Bundesgerichtshof

Skonti bleiben Apothekern erhalten

Berlin - 05.10.2017, 09:40 Uhr

Der Bundesgerichtshof hat über Apotheken-Skonti entschieden: Sie sind weiterhin erlaubt. (Foto: picture alliance / dpa)

Der Bundesgerichtshof hat über Apotheken-Skonti entschieden: Sie sind weiterhin erlaubt. (Foto: picture alliance / dpa)


Apotheker können aufatmen: Die Großhandelsskonti bleiben ihnen erhalten. Der Bundesgerichtshof hat der Revision von AEP stattgegeben und das Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg aufgehoben. Nun lebt das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg wieder auf. Dieses hatte entschieden: Skonti sind keine Rabatte und können neben diesen gewährt werden, auch wenn so die prozentuale Großhandelsmarge von 3,15 Prozent überschritten wird. Sogar auf seinen Fixzuschlag von 70 Cent kann der Großhandel laut BGH verzichten.

Das Bangen hat ein Ende. Der Bundesgerichtshof hat am heutigen Donnerstag sein Urteil im Skonto-Streit zwischen der Wettbewerbszentrale und dem Großhändler AEP verkündet – und zwar zugunsten von AEP. Urteilsgründe gibt es heute noch nicht, lediglich den Tenor der Entscheidung und eine Pressemitteilung. Demnach wird das auf die Revision des Beklagten – also AEP – das Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg aufgehoben. Zugleich wird die Berufung der Klägerin – der Wettbewerbszentrale – zurückgewiesen. Zudem werden ihr die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. 

Das heißt: Das Urteil aus Aschaffenburg lebt wieder auf. Und hier hatte AEP gesiegt. Das Landgericht hatte die Rabatt- und Skonto-Kombination für zulässig erachtet.

Großhandel kann auch aufs Fixum verzichten

In seiner Pressemeldung erklärt der Bundesgerichtshof dazu: Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) lege für die Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln mit den dort vorgesehenen Großhandelszuschlägen eine Preisobergrenze, aber keine preisliche Untergrenze fest. Das ergebe sich sowohl aus dem Wortlaut der Vorschrift selbst („darf … höchstens … erhoben werden”) als auch aus dem Vergleich mit dem abweichenden Wortlaut der Bestimmung zu Apothekenzuschlägen für Fertigarzneimittel in § 3 Abs. 2 Nr. 1 AMPreisV („… ist zu erheben …”). Der Großhandel sei danach nicht verpflichtet, einen Mindestpreis zu beanspruchen, der der Summe aus dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers, der Umsatzsteuer und einem Festzuschlag von 70 Cent entspricht. Er könne deshalb nicht nur auf den in § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV genannten preisabhängigen, bis zur Höchstgrenze von 3,15 Prozent veränderlichen Zuschlag, höchstens jedoch 37,80 Euro, sondern auch auf den darin erwähnten Festzuschlag von 70 Cent ganz oder teilweise verzichten.

Die Hintergründe des Urteils

Die Wettbewerbszentrale hatte AEP verklagt, nachdem der damalige Großhandels-Newcomer sich geweigert hatte, von seinem Konditionenmodell Abstand zu nehmen: Beim Bezug von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln bis zu einem Herstellerabgabepreis von 70 Euro gewährt AEP einen Nachlass von insgesamt 5,5 Prozent (3% Rabatt und 2,5% Skonto). Bei Rx-Präparaten über 70 Euro sind es 2 Prozent Rabatt plus 2,5 Prozent Skonto – also insgesamt 4,5 Prozent. Die Wettbewerbszentrale war und ist der Meinung, dass pharmazeutische Großhandlungen nur auf ihre variable Marge von 3,15 Prozent Rabatte gewähren dürfen – und dass auch ein Skonto für eine vorfristige Zahlung zu diesen Rabatten zählt.

Nachdem AEP von seinem stark beworbenen, transparenten Konditionenmodell nicht lassen wollte, klagte die Wettbewerbszentrale – und verlor. Am 22. Oktober 2015 entschied das Landgericht Aschaffenburg in erster Instanz zugunsten von AEP. Skonto und Rabatt seien zwei unterschiedliche Dinge: Skonto sei die Belohnung für ein verkürztes Zahlungsziel und damit an eine Bedingung geknüpft. Das Nebeneinander von Rabatt und Skonti über die 3,15-Prozent-Grenze hinaus war für die Aschaffenburger Richter also kein Problem.

Die Wettbewerbszentrale ging gegen dieses Urteil in Berufung, und das Oberlandesgericht Bamberg entschied am 29. Juni 2016 tatsächlich anders als die Vorinstanz: Der Festzuschlag von 70 Cent sei ein Fixum, der durch keine Art von Preisnachlass – auch nicht durch Skonti – reduziert werden dürfe. 

Da die Wettbewerbszentrale von Anfang an eine höchstrichterliche Entscheidung angestrebt hatte, legte sie folgerichtig Revision ein. Das Oberlandesgericht hatte diese ausdrücklich zugelassen, weil die Frage, ob die Arzneimittelpreisverordnung Skonti und Rabatten über den Betrag von 3,15 Prozent des Herstellerabgabepreises hinaus verbietet, nicht geklärt sei. Angesichts der möglichen Auswirkungen auf die flächendeckende, bedarfsgerechte und wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung habe die Frage grundsätzliche Bedeutung. Am 13. Juli 2017 fand schließlich die mündliche Verhandlung vor dem BGH in Karlsruhe statt, ein Urteil war damals aber noch nicht verkündet worden – das geschah heute. Für die schriftliche Begründung hat der Bundesgerichtshof nun noch einmal bis zu fünf Monate Zeit.

