PR-Aktion der ABDA

1,2 Millionen Unterschriften für die Apotheke vor Ort

Berlin - 15.03.2017, 11:15 Uhr

Pro Apotheke: Bei ihrer Unterschriftenaktion sammelten mehr als 6000 Apotheker in ganz Deutschland insgesamt rund 1,2 Millionen Unterschriften fü die Apotheke vor Ort. Was mit den Unterschriften nun passieren soll, ist noch unklar. (Foto: ABDA/Lehner)

Pro Apotheke: Bei ihrer Unterschriftenaktion sammelten mehr als 6000 Apotheker in ganz Deutschland insgesamt rund 1,2 Millionen Unterschriften fü die Apotheke vor Ort. Was mit den Unterschriften nun passieren soll, ist noch unklar. (Foto: ABDA/Lehner)


Rund 1,2 Millionen Menschen in Deutschland haben sich dafür ausgesprochen, die Institution Apotheke vor Ort zu erhalten. Das ist das Ergebnis der Unterschriften der ABDA. Eine konkrete politische Forderung, wie etwa das Rx-Versandverbot, verbindet die Interessenvertretung der Apotheker weiterhin nicht mit der Aktion. Für den politischen Unterton der Initiative war die ABDA kritisiert worden.

Die ABDA hatte die Unterschriften-Aktion im Dezember 2016, kurz vor Weihnachten, gestartet. Alle Apotheker hatten ein Aktionspaket aus Berlin bekommen. Unter anderem waren dabei: Unterschriftenlisten, Poster für die Schaufenster und Info-Flyer für die Kunden. „Gesundheitssystem in Gefahr“, hieß es plakativ auf den Materialien. Auf den Flyern wurden zudem verschiedene Risiken für Patienten aufgelistet, zu denen „aktuelle Entscheidungen der EU“ führen könnten – wie die Abschaffung des Nacht- und Feiertagsdienstes oder mangelhafter Beratung für Schwangere, Senioren und Kranke. Die konkrete Entscheidung des EuGH zur Rx-Preisbindung erklärte die ABDA darauf aber nicht. Mit der Aufforderung an die Politik „Stoppen Sie die gefährlichen Einflüsse von außen!“ hatte die ABDA die Menschen um ihre Unterschrift gebeten.

Ende Februar war die Aktion ausgelaufen, die Apotheker sollten ihre gesammelten Unterschriften an die ABDA zurücksenden. Zwischendurch war es bei einigen Apothekern zu Irritationen gekommen, weil für sie nicht klar zu erkennen war, an welche Adresse die gesammelten Unterschriften zurückgeschickt werden sollten.* Nun aber hat die ABDA eine vorläufige Auswertung vorgenommen: Nach „bisherigem Stand“ haben sich laut ABDA 1,2 Millionen Menschen mit ihrer Unterschrift für den Erhalt und Schutz der wohnortnahen Apotheken ausgesprochen. Mehr als 6.000 Apotheken aus allen 16 Bundesländern haben der ABDA zufolge zehntausende Unterschriftenlisten eingeschickt. Ganz fertig ist die ABDA mit der Auswertung noch nicht, weil einige Apotheker ihre Listen erst jetzt verspätet einsenden.

Was hat die ABDA mit den gesammelten Signaturen nun also vor? Ein Sprecher erklärte gegenüber DAZ.online, dass man es sich vorbehalten wolle, die Unterschriften später an die Politik zu übergeben. Derzeit sei dies aber nicht konkret geplant. Vielmehr habe es drei andere Gründe für die Aktion gegeben:„Erstens wollten wir mit unseren Kunden über die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ins Gespräch kommen. Zweitens wollten wir der Politik zeigen, dass wir solche Initiativen jederzeit flächendeckend ausrollen können. Und drittens wollten wir öffentlichkeitswirksam mitteilen, dass wir mit dem EuGH-Urteil alles andere als zufrieden sind und welche Konsequenzen sich daraus ergeben können.“

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt ist mit dem Ausgang der PR-Aktion zufrieden: „Wenn mehr als eine Million Bürger mit ihrer Unterschrift eine sozial gerechte und wohnortnahe Arzneimittelversorgung für die Zukunft einfordern, dann ist das ein klarer Auftrag in Richtung Politik zu handeln. Und zu handeln heißt in diesem Fall: den Versand von Arzneimitteln auf den Bereich nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel zurückzuführen und das entsprechende Gesetz zügig zu verabschieden.“

Die ABDA hatte schon größere Unterschriftenaktionen

In einer Mitteilung wertet die ABDA ihre Umfrage auf: Selbst „aufwändige und lang angelegte“ Unterschriftenaktionen hätten nur selten mehr als 100.000 Unterstützer – selbst wenn sie online durchgeführt würden. Schmidt dazu: „Wir aber haben vor Ort mit den Patienten gesprochen und ihre echte, persönliche Unterstützung erfahren. