Clostridium-difficilE-Rezidive

Stuhltransplantation in einer Kapsel 

Stuttgart - 11.12.2017, 12:25 Uhr

Stuhltransplantation in Kapseln? Die Rezidive bei Clostridium-difficile-Patienten reduzieren sich gleich stark wie bei koloskopischen Stuhltransplantationen. (Foto: Oleksii Nykonchuk / stock.adobe.com)

Stuhltransplantation in Kapseln? Die Rezidive bei Clostridium-difficile-Patienten reduzieren sich gleich stark wie bei koloskopischen Stuhltransplantationen. (Foto: Oleksii Nykonchuk / stock.adobe.com)


Stuhltransplantationen helfen bis zu 90 Prozent der Patienten mit rezidivierenden CD-Infektionen. Der Nachteil: Das Einbringen fäkaler Mikrobiota in den Darm mittels Koloskopie ist aufwendig und unbeliebt. Dass die „Stuhltranplantation“ einfacher geht, zeigen US-Wissenschaftler im JAMA. Die Einnahme einer oralen Mikrobiota-Kapsel verhindert Rezidive bei Clostridium difficile genau so stark wie das Koloskopie-Transplantat.

Rezidivierende Infektionen mit Clostridium difficile (CD) stellen ein Problem im klinischen Alltag dar. Ein Clostridium-Rezidiv liegt dann vor, wenn weniger als zwei Monate zwischen den einzelnen Infektionen liegen. Rezidive mit Clostridium difficile erleiden nicht wenige Patienten: Trotz einer antibiotischen Therapie, erkranken zehn bis 30 Prozent der CD-Patienten innerhalb von zwei Monaten wieder an dem Keim. Unglücklicherweise steigt das Risiko für weitere Rezidive mit der Anzahl der bereits erfahrenen Rezidive. So liegt nach dem dritten Wiederauftreten einer Clostridium-difficile-Infektion die Gefahr, dass der Patient ein weiteres Rezidiv erleidet, bereits bei 60 Prozent. Die Kosten, mit denen CD-Infektionen das amerikanische Gesundheitssystem belasten, liegen bei rund 1,5 Milliarden US-Dollar.

Stuhltransplantationen reduzieren Rezidivrate bei Clostridium difficile

Wie also gelingt es, Rezidive mit Clostridium difficile in den Griff zu bekommen? Die effektivste Maßnahme ist gleichzeitig auch die am wenigsten beliebte: die Stuhltransplantation. Denn, wer lässt sich schon gern, zwar gesunde, aber fremde, Fäkalien in den Darm einbringen? Dennoch spricht der Erfolg der Fäkalien-Therapie für sich: Eine einmalige Behandlung führt bei 60 bis 90 Prozent der Patienten zu Rezidivfreiheit.

Vielleicht müsste also die Frage weniger lauten, wie verbessert sich das Outcome der CD-Rezidiv-Patienten, sondern: Wie lässt sich die bereits vorhandene, wirksame Therapie mit Stuhltransplantaten vereinfachen? Eine orale Therapie – als Kapsel zum Schlucken – wäre deutlich praktikabler. Diese Idee hatten auch kanadische Wissenschaftler. Sie verglichen an 116 Patienten eine orale mit einer koloskopischen Mikrobiota-Therapie. Ihre Ergebnisse haben sie jüngst im JAMA – Journal of the American Medical Association – vorgestellt.

Therapieziel: Keine Clostridium difficile Rezidive für zwölf Wochen

Die Wissenschaftler verglichen den Erfolg einer Therapie mit Darm-Mikrobiota, die Clostridium-difficile-infizierte Patienten entweder als Kapsel oral einnahmen oder die mittels Koloskopie in den Darm eingebracht wurde. Als primären Studienendpunkt definierten die Wissenschaftler zwölf Wochen Rezidiv-Freiheit nach Therapie. Die Patienten litten durchschnittlich an vier CD-Infektionen in den vergangenen vier Monaten und waren zwischen 18 und 90 Jahren alt. Die Untersuchung lief unverblindet – da sich Verblindungen bei koloskopischen Eingegriffen nur schwer und unter großem Aufwand realisieren lassen. Als weitere „Schwäche“ der Nichtunterlegenheits-Studie nennen die Wissenschaftler das Fehlen einer vergleichenden Placebogruppe.

Die Patienten erhielten vor der Mikrobiota-Therapie zunächst eine Antibiose mit oralem Vancomycin, 125 mg viermal täglich für zehn Tage. Im Anschluss reduzierten die Ärzte die Dosis auf zweimal täglich 125 mg Vancomycin. Diese Behandlung erhielten die Patienten bis 24 Stunden vor Start der Mikrobiota-Gabe.

Woher kam die Mikrobiota?

Es gab insgesamt sieben gesunde „Stuhl-Donatoren“, die für alle 116 Patienten ihren Stuhl spendeten. Die einzelnen Stuhl-Spenden wurden allerdings nicht gepoolt, sondern jeweils separat im Labor aufbereitet, um daraus entweder koloskopisch tranplantierbaren Stuhl zu generieren oder – nach Zentrifugation – ein Sediment zu gewinnen, das in Kapseln verpackt wurde. Aus einer einzigen Stuhlprobe mit 80 bis 100 g, stellte das Labor 40 Kapseln her. Gelagert wurden alle Stuhl-Transplantate bei -70 °C.

