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- „Was haben die geraucht
„Setzen, sechs!“ – und zwar sowohl für die Ausführenden als auch für die Auftraggeber. Die Präsidenten des Marketingvereins der Deutschen Apotheken kritisieren in ihrem aktuellen Brief das Honorargutachten heftig. Neben der Schelte für die Gutachter fordern sie aber auch ihre Kollegen auf, es besser zu machen. Eigene Vorschläge seien nun gefragt, sonst würden die Apotheker „Stück für Stück abgeschafft“, befürchten sie.
Der Marketingverein Deutscher Apotheker (MVDA) hat im Jahr 2004 die Dachmarke und Apothekenkooperation Linda gegründet. Inzwischen ist die Linda AG Eigentümerin der Kooperation, die Präsidentin und ihr Vize sind in ihrer Funktion auch Mitglied des Aufsichtsrates der Linda AG. Der Verein hat eigenen Angaben zufolge rund 3.500 angeschlossene Mitglieder und ein Umsatzvolumen von etwa 23 Prozent des deutschen Apothekenmarktes.
Gabriela Hame-Fischer und Dr. Holger Wicht, Präsidentin und Vizepräsident des MVDA, geizen in ihrem aktuellen Präsidentenbrief nicht mit sehr drastischen Worten für das kurz vor Weihnachten noch überraschend veröffentlichte Gutachten zum Apothekenhonorar. Viele Freunde scheinen die Apotheker demnach nicht zu haben, schreiben sie. Denn man wolle „mit einem Sammelsurium an Folterwerkzeugen der deutschen Apotheke den Garaus machen“ Und zwar zum Wohle der Versandhändler, der Krankenkassen, der Großhändler und – mehr oder weniger – auch zum Wohle der Versicherten.
Das Gutachten und Versorgung? Wie „Gasthof mit Gustav“
Dabei werfen sie den Gutachtern vor, einerseits „nicht mit wettbewerblichen Ratschlägen zu geizen“, andererseits aber nicht davor zu zurückzuschrecken, die Vorteile der Planwirtschaft zu preisen. So seien die Gutachter der Meinung, 10.000 Apotheken reichten aus, um die Akutversorgung mit Kühlware, BtM und Rezepturarzneimitteln aufrecht zu erhalten. Wie sehr sich das bewährt habe, zeige das Beispiel der DDR.
Die im Gutachten vorgebrachten Ansätze – „geboren aus der Wirtschaftstheorie“ halten Hame-Fischer und Wicht für realitätsfern. Die hättenen mit der Versorgungsrealität so viel zu tun wie „Gasthof mit Gustav“, schreiben sie. Zudem stellen sie die Frage, wie denn in Zukunft Sonderaufgaben entlohnt werden können. Denn der bisher praktizierten Mischkalkulation erteilen die Gutachter ja eine klare Absage zugunsten einer genauen Abrechnung für einzelnen Tätigkeiten. Ein Beispiel liefern die MVDVA-Präsidenten mit: „Arztrückfragen wegen fehlerhafter Verordnung analog Arztvergütungsschlüssel: Beratungsgespräch mit erhöhtem Aufwand: 17,20 Euro!; Dokumentation von Impfstoffen und Sera: 23,70 Euro; Eintreiben der Rabatte pro Medikament: 0,75 Euro; Auswahl der richtigen Rabattarzneimittel: 2 Euro pro Medikament, usw.“
MVDA: Apotheker dürfen nicht mehr mauern und aussitzen
Vermisst wird hingegen ein substanzieller Planungsansatz. Auch dass es der Hälfte der Apotheker wirtschaftlich schlecht geht, sei keine neue Information gewesen. Die Honorar-Gutachter der Agentur 2HM hatten die Leistungen der Apotheker in ihrem Papier minutengenau aufgerechnet und das Gesamthonorar so ausgerechnet. Aus Sicht der MVDA-Präsidenten ist es aber falsch, den Weg der Mischkalkulation zu verlassen. Um das zu verdeutlichen, schildern sie folgendes Szenario: „Sollen wir dann für unsere Mitarbeiter im Sommer ein „Gutwettergeld“ beim Amt beantragen und diese auf Kurzarbeit setzen, wenn weniger zu tun ist? Die Baubranche macht‘s vor. Oder sollen unsere Mitarbeiter gar Freelancer werden? Das wird die Rentenkassen wenig freuen.“
Der Verein weist auch auf die politische Sprengkraft des Gutachtens hin. Schließlich sei es nun möglich, dass das Papier bei „jeder kleinen Forderung“ der Apotheker aus der Schublade gezogen werde, um mit „irgendeiner Missetat“ zu drohen. Statt die Apotheker in ihrer Berufsausübung zu behindern, müsse es mehr Leistungen aus der Apotheke geben. Die Präsidenten wörtlich: „Da geht es nicht um das Abknapsen von Honorar und Zwangsschließung von Apotheken, es braucht im Gegenteil mehr Vertrauen in die Apotheker und das Übertragen von mehr Leistungen sowie der Rundum-Versorgung von immobilen Patienten bis ans Bett. Verbesserung der Durchimpfung der Bevölkerung, Unterstützung und Lotsenfunktion bei der Telemedizin bis hin zu Labordienstleistungen und Wiederholungsrezepten – um den Ärztemangel auf dem Land aufzufangen und diese zu entlasten kann das ein Weg sein.“
Aber auch ins eigene Lager entsendet der MVDA schließlich eine Botschaft. Demnach müssen die Apotheke gerade jetzt in die Offensive gehen und eigene Vorschläge in die Diskussion einbringen. So heißt es in dem Brief: „Was folgt daraus für die Apothekerschaft? – Bessermachen! Eigene Vorschläge machen! Eigene Konzepte vorbringen, die die Versorgung der Versicherten im Blick haben. Orientiert an der Realität der Versorgung. Die Zeiten des Mauerns und Aussitzens sind vorbei. Wenn wir jetzt nicht aufstehen und das Wort und die Initiative ergreifen, dann werden wir Stück für Stück abgeschafft. Instrumente dafür liefert das Gutachten zuhauf.“
2 Kommentare
Endlich
von Reinhard Rodiger am 05.01.2018 um 13:37 Uhr
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MVDA Präsidentenbrief
von Norbert Peter am 05.01.2018 um 9:06 Uhr
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