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Das französische Gesundheitsministerium greift durch: Weil in den vergangenen Monaten ein Missbrauch mehrerer hustenstillender Arzneimittel beobachtet wurde, sollen unter anderem Dextrometorphan und Codein nur noch mit Rezept erhältlich sein. Das Ministerium erklärt in einer Mitteilung, dass damit auch ausdrücklich der Versand dieser Präparate verboten ist.
Das französische Gesundheitsministerium hat sich am gestrigen Mittwoch in einer sehr ernst formulierten Mitteilung an die Öffentlichkeit gewandt. Darin erklärt das Ministerium, dass es mehreren „gefährlichen und lebensbedrohlichen Sucht-Praktiken“ ein Ende setzen wolle. Gemeint sind die sogenannten „Purple Dranks“, die in der Drogenszene derzeit sehr beliebt sind, weil sie aus Zutaten bestehen, die die Konsumenten in vielen Ländern ohne Verordnung leicht beziehen können. Konkret enthalten solche Mischgetränke in den meisten Fällen Hustenstiller, wie etwa Codein und Dextromethorphan (DMP) oder auch Promethazin. Beigemischt werden verschiedene Limonaden und zerbröselte Bonbons.
Das Ministerium teilt dazu mit: „Der Konsum von Purple Dranks, die zumeist aus einem Cocktail aus Codein, einem Antihistaminikum und Limonade bestehen, hat seit 2015 bei Erwachsenen und Heranwachsenden stark zugenommen. Das hat bei Jugendlichen seit Jahresbeginn schon zwei tragische Todesfälle verursacht.“ Das Ministerium berichtet weiterhin von mehr als 50 dokumentierten Fällen, in denen durch den Gebrauch von Dextromethorphan ein Gesundheitsschaden entstanden sei.
Hustenstiller nur noch als Rx und raus aus den Versandapotheken
Die Apotheken- und Verschreibungspflicht ist in Frankreich ähnlich geregelt wie in Deutschland: Bei der französischen Arzneimittelbehörde sind mehrere Expertenkommissionen ansässig, die regelmäßig Vorschläge für OTC- oder Rx-Switches besprechen. Zu diesen Experten gehören neben Ärzten auch Apotheker. Die Kommissionen geben ihre Empfehlungen ab, leiten sie an das Gesundheitsministerium weiter, welches dann das letzte Wort hat und eine Verordnung erlassen kann. Ende Juni hatten sich die Experten mit den Hustenstillern beschäftigt und dem Ministerium empfohlen, gleich mehrere Substanzen der Rezeptpflicht zu unterstellen.
Das Ministerium ist diesen Ratschlägen nun gefolgt: In seiner Mitteilung teilt das Haus von Gesundheitsministerin Agnès Buzyn mit, dass die Verschreibungspflicht ab sofort für alle Medikamente gilt, die Codein, Dextromethorphan, Ethylmorphin und Noscapin enthalten. In Frankreich ist der Versand von Rx-Arzneimitteln strengstens untersagt, deswegen heißt es in der Mitteilung weiterhin: „Ab sofort können Patienten diese Medikamente nur noch mit einer Verordnung erhalten. Der Verkauf dieser Arzneimittel auf den Internetseiten von Versandapotheken ist damit nicht mehr möglich.“
In Deutschland nie ohne Rezept: Codein und Noscapin
Codein ist in Frankreich für Patienten zum größten Teil rezeptfrei in Apotheken erhältlich. Diese niederschwellige Verfügbarkeit des Opioids wurde allerdings wohl auch ausgenutzt: Insbesondere Heroinabhängige oder Toxikomanen konsumierten Codein-haltige Hustensirupe wie Néo-Codion, Klipal, Tussipax oder Padéryl missbräuchlich. Die Grenze, ob ein codeinhaltiges Arzneimittel der Verschreibungspflicht unterstellt wird oder nicht, lag bislang bei 30 mg Wirkstoff pro abgeteilter Darreichungsform oder Dosierungseinheit. In Deutschland verhält sich die Situation anders: Codein und Noscapin (Capval®) erhalten Patienten in der Apotheke ausschließlich mit ärztlicher Verordnung.
Alles über Frankreichs Apothekenmarkt
Auch in Deutschland sind Missbräuche von Hustenstillern
immer wieder ein gesundheitliches Problem. 2009 berichtete das BfArM erstmals darüber,
dass die Berichte über (vermutete) missbräuchliche Anwendungen
Dextromethorphan-haltiger Arzneimittel deutlich gestiegen waren. Im Jahre 2011
diskutierte der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht im BfArM
dann, ob DMP-haltige Arzneimittel der Verschreibungspflicht zu unterstellen
sind, um den Missbrauch einzudämmen. Das BfArM beschränkte sich aber darauf,
Apotheker anzuhalten, das Antitussivum nicht mehr an Jugendliche abzugeben, da
bei dieser Altersgruppe der größte Missbrauchsverdacht besteht.
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