Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin

Alternative Antibiotika zu Fluorchinolonen bei Sinusitis

Stuttgart - 06.11.2017, 15:30 Uhr

Nicht immer müssen Antibiotika sein bei einer Sinusitis. (Foto: Kzenon / Stock.adobe.com)

Nicht immer müssen Antibiotika sein bei einer Sinusitis. (Foto: Kzenon / Stock.adobe.com)


Fluorchinolone verordnen Ärzte zu häufig. Die Tagesthemen warnten in der vergangenen Woche vor Ciprofloxacin. Insbesondere bei banalen Infektionen wie Sinusitis verschreiben Ärzte Ciprofloxacin, Levofloxacin oder Moxifloxacin zu unkritisch. Dabei gibt es Alternativen – antibiotische und unter Umständen auch nicht-antibiotische. 

Für Apotheker gilt 

Häufiger mal bei Fluorchinolonrezepten nachhaken – und alternative Antibiotika vorschlagen, denn Apotheker kennen sich aus mit Arzneimitteln. DAZ.online startet heute mit Sinusitis. Welche Antibiotika funktionieren alternativ zu Cipro & Co. bei Bronchitis und Harnwegsinfekten? Das erfahren Sie im Laufe der Woche.

Kritisieren Apotheker das Antibiotika-Verordnungsverhalten von Ärzten, spielen sie leicht mit dem Feuer – zumindest mit einer potenziell gekränkten Eitelkeit. Doch manchmal ist ein apothekerliches Intervenieren durchaus indiziert. Denn: Auch wenn Fluorchinolone bei banalen Infektionen wie einer akuten Sinusitis, einer akuten Exazerbation einer chronischen Bronchitis oder unkomplizierten Harnwegsinfektionen nicht mehr die Antibiotika der ersten Wahl sind, scheint sich dies noch nicht bis zu allen Ärzten herumgesprochen zu haben. Nach wie vor entspringen Ciprofloxacin, Levofloxacin und Moxifloxacin zu häufig der ärztlichen Feder. So riskieren sie unter Umständen nicht nur Resistenzen, sondern auch schwere, potenziell dauerhafte Nebenwirkungen bei ihren mit Fluorchinolonen behandelten Patienten.

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Fluorchinolone: wertvoll bei ernsten Infektionen

Nun sollte man Fluorchinolone auch nicht gänzlich verteufeln – die Antibiotika sind bei ernsten, lebensbedrohlichen Infektionen ein Segen. Doch dass die schwerwiegenden Nebenwirkungen nicht aus der Luft gegriffen sind, zeigt der Aktionismus der US-amerikanischen und europäischen Überwachungsbehörden FDA und EMA: Sie bewerten das Nutzen-Risiko-Verhältnis der Fluorchinolone. Wenn Apotheker nun bei Ciprofloxacin-Rezepten hellhörig werden – welche alternativen Antibiotika gibt es bei Sinusitis? Sind Antibiotika überhaupt sinnvoll bei einer akuten Nasennebenhöhlenentzündung? Und welche Tipps können Sie in der Apotheke Ihren Kunden bei pochend schmerzenden Nebenhöhlen geben?

Amoxicillin und Cefuroxim erste Wahl bei Sinusitis

Antibiotika bei einer akuten Rhinosinusitis (ARS) – die aktuelle Leitlinie (2017) fährt hier einen sehr klaren Kurs: Denn etwa 80 Prozent der akuten Sinusitiden bessern sich innerhalb von zwei Wochen auch ohne Therapie. Die Experten finden eine Antibiotikabehandlung bei Sinusitis nur bei einem überschaubaren Patientenklientel gerechtfertigt: „Wenn man die insgesamt sehr geringe Wahrscheinlichkeit vermiedener Komplikationen mit der hohen Wahrscheinlichkeit von Nebenwirkungen vergleicht, dann sollte eine unkomplizierte ARS nicht mit Antibiotika behandelt werden“.

Welche Patienten profitieren von Antibiotika bei Nebenhöhlenentzündung?

Aber es gibt sie durchaus – die berechtigten antibiotischen Verordnungen bei Sinusitis: Kinder, Immunsupprimierte oder schwer Kranke: Hier sollten Ärzte eine antibiotische Therapie erwägen. Warum sind Nasennebenhöhlenentzündungen bei Kindern komplizierter als bei Erwachsenen? In der Tat ist es so, dass sich Sinusitiden bei Kindern zu lebensbedrohlichen Erkrankungen entwickeln können: Die kindlichen Knochenstrukturen sind längst nicht so gefestigt wie die der Erwachsenen. Folglich besteht die Gefahr, dass sich die eitrige Entzündung der Nasennebenhöhlen in Augenhöhle oder Schädelbasis ausbreiten und zu intrazerebralen Abszessen oder Meningitis führen. Sinusitis-Komplikationen bei Erwachsenen im hausärztlichen Bereich sind hingegen rar: Experten rechnen mit einem Fall unter 10.000 Patienten (0,01 Prozent).

Liegt eine unkomplizierte Sinusitis vor, können Ärzte bei drei Patientengruppen eine Antibiose in Betracht ziehen:

  • Nachweis von Sekretspiegeln oder totaler Sinusverschattung im CT
  • Schmerzen der Stufe 4 und 5 bei einem Schmerzscore von 1 bis 5 plus erhöhtes CRP und/oder BSG.
  • Keimnachweis von Pneumokokken, Hämophilus influenzae beziehungsweise Moraxella catharralis im Nasenabstrich.

Diese Patienten profitieren von einer Antibiose; bei ihnen verkürzt sich die Krankheitsdauer um drei Tage. Allerdings: Auf die Rezidivquote oder Komplikationsrate wirkt sich eine antibiotische Therapie nicht günstig aus.

First-line Antibiotika bei Sinusitis

Die häufigsten Erreger einer akuten Sinusitis sind Pneumokokken, Hämophilus influenzae und Moraxella catharralis. Als erste Wahl gilt:

  • Amoxicillin 3 x 500 mg/d oder
  • Cefuroxim 2 x 250 mg/d

Zweite Wahl stellen Makrolide dar:

  • Makrolide, zum Beispiel Azithromycin 500 mg/d für drei Tage oder
  • Amoxicillin + Clavulansäure oder
  • Doxycyclin oder
  • Co-Trimoxazol

Die empfohlene Therapiedauer umfast fünf bis zehn Tage.

Pflanzliche Arzneimittel bei Sinusitis

Bei Nasennebenhöhlenentzündungen haben Apotheker durchaus Phytos zur Verfügung, für die eine Wirksamkeit belegt ist. Und erfahrungsgemäß stehen Patienten pflanzlichen Arzneimitteln meist aufgesschlossen gegenüber. So konnte Bionorica für Sinupret® zeigen, dass der Extrakt aus Ampfer, gelbem Enzian, Holunder, Eisenkraut und Schlüsselblume die Heilung um zwei Tage beschleunigte, wenn dieser als Komedikation zu Antibiotika gegeben wurde. Sinupret® extract in einer Tagesdosis von 480 mg, entspricht 3 x 1 Tablette, führte zu einer Heilungsbeschleunigung um durchschnittlich vier Tage.

Eine gute Empfehlung in der Apotheke sind auch Myrtol- oder Cineolhaltige Arzneimittel. Cineol ist beispielsweise in Soledum® enthalten, Gelomyrtol® forte enthält Myrtol. Die Eukalyptus-Extrakte verkürzen ebenfalls das Krankheitsgeschehen.

Wegen Überlegenheit gestoppt wurde eine Untersuchung mit Pelargonium-Extrakt in Umckaloabo®. Bei Patienten, die täglich 3 x 60 Tropfen einnahmen, verbesserte sich der Sinusitis Severity Score stärker als bei Placebo-behandelten Patienten mit akuter Nasennebenhöhlenentzündung.

Bromelain-haltige Enzympräparate zeigen durchaus auch „signifikante" Effekte auf einige der nasalen Symptome bei Sinusitis.

Gegen die Schmerzen bei Nasennebenhöhlenentzündung

Welche Schmerzmittel sollten Apotheker den Patienten empfehlen, wenn sie über Schmerzen bei Nasennebenhöhlenentzündungen klagen? ASS und Ibuprofen sollten Apotheker aufgrund ihrer entzündungshemmenden Komponenten bevorzugen. Leidet der Patient an einem empfindlichen Magen, ist Ibuprofen mit 400 mg noch vor ASS mit 500 bis 1000 mg jeweils maximal dreimal täglich das Mittel der Wahl. Gleichermaßen, wenn Operationen anstehen. Die analgetische Therapie zielt laut der Experteneinschätzung der Leitlinie auf eine reine Schmerzhemmung ab und ist nicht als abschwellende Maßnahme gedacht.

ACC, Ambroxol, Vitamin C und Zink bei Sinusitis?

