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May/Bauer/Dettling-Gutachten
„Die Preisbindung ist nur mit dem Rx-Versandverbot zu erhalten“
Schon moderate Marktanteile der Versender können Landapotheken gefährden
DAZ.online: Was ist aus ökonomischer Sicht für Sie persönlich die wichtigste Erkenntnis aus Ihrer Untersuchung?
Uwe May: Eine Feststellung, die uns sehr wichtig erscheint, ist, dass hier offenbar der seltene Fall vorliegt, dass die bessere Lösung für die Patienten, nämlich die Arzneimittelversorgung durch Vor-Ort-Apotheken, gleichzeitig unter dem Strich auch die kostengünstigere Lösung für das Gesundheitssystem ist. Der typische Zielkonflikt zwischen Ökonomie und Versorgungsqualität ist hier nicht gegeben.
DAZ.online: Wie kann das sein? Für viele Beobachter scheint es offensichtlich, dass der Versandhandel vielleicht nicht besser, aber zumindest doch kostengünstiger ist als die Versorgung durch Vor-Ort-Apotheken, oder?
May: Die Verteilung von Arzneimitteln über den Versandhandel mag billiger sein, aber nicht kostengünstiger im Sinne eines Preis-Leistungs-Verhältnisses. Eine gesundheitsökonomische Betrachtung verlangt nach der Erfassung aller Kostenarten und aller Nutzenaspekte. Auf der Nutzenseite sind Versandhandel und Vor-Ort-Apotheke nicht vergleichbar, so dass jeder Kostenvergleich von vorneherein hinkt. Auf der Kostenseite gibt es zwar Vorteile des Versandhandels, die durch Nachteile in der Versorgung, die ihrerseits zu Folgekosten führen, wieder aufgezehrt werden.
DAZ.online: Es gibt ja auch Vorschläge, die im Kern darauf abzielen, die Preisbindung, aber auch den Versandhandel zu erhalten, zum Beispiel das Modell begrenzter Boni. Was halten Sie davon?
May: Grundsätzlich würde dies zu einer Doppelstruktur führen, in der neben den Versandapotheken auch die Vor-Ort-Apotheken wirtschaftlich existenzfähig sein müssten. Um Letzteres zu erreichen, wären Verluste an den Versandhandel durch Honorarerhöhungen oder eine direkte Subventionierung auszugleichen. Dabei sind begrenzte Boni sicherlich vernünftiger als unbegrenzte Boni. Ein guter Kompromiss sind sie deshalb noch nicht. Auch begrenzte Boni führen dazu, dass finanzielle Erwägungen zu einem (unsachlichen) Kriterium für die Kaufentscheidung des Patienten zugunsten des Versandhandels werden. Deshalb werden die Vor-Ort-Apotheken im Wettbewerb gezwungen sein, Boni zu gewähren. Der wirtschaftliche Verlust durch die Boni-Gewährung oder, alternativ die Abwanderung von Kunden, wenn keine Boni gewährt werden, reichen aus, um insbesondere Landapotheken in ihrem Bestand zu gefährden.
DAZ.online: Ist es angemessen, gleich von einer Existenzbedrohung vieler Apotheken zu sprechen? Die Freunde des Versandhandels halten dies für maßlos übertrieben …
Bauer: Unsere Überlegungen und Berechnungen haben gezeigt, dass schon relativ moderate Marktanteile, die der Versandhandel gewinnen könnte, ausreichen, um insbesondere Apotheken auf dem Land in ihrer Existenz zu gefährden. Dies liegt an der spezifischen betriebswirtschaftlichen Situation von Apotheken, die es bedingt, dass Umsatzverluste im Rx-Geschäft eine überproportional große Hebelwirkung auf die Gewinnsituation und somit die Rentabilität der Apotheke haben.
DAZ.online: Wie sehen sie aus gesundheitsökonomischer Sicht die Bedeutung der aktuellen Diskussion und den Stellenwert der Vor-Ort-Apotheke für die Zukunft?
May: Perspektivisch ist es aus gesundheitsökonomischer Sicht angeraten, den niederschwelligen Versorgungszugang in den Apotheken noch breiter und intensiver zu nutzen, um den Effizienzgrad der Arzneimitteltherapie zu steigern und die Apotheken verstärkt zur Entlastung des ambulanten Versorgungssystems zu nutzen. Eine Gefährdung der flächendeckenden Apothekenversorgung durch den Versandhandel und die Aufhebung der Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel würde diesem zukunftsorientierten Bestreben zuwiderlaufen.
4 Kommentare
Mein Gott war das ...
von Christian Timme am 28.03.2017 um 23:00 Uhr
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Effizienz und Kosteneffektivität
von T. La Roche am 28.03.2017 um 20:39 Uhr
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Faule Kompromisse sind also keine Lösung!
von T. La Roche am 28.03.2017 um 18:28 Uhr
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Kann man sich nur dafür bedanken!
von Christian Giese am 28.03.2017 um 18:05 Uhr
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