Diskussion um Fremdbesitzverbot

Lindner sieht Apothekenketten-Beschluss „skeptisch“

Olpe - 23.05.2017, 10:00 Uhr

Der FDP-Chef geht laut einem Antwortschreiben an einen Apotheker auf Distanz zum Beschluss seiner Partei. (Foto: dpa)

Der FDP-Chef geht laut einem Antwortschreiben an einen Apotheker auf Distanz zum Beschluss seiner Partei. (Foto: dpa)


Die FDP hat in Apotheken-Fragen in den letzten Monaten für viel Wirbel gesorgt. Parteichef Christian Lindner will Apotheker nicht unter „Naturschutz“ stellen und öffentlich nicht mehr den Eindruck erwecken, die FDP sei eine Klientelpartei. Ein Schreiben Lindners an einen Apotheker wirft nun neue Fragen auf.

Unter Apothekern ist die Kehrtwende der FDP in Sachen Apothekenpolitik in den letzten Monaten ein heißes Thema gewesen. Mehrere Bundesvorsitzende sprachen sich für eine gewisse Liberalisierung aus, Apotheken dürften nicht unter „Naturschutz“ gestellt werden, und ein Rx-Versandverbot sei ohnehin von gestern. Hinzu kam noch völlig überraschend die Forderung des FDP-Bundesparteitags von Ende April, das Fremdbesitzverbot aufzuheben.

Der Kreisvertrauensapotheker der Apothekerkammer Westfalen-Lippe aus Olpe, Ulf Ullenboom von der Apotheke am Markt, kontaktierte Lindner vor knapp zwei Wochen: Es stimme ihn als lokal engagierten Apotheker „tief traurig und verbittert“, dass der Chef einer Partei, „die einmal dem Mittelstand verpflichtet war“, nun bereit sei, die Apotheken „über die Klinge“ springen zu lassen. Warum es sich sehr wohl lohne, Apotheken unter „Naturschutz“ zu stellen, versuchte er Lindner in seinem Schreiben darzulegen – und argumentierte beispielsweise, dass das Fremdbesitzverbot dem Schutz der Gesundheit diene und die Arzneimittelversorgung von ausschließlich an der Gewinnmaximierung orientierten Kapitalgesellschaften entkoppele. 

Daher bat er Lindner, dass dieser seine Meinung und sein „Angebot der Problemlösung“ nochmals überdenken möge. So könne die FDP für 160.000 Beschäftigte der öffentlichen Apotheken und ihre Familien „spätestens bei der Bundestagswahl“ wieder eine Alternative werden, schrieb Ullenboom, und unterschrieb „im Namen aller Apothekerinnen und Apotheker im Kreis Olpe“.

Das Antwortschreiben, dem Lindner seinen FAZ-Gastbeitrag von Dezember beilegt, überraschte den Olpener Apotheker. Lindner schrieb zwar von „fairen Rahmenbedingungen“ zwischen den Apotheken vor Ort sowie deutschen und ausländischen Versandapotheken, hielt also an seiner Kritik am Rx-Versandverbot fest – distanzierte sich jedoch vom Beschluss des Bundesparteitags der eigenen Partei.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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8 Kommentare

AW, AW: Ha ha ha ha

von Bernd Jas am 25.05.2017 um 9:10 Uhr

Der jenige der das Parteiprogramm geschrieben hat, hat sich nur verschrieben.
Richtig sollte es Lauten: dass die FDP "die inhabergeführte Apotheke stürzen möchte".

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Quo vadis, FDP?

von Christian Rotta am 23.05.2017 um 19:29 Uhr

Fest steht, dass der Änderungs-/Ergänzungsantrag zum Fremdbesitz der FDP-Antragskommission und den Parteitagsdelegierten schon Wochen vor dem FDP-Parteitag vorlag (Antrag 194 des sog. Antragsbuchs zum Bundesparteitag). Die Aufgabe der Antragskommission ist es, dem Parteitag vorzuschlagen, wie Anträge zu behandeln sind. Der Satz zum Fremdbesitz ("Weitere Markthemmnisse wie das Fremdbesitzverbot müssen abgeschafft werden") sollte danach ohne Abstimmung ins Wahlprogramm übernommen werden. Wenn jetzt Christian Lindner den Eindruck zu erwecken versucht, er habe von dem Ergänzungsantrag nichts gewusst und die Übernahme ins Parteiprogramm zur Bundestagswahl sei dem chaotischen Gesprächsverlauf auf dem Parteitag geschuldet, ist dies in hohem Maße unglaubwürdig. Und schlichtweg unterirdisch und einer liberalen Partei nicht würdig ist es, jetzt in Trump-Manier „gewisse Apotheken-Medien", die den FDP-Tabu-Bruch zum Fremdbesitzverbot öffentlich gemacht haben, zu denunzieren (und mittelbar zu drohen). Und schließlich: Dass Lindners Pressesprecher darauf hinweist, sein Parteichef stehe einer „isolierten" Aufhebung des Fremdbesitzverbots durchaus „skeptisch" gegenüber, kann auch nicht so recht beruhigen. Argumentative Verschlimmbesserung nennt man das wohl - gehört doch für Ketten-Freunde zur Forderung nach Aufhebung des Fremdbesitzverbots zwingend auch die Abschaffung des Mehrbesitzverbots... Aber wahrscheinlich war’s dann so doch nicht gemeint und die bösen Apothekenmainstreammedien haben bewusst alles missverstanden.