Auch wenn Patienten die sekretolytischen Arzneimittel häufig einnehmen, eine Evidenz zur Wirksamkeit existiert weder für Ambroxol noch für Acetylcystein. Auch für Vitamin C und Zink zeigt keine klinische Studie eine Wirksamkeit.

Homöopathie, Wärme und Nasenspülungen bei Sinusitis?

Nasenspülungen, Wärme, pflanzliche oder homöopathische Arzneimittel – es gibt einiges für die Selbstmedikation, das Apotheker ihren Sinusitis-geplagten Patienten mit auf den Weg geben können. Was wirkt wirklich bei Sinusitis?

Nasenspülungen sind zwar nicht jedes Patienten Sache, aber sie helfen; eine „deutliche Empfehlung für Nasenspülungen“ sprechen auch die Experten der Leitlinie aus. Einziger Nachteil: Salzlösungen können – insbesondere, wenn sie hyperosmolar sind – die Nasenschleimhaut reizen. Ansonsten wirken sie bei akuten Infekten und auch in der Prävention. Auch als unterstützende Nasensprays oder Nasentropfen machen sie Sinn: Salinische Nasentropfen helfen, den Gebrauch abschwellender Nasensprays zu reduzieren. Dekongestiva mit sympathomimetischen Wirkstoffen wie Xylometazolin können die Nasenatmung erleichtern und auch zur Besserung von Schmerzen führen. Apotheker sollten die Patienten auf die maximal sieben bis zehn Tage Therapiedauer bei abschwellenden Nasensprays hinweisen und Präparate ohne das Konservierungsmittel Benzalkoniumchlorid bevorzugen. Benzalkoniumchlorid kann zu  „klinisch relevanten Reiz- und Schädigungswirkungen“ führen.

Heißer Dampf: Nur heiße Luft oder nutzen Inhalationen tatsächlich bei Nasennebenhöhlenentzündungen? Die Datenlage lässt wohl keine abschließende ja/nein-Bewertung zu. Ein positiver Effekt wird bei Inhalationen von Dämpfen mit 38 bis 41 °C zumindest „vermutet“, wohingegen zu Wärmebehandlungen mittels Infrarotbestrahlung keine verwertbaren Daten vorliegen.

Viel trinken: Dieser Ratschlag ist für viele Patienten sicherlich nicht verkehrt. Doch die Sinusitis verbessert eine vermehrte Flüssigkeitsaufnahme nicht. Zumindest liegen keine Daten vor, die dies valide stützen.

Homöopathie bei Nasennebenhöhlenentzündung

Die Experten der Leitlinie bewerten nach der aktuellen Studienlage homöopathische Arzneimittel bei akuter Rhinosinusitis „als nicht beziehungsweise nicht ausreichend belegt“. Jedoch gibt es eine placebokontrollierte Untersuchung mit einem homöopathischen Komplexmittel mit Kalium bichromicum, Hydrastis und Cinnabaris, alle in D3- Potenzierung, sowie Echinacea D1. Nach der Zusammensetzung verbergen sich hier wohl Cinnabsin® Tabletten von der DHU dahinter. Diese zeigten tatsächlich eine Verbesserung der Sinusitis-Symptome an Tag sieben der Behandlung im Vergleich zur Placebogruppe, deren Symptomscore stagnierte.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Cefuroxim

von M.Geimer am 06.04.2018 um 12:43 Uhr

Heisst es nicht, das Cefuroxim oral keine ausreichende Bioverfügbarkeit aufweißt und daher auf i.v. beschränkt bleiben soll?

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Patientengruppen mit Antibiose

von Rainer Brosig am 07.11.2017 um 8:13 Uhr

Welcher Arzt kann bei Verdacht auf Sinusitis eine CT veranlassen? Wie lange dauert es, bis der Patient dafür einen Termin bekommt? Welcher Patient akzeptiert, wenn der Arzt einen Abstrich macht und ihm bescheidet, er möge in ein paar Tagen wiederkommen, wenn das Ergebnis vorliegt? Wie begründet der Arzt gegenüber der KV die anfallenden Kosten? Bei einer Sinusitis?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Patientengruppen mit Antibiose

von Celine Müller am 07.11.2017 um 13:56 Uhr

Lieber Herr Brosig,
CT-Untersuchungen im Rahmen einer Sinusitis sind sicherlich kein Standardprogramm. Dennoch gibt es bestimmt Indikationen - Vorgeschichten, besondere Schwere der Sinusitis, anatomische Prädispositionen - die dies rechtfertigen können.

Herzliche Grüße
Celine Müller

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