Die Patienten erhielten nun als Therapie entweder 360 ml Fäkal-Transplantat direkt in den Darm oder sie schluckten eine Stuhl-Dosis – unter Aufsicht – von 40 Kapseln. Der einmaligen Therapie-Intervention folgte ein zwölfwöchiges Follow-up.

Koloskopische Stuhltransplantation vs. orale Stuhltransplantation: Ergebnisse

In jeder Gruppe verstarb jeweils ein Patient. Allerdings standen die Todesursachen nicht in Verbindung mit der fäkalen Mikrobiota-Therapie, sondern waren kardio-pulmonaler Genese. Beide Patienten waren bereits vor Behandlung schwer vorerkrankt, an Herzinsuffizienz beziehungsweise COPD.

Laut den Studien-Ergebnissen sind beide Therapiestrategien, Kapsel und Koloskopie, vergleichbar erfolgreich hinsichtlich der Rezidivrate bei Clostridium-difficile-Infektionen. 96,2 Prozent erreichten den primären Studienendpunkt und waren zwölf Wochen nach Behandlung immer noch frei von Rezidiven: In der Kapselgruppe blieben 51 von 53 ausgewerteten Patienten gesund, in der Koloskopie-Gruppe waren es 50 von 52. Jeweils zwei Patienten erlitten trotz Mikrobiota-Behandlung ein Rezidiv. Diese unterzogen sich jedoch der gleichen Therapie-Strategie erneut und konnten im zweiten Anlauf ebenfalls erfolgreich behandelt werden.

Mikrobiota-Therapie erhöht Gefahr für Infektionen nicht

Auch hinsichtlich der Nebenwirkungsrate scheinen beide Regime vergleichbar: Die Patienten haben sowohl die orale als auch die koloskopische Intervention gut vertragen. Positiv ist vor allem, dass die Mikrobiota-Therapie nicht zu einem vermehrten Auftreten von Infektionen und Darmperforationen bei den Patienten führte.

Wo die orale Therapie punkten kann, neben der einfachen Durchführung für den Patienten: Sie ist kostengünstiger als eine koloskopische Intervention. Die Studienautoren kalkulierten die orale Mikrobiota-Behandlung mit 308 US-Dollar, die Stuhltransplantation mit 874 US-Dollar.

Basics zu Clostridium difficile

Clostridium difficile ist ein anaerobes Stäbchen-Bakterium, das vorwiegend den kleinkindlichen Darm besiedelt und sich dort bei etwa 80 Prozent der Kinder findet. Bei Erwachsenen ist die Besiedlung seltener, weniger als fünf Prozent der erwachsenen Bevölkerung tragen Clostridium difficile. Ein Krankenhausaufenthalt erhöht die Darmbesiedlung allerdings relativ rasch auf 20 bis 40 Prozent, wobei auch hier die meisten Clostridium-Träger inapparent bleiben.

Die krankheitsauslösenden Faktoren bei Clostridium difficile sind seine Toxine, Enterotoxin A und Cytotoxin B. Diese führen zu einer Schädigung der intestinalen Darmzellen und verursachen schwere Durchfälle und Kolitis. Der Keim zeichnet für den überwiegenden Teil von pseudomembranösen Kolititiden verantwortlich (95 Prozent) und für rund 20 Prozent der Antibiotika-assoziierten Diarrhöen.

Symptomatik einer CD-Infektion

Bei nosokomialen Diarrhöen ist grundsätzlich an eine CD-Infektion zu denken. Patienten mit CD leiden unter wässrigem Durchfall, in schweren Fällen blutig, der regelhaft beginnt. Neben einem charakteristisch fauligen Stuhlgeruch, gehen die Durchfälle häufig mit Fieber und abdominellen Schmerzen einher.

In schweren Fällen können die Clostridien-Toxine die Intestinalzellen derart schädigen, dass eine pseudomembranöse Colitis bis hin zum toxischen Megacolon entsteht.

Riskofaktoren für Clostridium-difficile-Infektionen

Klassische Risikofaktoren sind hohes Alter, vorangegangene Krankenhausaufenthalte, gastrointestinale Grunderkrankungen und Immunsuppression. Auch Arzneimittel können eine Infektion mit Clostridium difficile begünstigen: vorausgegangene Antibiotika-Therapien, Protonenpumpenhemmer und H2-Blocker erhöhen das Risiko um das zwei- bis dreifache, auch NSAR verschärfen das Risiko einer Clostridium-difficile-Infektion um 30 Prozent.

Antibiotika bei Clostridium difficile

Die antibiotischen Optionen bei einer Infektion mit dem Anaerobier Clostridium difficile sind überschaubar. Zum Einsatz kommen als orale Arzneimittel Metronidazol, Vancomycin und Fidaxomicin. Metronidazol erhalten CD-Patienten teilweise auch parenteral. Sei Anfang dieses Jahres gibt es mit Bezlotoxumab einen Antikörper gegen das Clostridium Toxin B.  Bezlotoxumab ist zugelassen zur Therapie wiederauftretender CD-Infektionen bei Erwachsenen mit hohem Rezidivrisiko. 



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

stuhlkapseln

von schmidt barbara am 21.03.2018 um 9:26 Uhr

ich leide u.a. an Sorbitintoleranz, ein normales Leben unmög- lich! Gibt es die Kapseln in Deutschland zu kaufen? Wenn ja, wo und was kosten die? Bitte um baldige Antwort.
Barbara Schmidt, atelier-noa@gmx.de

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