Gesetzliche Unfallversicherung

Fragen und Antworten zu BG-Rezepten 

Stuttgart - 22.08.2017, 12:10 Uhr

Bei einem Arbeitsunfall zahlt nicht die GKV. Was müssen Apotheken bei BG-Rezepten beachten? (Foto: picture alliance) 

Bei einem Arbeitsunfall zahlt nicht die GKV. Was müssen Apotheken bei BG-Rezepten beachten? (Foto: picture alliance) 


Verordnungen infolge von Arbeitsunfällen oder einer Berufskrankheit haben einen Sonderstatus. Denn die Kosten trägt nicht die „normale“ Krankenkasse, sondern die gesetzliche Unfallversicherung. Viele Dinge sind ähnlich wie bei Rezepten zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung – aber nicht alles. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wer übernimmt die Kosten?

Bei Arbeitsunfällen oder einer Berufskrankheit übernimmt nicht die normale gesetzliche oder private Krankenkasse die Kosten für eine Therapie, sondern die gesetzliche Unfallversicherung. Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gibt es verschiedene Träger: 

Was gelten für Verträge?

Die gewerblichen Berufsgenossenschaften und die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand sind in einem Spitzenverband zusammengefasst, der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Dieser hat gemeinsam mit der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft einen bundesweit gültigen Arzneiversorgungsvertrag mit dem Deutschen Apothekerverband abgeschlossen.

Der Vertrag regelt nicht nur die Versorgung mit Arzneimitteln, Verbandmitteln und Medizinprodukten, sondern auch mit „apothekenüblichen Waren“ gemäß § 1a Absatz 10 Apothekenbetriebsordnung, inklusive der Hilfsmittel.

Hinsichtlich der Abgabe wirtschaftlicher Einzelmengen gelten die Regelungen des § 6 des Rahmenvertrages. So darf beispielsweise – ebenso wie bei GKV-Verordnungen – nur gestückelt werden, wenn die nach Stückzahl verordnete Menge keinem definierten N-Bereich entspricht. Oder: Rezepte, auf denen Stückzahlen verordnet sind, die über der größten Messzahl Nmax liegen, dürfen nur beliefert werden, wenn die gewünschte Stückzahl ein Vielfaches von Nmax ist und der Vertragsarzt einen Vermerk (!) aufgebracht hat.

Bei der Auswahl preisgünstiger Arzneimittel gelten die üblichen Regeln zu aut idem (§ 4 Absatz 1 des Rahmenvertrags) sowie bei Importen die 15/15-Regel (§ 129 Absatz 1 Satz 2 SGB V). Sollten Rabattverträge geschlossen werden (derzeit nicht der Fall) – heißt es im Vertrag – „verständigen sich die Vertragspartner kurzfristig auf Regelungen entsprechend § 4 Absätze 2 bis 5 des Rahmenvertrages“.

Rezeptgültigkeit, Angaben auf dem Rezept?

Wie sehen die Rezepte aus?

Rezepte über Heil- und Hilfsmittel zulasten der gesetzlichen Unfallversicherung (sogenannte BG-Rezepte) werden ebenso wie Verordnungen zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auf dem normalen rosa Kassenrezept (Formular 16) ausgestellt. 

Wie lange gilt ein Rezept?

Die Rezepte müssen innerhalb eines Monats nach Ausstellung vorgelegt werden. Es besteht jedoch die Möglichkeit, auf BG-Rezepten eine abweichende Gültigkeit anzugeben. Diese ist dann maßgeblich. Wird das Rezept später als einen Monat nach Ausstellung beliefert, muss die Apotheke auf Nachfrage bestätigen, dass es rechtzeitig vorgelegt wurde.

Welche Angaben müssen auf das Rezept? 

Auf dem Rezept muss das Feld „Arbeitsunfall" angekreuzt und der Unfalltag angegeben sein. Ausnahme: Es handelt sich um eine Berufskrankheit. Dann ist der Hinweis „BK“ oder aber das Aktenzeichen des Unfallversicherungsträgers hilfreich, aber nicht zwingend notwendig. Früher musste der Unfallbetrieb angegeben werden, dazu findet sich aber im aktuellen Vertrag keine Angabe.

Fehlen bestimmte Angaben auf dem Rezept, können sie vom Apotheker nach Rücksprache mit dem Arzt ergänzt werden. Bei BG-Rezepten sind das folgende Punkte: Name des Unfallversicherungsträgers, Geburtsdatum und Anschrift des Versicherten, Ausstellungsdatum, Unfalltag, Kennzeichnung für Arbeitsunfall, soweit nicht Berufskrankheit, gegebenenfalls Noctu-Kreuz. Der Apotheker muss alle Ergänzungen abzeichnen. Nicht ergänzt werden können der Arztstempel oder der entsprechende Aufdruck der Praxis sowie die eigenhändige Unterschrift des Arztes.

Hat die Apotheke Prüfpflicht hinsichtlich des Kostenträgers? 

Die Apotheke hat keine Prüfpflicht, ob der angegebene Kostenträger zahlen muss. Ist das Rezept ordnungsgemäß ausgestellt, ist die jeweilige BG oder Unfallkasse verpflichtet, die Kosten für die Heil- und Hilfsmittel zu erstatten.

