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Versandhandel
Münchener Pharmazeut klagt gegen Amazon-Apotheker
Ein Münchener Apotheker will Klage gegen Berufskollegen erheben, die apothekenpflichtige Arzneimittel über Amazon vertreiben. Dabei würden sensible Patientendaten missbräuchlich verwendet, so der Vorwurf. Zuvor hatte eine Kanzlei im Auftrag des Müncheners bundesweit 41 Apotheken mit Unterlassungsaufforderungen abgemahnt.
Zuletzt hatte ein Kooperationsmodell zwischen Amazons neuem Expresslieferdienst Prime Now und der Münchener Bienen-Apotheke, die in München Arzneimittel innerhalb einer Stunde liefern, für Aufregung im Apothekenmarkt gesorgt. Doch unabhängig davon und auch schon vorher haben viele Versandapotheken ihre Produkte - darunter viele OTC-Arzneimittel - über Amazon bzw. den Amazon Marketplace vertrieben.
Der Münchener Apotheker Hermann Vogel Jr., Inhaber mehrerer Apotheken in München, sieht dadurch allerdings den Datenschutz der Kunden in Gefahr und macht gegen seine Kollegen mobil.
In seinem Auftrag hat die Münchener Dependance der Kanzlei Smith, Gambrell und Russell kürzlich Abmahnungen an bundesweit 41 Apotheken versandt. Darin forderte die Kanzlei die Apotheker auf, bis zum heutigen Freitag, 23. Juni, 12 Uhr, alle apothekenpflichtigen Produkte von dem Amazon-Portal zu entfernen.
Wie Vogel gegenüber DAZ.online mitteilte, haben bis zu diesem Zeitpunkt jedoch nur zwei Apotheken ihr Angebot bei Amazon eingestellt. Als Konsequenz werde er nun Klage einreichen. Sein Anwalt Markus Bahmann erläuterte, dass diese Klage wahrscheinlich im Rahmen eines Musterprozesses gegen eine einzelne Apotheke geführt werde. Mit den anderen Apotheken solle vereinbart werden, dass sie auf die sogenannte „Einrede der Verjährung“ verzichten und in der Folge das Ergebnis der Musterklage akzeptieren. „Die Klage ist fertig“, sagte Bahmann gegenüber DAZ.online. Sie werde wahrscheinlich innerhalb einer Woche eingereicht, mit einem ersten mündlichen Verhandlungstermin rechnet er in vier bis fünf Monaten.
Datennutzung ohne Einverständniserklärung
Konkret kritisiert Apotheker Vogel, dass die Kunden bei ihrer Amazon-Bestellung persönliche Daten abgeben, ohne dass vorher deren Einverständnis zur Verwendung dieser Angaben abgefragt wird. Dabei handelt es sich um sensible Informationen: „Aus dem Namen des Medikaments lassen sich ganz unschwer Rückschlüsse auf die Beschwerden des Bestellers ziehen“, heißt es in der Abmahnung. Gesundheitsdaten gehörten zu den besonders schützenswerten Informationen, deren Erhebung deshalb besonders strengen Vorschriften unterliege.
Vogel kritisiert Umgang mit Datenschutz
Dagegen geht Amazon mit den Kunden- und Patientendaten recht freizügig um. Laut Datenschutzerklärung erhebt und verarbeitet das Unternehmen sämtliche Kundendaten, also auch Bestellinformationen, und übermittelt diese Daten auch an Dritte. Konkret heißt es in den Bestimmungen des Versandhändlers: „Wir nutzen diese Informationen für die Abwicklung von Bestellungen, die Lieferung von Waren und das Erbringen von Dienstleistungen (...) Wir verwenden Ihre Informationen auch, um mit Ihnen über Bestellungen, Produkte, Dienstleistungen und über Marketingangebote (…) zu kommunizieren (…) und Ihnen Produkte oder Dienstleistungen zu empfehlen, die Sie interessieren könnten.“
Vogel kritisiert auch, dass die Amazon-Apotheken im Gegensatz zu Versandapotheken keine Kontrollmöglichkeit haben, die Bestellprozesse bei Amazon Prime zu hinterfragen und eine korrekte Datenverwendung zu kontrollieren. In der Abmahnung seines Anwalts heißt es wörtlich: „Damit handeln Sie als Apotheker, der sich dieses besonderen Vertriebskanals ‚Amazon‘ bedient, rechtswidrig.“ Es liege ein klarer Rechtsverstoß vor. „Informationen über Arzneimittelkäufe und damit über Krankheiten von Patienten sind wohl völlig unstrittig besonders geschützte personenbezogenen Daten.“
Benachteiligung von Vor-Ort-Apotheken
Vogel sieht in der Kundendatennutzung bei Amazon zudem eine Benachteiligung gegenüber Apothekern wie ihn selbst. Denn im Gegensatz zur ungefragten Datenerhebung und -nutzung bei den Amazon-Apotheken müsse er von jedem Kunden einzeln und schriftlich die Einverständniserklärung einholen, wenn er Daten über Medikamenten-Käufe seiner Kunden speichern und für Werbeangebote über ein Kundenkarten-System nutzen wolle.
Dass er nun allein gegen zahlreiche Kollegen vorgeht, scheint Vogel nicht aus der Ruhe zu bringen. „Ich erwarte keine Unterstützung von anderen. Aber ich will eine juristische Klärung haben.“ Zuvor hatte er übrigens versucht, die Datenschützer verschiedener Bundesländer für dieses Thema zu sensibilisieren: „Aber da habe ich keine Reaktion gesehen“, so Vogel.
1 Kommentar
Zukunft als Amazonapotheker oder der Weg. In die pharmazeutische Sklaverei?
von Heiko Barz am 24.06.2017 um 11:11 Uhr
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