Quo vadis, FDP? Es scheint: Die apothekenpolitische Geisterfahrt geht weiter.

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AW: Quo vadis, FDP

von Uwe Hansmann am 24.05.2017 um 9:17 Uhr

So dumm, wie Lindner meint, sind die Wähler am Ende nicht. Dieses Schauspiel ist einfach zu durchsichtig. Ein Selbstdarsteller vor dem Herrn, dem jedes Mittel recht ist, Popularität zu erhaschen.
Der Spruch "Hochmut kommt vor dem Fall" sei Lindner ins Gebetbuch geschrieben.
Noch ist Zeit, sich auf die eigentlichen Werte der alten Dame FDP zu besinnen.
Bis September kann noch viel passieren, Herr Lindner!

FDP gegen Gemeinwohl

von Ratatosk am 23.05.2017 um 18:47 Uhr

Eine FDP die gegen den Mittelstand agiert, noch nicht einmal begreift, was Gemeinwohlpflichten sind, für die die Apotheken schon ewig bluten, damit die Apothekenpflicht gerechtfertigt ist, hat die politische Daseinsberechtigung verloren, da die internatinalen Großkonzerne die hier protegiert werden, keine Partei mehr brauchen. Klar, gerechter Wettbewerb mit Konzernen, die dann aber auch legal praktisch keine Steuern mehr zu zahlen brauchen. Die Kommunen können schon mal danken. Das völlig chaotische Durcheinander der Beschlußlagen zeigt überdies die Überforderung der Parteiführung.

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Stütze für die Apotheke

von Christian Becker am 23.05.2017 um 14:03 Uhr

Ja, klar. Wenn die FDP-Phantasien Realität werden, dann beziehen viele Apotheker und sonstiges Apothekenpersonal zukünftig Stütze.

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hmmm... Parteiprogramm

von Rolf Lachenmaier am 23.05.2017 um 12:42 Uhr

Herr Denkler, da haben Sie recht. Nur: macht es das in irgendeiner Weise besser?! Entweder wäre die Partei dann etwas unfähig, ihr eigenes Programm zu beschließen und zu verstehen oder Sie wollte arglistig täuschen... Suchen Sie es sich heraus. Der Tenor aus vielen Kommentaren von Julis und "Liberalen": Apotheke ist doof! Weg damit! Da hilft dann auch kein beschönigen oder erklären. Fakt ist: Das steht da so... im Vorab-Programm noch nicht.
Das Ganze dann als Ergebnis von gezielten "denunziatorischen Kampagnen der Apotheker-Medien" zu bezeichnen - ist grenzdebil oder schlicht gelogen!

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Ha ha ha ha ...

von Rolf Lachenmaier am 23.05.2017 um 10:37 Uhr

Zitat aus dem gerade beschlossenen Parteiprogramm der fdp S.48:
"Ein pauschales Versandhandelsverbot von rezeptpflichtigen Arzneimitteln lehnen wir ab, denn jede Patientin und jeder Patient sollte die Wahlfreiheit haben, von wem er sein rezeptpflichtiges Arzneimittel bezieht. Wir halten ein differenziertes Angebot für zwingend erforderlich, welches einerseits Patientinnen und Patienten die Nutzung digitaler Angebote ermöglicht, andererseits die durch die in- und ausländischen Apotheken bisher sehr gut gewährleistete Versorgungsqualität sicherstellt. Weitere Marktzugangshemmnisse wie das Fremdbesitzverbot müssen abgeschafft werden."
Noch Irgendwelche Fragen, Herr Lindner?! Wer dennoch zögert, sollte sich mal spaßeshalber die "Diskussionen" (nennen wir's besser das Apotheker-Bashing) auf den einschlägigen fdp-Seiten ansehen - wirkt Wunder.
Jenseits aller Denunzations-Fantasien...

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AW: Ha ha ha ha

von Henning Denkler am 23.05.2017 um 11:51 Uhr

Fairerweise sollte man aus dem gleichen Programm aber auch zitieren, dass die FDP "die inhabergeführte Apotheke stützen möchte". Direkt im Folgesatz kommt dann das von Ihnen eingefügte Zitat, also ein direkter Widerspruch. Es stellt sich jetzt die Frage, ob da irgendwer etwas geschrieben hat, was mit der Partei so gar nicht abgesprochen war?!

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