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Walgreens Boots Alliance/Phoenix
Steht Europa der Mega-Apotheken-Deal bevor?
Zwei der weltweit größten Pharmahandelskonzerne könnten sich bald zusammenschließen: Nach Informationen von DAZ.online basteln Walgreens Boots Alliance (WBA) und der Mannheimer Konzern Phoenix seit Monaten an einem Tauschgeschäft. Im Kern geht es darum, dass WBA die Phoenix-Apothekenketten weiterführt und Phoenix den WBA-Großhandel übernimmt.
Nicht nur im Versandapotheken-Markt stehen die Zeichen derzeit auf Konsolidierung: Gemeinsamen Recherchen von DAZ.online und dem italienischen Apotheker-Nachrichtenportal „Pharmacy Scanner“ zufolge verhandeln zwei der weltweit größten Apothekenkonzerne eine mögliche Kooperation. Schon seit Monaten kursieren Gerüchte darüber, dass WBA-Chef Stefano Pessina den nächsten Coup plant, diesmal in ganz Europa. Und wie es aussieht, hat sich Pessina dafür den deutschen Pharmahandelskonzern Phoenix ausgesucht.
Die Verhandlungen sollen den Recherchen zufolge schon im ersten Quartal 2017 begonnen haben. Damals sollen sogar Vertreter der „großen Drei“ an einem Tisch gesessen haben, also von Phoenix, Celesio/McKesson und WBA. Aber welchen Sinn sollten solche Verhandlungen haben? Dem Vernehmen nach beschwert sich insbesondere Pessina darüber, dass die Konkurrenzsituation den Markt zu starr mache, dass der Markt so aufgeteilt sei, dass keinerlei Bewegung möglich sei. Doch McKesson soll die Runde schon im April wieder verlassen haben, seitdem sprechen Pessina und Phoenix miteinander.
Phoenix: Großhandel, WBA: Kette
Und darum geht es: In allen europäischen Ländern, in denen beide Konzerne tätig sind, soll ein simpler Tausch stattfinden. Phoenix übernimmt das WBA-Großhandelsgeschäft, der Konzern von Stefano Pessina führt die Apothekenketten weiter. Den Recherchen von DAZ.online und Pharmacy Scanner zufolge stehen dafür zwei Geschäftsmodelle zur Debatte: Entweder ein Joint Venture, bei dem beide Unternehmen die Kooperation vertraglich vereinbaren, aber weiterhin unabhängig voneinander bestehen blieben. Oder ein sogenanntes Swap-Geschäft, bei dem die beiden Sparten der Konzerne erst bewertet und dann gegeneinander ausgetauscht würden.
Dabei soll es um die folgenden Länder gehen: Deutschland, Italien, Norwegen, Schweden, Vereinigtes Königreich, Niederlande und Belgien. Die Phoenix würde etwa 2000 Apotheken in den Deal miteinbringen, bestehend unter anderem aus den Ketten in Norwegen (Apotek 1), Benu (Niederlande und Belgien) und Rowlands (UK). Dazu gehören auch die Kommunalapotheken der Phoenix-Tochter Comifar in Italien. Die WBA-Großhandelssparte Alliance Healthcare wiederum würde etwa 280 Großhandelszentren beisteuern.
Was sagen die Konzerne?
Ein Phoenix-Sprecher wollte die Fragen von DAZ.online zu dem möglichen Deal nicht beantworten und teilte mit, dass es sich um Mutmaßungen handele, die jeder Grundlage entbehrten. Auch eine WBA-Sprecherin erklärte, dass es sich um Gerüchte drehe, die sie nicht weiter kommentieren wolle. Schaut man sich das mögliche Tauschgeschäft näher an, so würde es insbesondere in Deutschland und Italien aber Sinn ergeben. In Italien hat sich die Phoenix-Tochter Comifar erst vor einigen Monaten von einigen ihrer Apotheken getrennt – obwohl in dem Land erst kürzlich das Fremdbesitzverbot aufgehoben wurde. Ein erstes Zeichen für den Ausstieg aus dem Apothekenmarkt? Insider kommentieren: „Der Deal würde passen. Phoenix kann Großhandel, WBA kann Kette.“ Auch der Branchendienst Apotheke Adhoc hatte mehrfach von Phoenix-Übernahmen berichtet – in diesen Fällen dementierte Phoenix ebenfalls.
Und auch auf der Seite von WBA gibt es einige Anzeichen, die für einen solchen Mega-Deal sprechen. In der Branche ist schon länger bekannt, dass Pessina sich schwer tut mit dem Großhandelsgeschäft. In Ländern wie Deutschland und Italien sind die Großhandelsmargen streng gesetzlich reguliert, es bewegt sich wenig im Markt – zu wenig für den expansionsfreudigen Italiener. Im April verkaufte WBA zudem seinen Anteil an einer russischen Großhandlung. Auch ein erstes Zeichen auf die neue Konzentration auf Apothekenketten?
Pessina und die ehemalige Anzag - ein schwieriges Verhältnis
Und auch mit dem Blick auf den deutschen Markt würde das Geschäft Sinn machen. Wie groß der derzeitige Marktanteil von Alliance Healthcare hierzulande ist, ist nicht genau bekannt. Klar ist aber, dass das Unternehmen im Vergleich zu den Mitbewerbern verloren hat. Die ehemalige Anzag soll 2010 noch bei etwa 16 Prozent gelegen haben, im vergangenen Jahr stand wohl nur noch eine 13 vor dem Komma. Hinzu kommen unzufriedene Mitarbeiter und sich beschwerende Gewerkschaften – ein Geschäft, auf das WBA wohl verzichten will.
Wie weit die Verhandlungen fortgeschritten sind, ist unklar. Zuletzt sollen die Gespräche wieder ins Stocken geraten sein. Das größte Problem für die Unterhändler auf beiden Seiten sind die Kartellbehörden. Was den deutschen Markt betrifft, erklären Insider: „Der Alliance-Anteil ist so weit gesunken, dass es kartellrechtlich denkbar wäre, wenn Alliance sich vor dem Deal noch von ein paar Niederlassungen trennt.“ Aber was passiert in den anderen Ländern? In Norwegen zum Beispiel gibt es nur sehr wenige Anbieter im Markt – eine Übernahme scheint hier kartellrechtlich schwierig. Gleiches gilt für den britischen Apothekenmarkt, Pessinas Apothekenkette Boots hat etwa 2500 Niederlassungen – kommen die etwa 500 Rowlands-Apotheken hinzu, würde sich der Marktanteil schlagartig deutlich erhöhen.
In jedem Fall erinnert das mögliche Tauschgeschäft an den jüngsten Coup von Pessina in den USA. Dort hat die WBA bereits im vergangenen Jahr bekanntgegeben, den Rivalen Rite Aid zu übernehmen. Es folgte jedoch ein sehr langer Prozess, bei dem WBA aus kartellrechtlichen Gründen erst viele Apotheken abstoßen musste, um Rite Aid dann zu übernehmen. Ähnlich könnte es in Europa laufen. Ist es also nur noch eine Frage der Zeit, bis Stefano Pessina seinen nächsten Coup bekanntgibt?
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