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Ändert STIKO ihre Empfehlung?
Pertussis-Impfung während Schwangerschaft schützt Säugling besser
Schwangere Frauen in den USA bekommen eine Impfung gegen Keuchhusten – routinemäßig. Diese schützt nicht nur die Mutter, auch der Säugling profitiert insbesondere in den ersten zwei Monaten. In Deutschland ist die Situation anders: Die STIKO empfiehlt die Impfung nur vor oder nach der Schwangerschaft. Warum ist das so? Ist es an der Zeit, die STIKO-Empfehlung zu überdenken? DAZ.online hat beim RKI nachgefragt.
Keuchhusten ist nicht nur lästig, sondern auch gefährlich und zwar vor allem für Neugeborene. Die Hospitalisierungsrate ist gerade bei Säuglingen am höchsten, die für eine eigene Impfung noch zu klein sind – sprich in den ersten zwei Monaten nach der Geburt. Dies zeigte die Auswertung einer Kohortenstudie aus Schweden mit 127 Säuglingen und einem durchschnittlichen Alter von 49 Tagen aus dem Jahre 2013.
Gerade in dieser direkten Zeit nach der Geburt benötigen die Kinder also besonders dringend einen Schutz vor Infektionen mit Bordetella pertussis. In dieser zweimonatigen Latenz sind sie auf den Keuchhustenschutz der Mutter durch maternale Antikörper angewiesen.
Wie kann man Neugeborene besser vor Keuchhusten schützen?
Daten zeigen jedoch, dass dieser häufig zu wünschen übrig lässt. Wie kann dieser verbessert werden? Die maternalen Antikörper schwinden sukzessive nach der Geburt beim Neugeborenen, nach vier Monaten sind sie praktisch nicht mehr nachweisbar. Wirkt sich eine Keuchhustenvakzination bei bereits bestehender Schwangerschaft vielleicht günstig auf den Immunstatus des Neugeborenen aus? Ist sie ein extra „Booster“ für den Schutz des Säuglings?
Diese Frage hat sich ein Team aus Wissenschaftlern um Nicola Klein gestellt und wertete hierzu Daten von 148.981 Neugeborenen aus. Bereitgestellt hat die Zahlen ein US-Versicherer, Kaiser Permanente. Die Ergebnisse wurden im April in Paediatrics veröffentlicht.
Keuchhustenimpfung während Schwangerschaft schützt Neugeborenes besser
Eine mütterliche Impfung verringerte das Pertussis-Risiko in den ersten beiden Lebensmonaten um 91,4 Prozent. Erfolgte die Impfung noch vor Eintreten der Schwangerschaft, lag der Schutz beim Säugling in den ersten beiden Monaten bei lediglich 68,6 Prozent. Keinen signifikanten Vorteil hatten die Kinder, wenn sich die Mutter erst nach der Geburt impfen ließ. Somit scheint eine Keuchhustenimpfung während der Schwangerschaft den maternalen Antikörper-Transfer auf den Säugling nochmals zu „boosten“.
Bereits seit 2010 empfiehlt die Kaiser Permanente ihren Versicherten eine Auffrischung der Pertussis-Impfung während der Schwangerschaft. Schwangere in den Vereinigten Staaten scheinen dieses Angebot auch durchaus zu nutzen: Ließen sich bis 2008 weniger als ein Prozent der Schwangeren impfen, waren es 87,4 Prozent im Jahr 2015. Seit 2013 bekommen US-amerikanische Frauen während der Schwangerschaft routinemäßig eine Impfung gegen Pertussis.
Keuchhusten-Impfung bei Schwangeren: Was empfiehlt die STIKO aktuell?
Bislang empfiehlt die STIKO eine Pertussis-Impfung lediglich für Frauen mit Kinderwunsch. Diese sollten, wenn die letzte dokumentierte Impfung gegen Keuchhusten länger als zehn Jahre zurückliegt, sich einmalig mit Tdap impfen lassen. Wird dieser Zeitpunkt vor der Konzeption versäumt – weil die Schwangerschaft möglicherweise ungeplant war –, soll die Mutter die Pertussis-Impfung laut STIKO in den ersten Tagen nach der Geburt nachholen.
Keuchhusten-Impfung also vor der Schwangerschaft und nach der Schwangerschaft – doch was ist während der Schwangerschaft? DAZ.online hat beim Robert-Koch-Institut (RKI) nachgefragt.
Ändert die STIKO ihre Pertussis-Empfehlung?
„Die STIKO wird sich mit der Frage befassen. Es gibt dazu eine Arbeitsgruppe, zu der bei spezifischen Fragen bei Bedarf externe Experten eingeladen werden“, sagt Susanne Glasmacher vom RKI. Zum Zeitrahmen könne man keine Prognose abgeben.
Gibt es überhaupt einen zugelassenen Impfstoff gegen Keuchhusten in der Schwangerschaft?
Einen zugelassenen Impfstoff gibt es bereits: Boostrix® und Boostrix Polio® dürfen seit Dezember 2016 auch Schwangeren im dritten Trimenon verabreicht werden. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hatte europaweit die Zulassung der beiden Impfstoffe erweitert. Die Impfstoffe waren zuvor zur Auffrischimpfung für Kinder ab dem vierten Lebensjahr indiziert. Sie schützen vor Diphterie, Tetanus, Pertussis und – im Falle von Boostrix Polio® – auch vor Poliomyelitis.
Ob die Impfung von schwangeren Frauen im gleichen Maße angenommen und akzeptiert wird wie in den Vereinigten Staaten, ist bislang noch nicht evaluiert worden. Da sich der Zulassungsstatus der TdaP-Impfstoffe erst kürzlich geändert hat, „kann es noch keine Impfquoten bei Schwangeren geben“, sagt das RKI zu diesem Punkt.
Ist eine Pertussis-Impfung für Schwangere sicher?
Eine bestehende Schwangerschaft ist keine Kontraindikation für Totimpfstoffe. Ganz im Gegenteil: Eine Grippeimpfung zählt zu den Standardimpfungen während einer Schwangerschaft. Eine Einschränkung nennt das RKI allerdings. Eine Impfung sollte möglichst nicht im ersten Trimenon erfolgen. Insbesondere in dieser Zeitspanne erleiden Frauen häufiger Spontanabborte. Eine negative Korrelation mit der Impfung soll so vermieden werden.
Auch Boostrix® und Boostrix Polio® sind sicher für eine Anwendung in der Schwangerschaft. Die für die Erweiterung der Zulassung relevanten Daten basierten auf der Impfung von 793 Schwangeren zwischen der 28. und 38. Schwangerschaftswoche. Die Ergebnisse: Die Schwangeren haben die Impfung gut vertragen und es kam zu keinen schwerwiegenden Nebenwirkungen bei der Mutter beziehungsweise dem neugeborenen Kind.
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