-Geseiere, wie unverzichtbar die Apotheken vor Ort sind, wurde mittlerweile lang genug abgesondert ...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Gegen den Verbraucher für die Apothekenlobby...

von Marc-Andre Schneider am 08.02.2018 um 11:42 Uhr

https://fitter-pc.de/rx-versandverbot/

» Auf diesen Kommentar antworten | 5 Antworten

AW: Gegen den Verbraucher für die

von Pharmi am 08.02.2018 um 14:05 Uhr

Dort wo angeblich der Versand so mega wichtig sein soll, ist der RX Anteil nur geringfügig gestiegen. Stark gestiegen ist der Anteil vor allem in den Städten, wo definitiv keine Versorgungsnot herrscht. Folglich geht es vermutlich nur um die Boni, die einigen Verbrauchern wichtig sind. Boni, die laut den Rahmenverträgen, in die sich die 2 ausländischen Versender eingeklagt haben um abrechnen zu können, nicht erlaubt sind.
Vor dem Urteil war der Anteil von RX tendenziell abnehmend, also nicht im Interesse der Verbraucher... und bei einem Abteil von knapp 1% scheint das Interesse nach wie vor nicht hoch zu sein. Vielleicht auch weil die meisten Rezepte sofort benötigt werden und nicht irgendwann...

AW: Gegen den Verbraucher für die

von Pharmi am 08.02.2018 um 14:20 Uhr

Wo genau wird der Verbraucher denn Benachteiligt? Benachteiligt wird er, wenn die Versandlobby, die zum größten Teil im Ausland beheimatet ist, ihre Anteile so weit erhöht, dass eine flächendeckende Versorgung nicht mehr gewährleistet werden kann... Dann wird der Aufschrei groß sein, aber dann ist es zu spät...

AW: Gegen den Verbraucher für die

von Christian Springob am 08.02.2018 um 19:28 Uhr

Die Argumentation ist schon haarsträubend.
Versandapotheken sind keineswegs durch einen Versorgungsnotstand entstanden, geschweige denn, das der RX-Versand, der seit 2004 offiziell erlaubt ist, damals wie heute notwendig ist.
Aus der Erfahrung heraus, ich selbst betreibe auch Versandhandel, werden verschreibungspflichtige Arzneimittel per Rezept mit zu einem Angebot bestellt, damit dieses versandkostenfrei geliefert werden kann. Verschreibungspflichtige Arzneimittel werden folglich sehr selten alleine geordert. Daraus kann man sehr wohl schließen, dass der Versand von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln nicht notwendig ist.
Auch hier Logik ist interessant: Da wo kein Arzt, da keine Apotheke. Sicherlich häufig richtig. Aber da wo ein Arzt, da auch eine Apotheke. Ergo: Wenn ein Patient zum Arzt geht, findet er auch im nahen Umkreis eine Apotheke. Es gibt sicherlich nur verschwindend wenige Gegenden in Deutschland, in denen die Apothekendichte tatsächlich so gering ist, dass Entfernungen von 30-40km zur nächsten Apotheke der Fall sind. Vielleicht nennen Sie mal ein Beispiel... Ich kenne gerade keines.
RX-Versandhandel hat außerdem rein gar nicht mit Digitalisierung zu tun. Das sollten Sie als IT ´ler wissen. Die Apothekerschaft verschließt sich im Übrigen auch nicht der Digitalisierung oder dem Fortschritt. Die Apotheken sind, was die IT-Technik angeht, sicherlich der mit am fortschrittlichste Berufszweig im Gesundheitswesen seit vielen Jahren. Vielleicht schauen Sie sich mal Ihre Apotheke vor Ort an und lassen sich zeigen, wie digital bereits deutsche Apotheke sind. Dann wird Ihr Blick ein anderer sein. Dankeschön für Ihr Ohr!

AW: Gegen den Verbraucher für die

von Christian Springob am 08.02.2018 um 19:33 Uhr

Die Argumentation ist schon haarsträubend.
Versandapotheken sind keineswegs durch einen Versorgungsnotstand entstanden, geschweige denn, das der RX-Versand, der seit 2004 offiziell erlaubt ist, damals wie heute notwendig ist.
Aus der Erfahrung heraus, ich selbst betreibe auch Versandhandel, werden verschreibungspflichtige Arzneimittel per Rezept mit zu einem Angebot bestellt, damit dieses versandkostenfrei geliefert werden kann. Verschreibungspflichtige Arzneimittel werden folglich sehr selten alleine geordert. Daraus kann man sehr wohl schließen, dass der Versand von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln nicht notwendig ist.
Auch ihre Logik ist interessant: Da wo kein Arzt, da keine Apotheke. Sicherlich häufig richtig. Aber da wo ein Arzt, da auch eine Apotheke. Ergo: Wenn ein Patient zum Arzt geht, findet er auch im nahen Umkreis eine Apotheke. Es gibt sicherlich nur verschwindend wenige Gegenden in Deutschland, in denen die Apothekendichte tatsächlich so gering ist, dass Entfernungen von 30-40km zur nächsten Apotheke der Fall sind. Vielleicht nennen Sie mal ein Beispiel... Ich kenne gerade keines.
RX-Versandhandel hat außerdem rein gar nicht mit Digitalisierung zu tun. Das sollten Sie als IT ´ler wissen. Das Rezept wird im Umschlag verschickt, das Paket per Paketdienst. Das Rezept muss erstmal in den Briefkasten, das Paket wird im Idealfall zuhause ausgeliefert. Wenn kein Empfänger da ist, holt sich das Paket bei der Paketzentrale. Nicht wirklich. Da hätte man direkt zur Apotheke vor Ort gehen können.
Die Apothekerschaft verschließt sich im Übrigen auch nicht der Digitalisierung oder dem Fortschritt. Die Apotheken sind, was die IT-Technik angeht, sicherlich der mit am fortschrittlichste Berufszweig im Gesundheitswesen seit vielen Jahren. Vielleicht schauen Sie sich mal Ihre Apotheke vor Ort an und lassen sich zeigen, wie digital bereits deutsche Apotheke sind. Dann wird Ihr Blick ein anderer sein. Dankeschön für Ihr Ohr!

AW: Wess` Brot ich ess?

von Stefan Haydn am 08.02.2018 um 19:33 Uhr

Liebe Kollegen, hier ist jede Antwort überflüssig, da es sich um einen getreuen Fan einer speziellen Versandapotheke handelt. https://fitter-pc.de/arzneimittelautomaten/
Das Versagen dieser speziellen Apotheke in unzähligen Tests wird ausgeblendet, da nicht gewünscht.

GROKO

von Michael Zeimke am 08.02.2018 um 9:09 Uhr

Apotheke ist HEIMAT.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

RX Versand

von Dr. Radman am 08.02.2018 um 8:03 Uhr

Es ist ein langer Prozess. Wichtig, dass man nicht gleich resigniert und aufgibt. Wir bleiben dran und das Verbot wird kommen. Egal in welcher Legislaturperiode.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.