Zuzahlung und Verordnungsausschlüsse

Was darf verordnet werden?

Zulasten der gesetzlichen Unfallversicherung dürfen sämtliche Arzneimittel verordnet werden. Und zwar unabhängig davon, ob sie verschreibungspflichtig, apothekenpflichtig oder freiverkäuflich sind. Darüber hinaus ist auch die Verschreibung sämtlicher Verbandmittel, Medizinprodukte sowie apothekenüblicher Waren gemäß § 1a  Absatz 10 der Apothekenbetriebsordnung inklusive Hilfsmittel möglich. Diesbezüglich gibt es auch keine regionalen Sondervereinbarungen. Sofern etwas aus den genannten Produktgruppen zulasten eines Unfallversicherungsträgers verordnet wird, muss dieser in jedem Fall der Apotheke die Kosten erstatten.

Kein Arbeitsunfall ­– kann die BG die Erstattung verweigern? 

Ist eine Verordnung nicht wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit erforderlich (fehlende Kausalität oder keine medizinische Notwendigkeit), muss die Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse den behandelnden Arzt darüber informieren, damit dieser keine Verordnung (mehr) zu ihren Lasten ausstellt. Die Versicherten sollten hierüber informiert werden. Sie können gegebenenfalls von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch machen. Nach Auskunft der DGUV ist eine Verweigerung der Kostenerstattung gegenüber der Apotheke nicht zulässig, auch wenn die ärztliche Verordnung zulasten der Unfallversicherung nicht richtig war.

Welche Zuzahlungen fallen an? 

Im Gegensatz zu GKV-Verordnungen werden bei Rezepten zulasten der gesetzlichen Unfallversicherung nie Zuzahlungen fällig. Diese trägt immer die Versicherung. Mehrkosten hingegen können fällig werden, wenn auf Wunsch des Patienten nicht nach aut idem ausgetauscht wird oder wenn der Preis des verordneten Mittels über dem Festbetrag liegt. Besteht allerdings der Arzt aus medizinischen Gründen auf das teurere Mittel, teilt dies der Unfallversicherung mit und kreuzt das Aut-idem-Feld an, übernimmt der Kostenträger auch die Mehrkosten. Dasselbe gilt, wenn im Rahmen der Akutversorgung oder aufgrund von Lieferengpässen das teurere Mittel abgegeben wird. In diesen Fällen macht die Apotheke einen entsprechenden Vermerk auf das Rezept.

Hilfsmittel, Dauerverordnungen und Preise

Was ist mit Hilfsmitteln? 

Bei Hilfsmittelverordnungen dürfen nur Apotheken, die zur Versorgung mit den jeweiligen Hilfsmitteln gemäß § 126 SGB V berechtigt sind, diese auch beliefern. Das heißt, die Apotheke muss für die jeweilige Produktgruppe präqualifiziert sein. Ein separater Vertragsbeitritt ist nicht notwendig. Der Vertrag zwischen DAV und DGUV umfasst auch Hilfsmittel.

Bei welchen Präparaten sind Dauerverordnungen möglich?

Für Krankenkost, Diätpräparate und Hilfsmittel sind Dauerverordnungen möglich. Eine Dauerverordnung ist eine Verordnung, die den Patienten für die Dauer von mindestens drei Monaten mit dem verordneten Mittel versorgt.

Wie rechnet man bei Dauerverordnungen ab?

Die Gesamtmenge muss auf Basis der Angaben von Arzt oder Patient berechnet werden. Die Abgabe erfolgt in Teilmengen. Diese müssen so bemessen sein, dass keine große Lagerhaltung beim Patienten notwendig ist. Jede Lieferung wird auf der Rezeptvorderseite vermerkt. Abgerechnet wird, wenn die letzte Teilmenge abgeben ist, oder monatlich – dann muss eine Rezeptkopie eingereicht werden.

Welche Preise kann man abrechnen? 

Für die Preisberechnung ist der Tag der Abgabe maßgeblich. Für Arzneimittel, die auch zulasten der GKV abgegeben werden können, gelten die entsprechenden gesetzlichen Regelungen zur Preisberechnung. Für nicht apothekenpflichtige Arzneimittel und apothekenübliche Waren finden sich detaillierte Angaben in § 5 und § 6 des Arzneiliefervertrags. Auch Notdienst- und BtM-Gebühr werden wie üblich berechnet.

Keine IK-Nummer – wie funktioniert die Eingabe?

BG und Unfallkassen haben keine IK-Nummer, über die man den Kostenträger in der Software suchen kann. Die Rezeptscannersoftware erkennt BG-Rezepte und schlägt den Kostenträger entsprechend vor. Die manuelle Eingabe unterscheidet sich graduell von Anbieter zu Anbieter. In der Regel muss Berufsgenossenschaft als Kostenträger ausgewählt werden, dann sind die entsprechenden Parameter hinterlegt. 

Korrektur: in der ursprünglichen Version des Artikels hieß es, der Unfallbetrieb sei ein Pflichtangabe. Das ist aber gemäß der aktuellen Vertragsversion nicht mehr so. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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