Einen Überblick über die deutsche Großhandelslandschaft bietet die aktuelle DAZ:



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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5 Kommentare

Wettbewerbszentrale

von Veit Eck am 05.10.2017 um 16:21 Uhr

Es interessant sich zu informieren, wer der "Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs" eigentlich angehört? Fehlanzeige - selbst Wikipedia weiß es nicht. Nun war es AEP, den man vor den Kadi gezerrt hat ungeachtet der möglichen Konsequenzen für die gesamte Branche. Wer wird es morgen sein?

Es ist schon ziemlich bitter zu sehen, wie in Deutschland das Messer gegen die Interessen der öffentlichen Apotheke herausgezogen wird, und wenn das nicht reicht dann zieht man zum EuGH weiter. Parallel dazu wird von interessierter Seite, wie dem Spitzenverband der GKV, die Branche sturmreif geschossen. Und es gibt eigentlich nur ein Ziel: nur eine Hand voll Marktteilnehmer auf allen Seiten und Regulierung der Versorgung mit Selektivverträgen. Und gerade zu Zeiten der Suche nach einer neuen Regierung bieten sich Chancen um möglichst bald "Nägel mit Köpfen" machen zu können.

Es ist ein übles Spiel : die Verlierer könnten viele öffentliche Apotheken sein und viele , sehr viele Arbeitsplätze werden dabei wegfallen können.

Und richtig übel wird es, wenn man an die Patienten und an ihre zukünftige Versorgungssicherheit denken muss.

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Eine von drei Überlebens-Aufgaben bestens erledigt

von Wolfgang Müller am 05.10.2017 um 11:50 Uhr

Man soll nie den Mut sinken lassen.

Es ist nun DERMASSEN Überlebens-wichtig und - wie man sieht - LOHNEND, dass auch unsere EIGENEN Interessenvertreter bei den anderen Hausaufgaben zu unserer Honorierung "BMWi-Gutachten" und "Rx-Versandverbot" (weiter?) genauso so gut vorgehen und argumentieren, wie es die AEP-Geschäftsführung und deren Anwälte hier offensichtlich getan haben!

Nur um mal zu beziffern, was für ein Kelch da gerade an uns vorüber gegangen ist: Bei einem durchaus typischen Rx-Einkaufsvolumen ohne Hochpreiser von 1.000.000 Euro standen hier schon bei nur 2,5 % Skonto gerade

- 25.000 Euro Gewinn pro Jahr -

zur Diskussion. Also bei einer schönen kleineren Flächendeckungs-Apotheke, wo der Inhaber schon bisher sowieso nicht mehr verdient hat als ein ganz guter Filialleiter oder mittlerer Krankenhaus-Apotheker. Seltsamerweise waren hier sogar für eine größere "Durchschnittliche Apotheke" viel niedrigere Zahlen in Umlauf.

Sagen wir mal so: Über Arbeitskräftemangel hätten wir uns bei anderem Ausgang dieses Verfahrens angesichts der Schließungs- und Entlassungswelle jedenfalls nicht mehr zu beklagen gehabt. Was zeigt (wohl DRINGEND notwendig), dass ALLE in der Offizin arbeitenden Apotheker/innen in einem Boot sitzen.

Ich kann nicht umhin, darauf hinzuweisen, dass - m. E. fast schlimmer als ein Scheitern des Rx-Versandverbots - ein falscher Ausgang des BMWi-Gutachtens einen sehr viel größeren Schaden anrichten könnte, als es das Verbot der Skonti vermocht hätte. Weit mehr als 25.000 Euro pro Jahr an Gewinn-Einbußen bzw. zusätzlichen Kosten würden - wenn auch nicht sooo deutlich und unmittelbar, wie es jetzt beim Skonto gewesen wäre - bei einer normalen Apotheke auflaufen, wenn es zu der leider auch von vielen von "Uns" blind gewünschten Ausweitung von hochbürokratischen, aufwändigen und damit garantiert defizitären "Honorierungen weg von der Fertigarzneimittel-Packung" käme.

Am Besten noch mit "Selektivverträgen", nach denen DocMorris, Glaeske und die GKVen verständlicherweise schon in ungeduldiger Eintracht lechzen. Dummerweise hatte ich letztens den Eindruck, dass bei einer gemeinsamen Veranstaltung zu diesem Punkt DocMorris/Max Müller und DAV/Fritz Becker sich dazu AUCH gar nicht mal so uneinig waren. MM muss sich ordentlich Eins gefeixt haben....... Also: Existentielle Adrenalinschübe wie gerade heute bleiben Vielen von uns wohl noch eine Weile erhalten.

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Wer steckt dahinter ?

von Ratatosk am 05.10.2017 um 11:42 Uhr

Die Mühe der sog. Wettbewergszentrale ist schon sehr verdächtig, noch dazu bei Prozentchen, wo die meisten Branchen noch nicht mal mehr eine e-mail aufmachen würden. Sehe es als sicher an, daß hier einfach ein gezielter Angriff auch die selbstständigen Inlandsapotheken über diesen Umweg durchgezogen wurde. Sollten die Hinterpersonen-Firmen aufgedeckt werden, kann man diesen nur die geschäftlichen Kontakte entziehen, wenn man es ebenso als geziehlten Angriff sieht.

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Skonti

von Dr. Radman am 05.10.2017 um 9:54 Uhr

Endlich!

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Urteil

von Frank ebert am 05.10.2017 um 9:47 Uhr

Unglaublich !

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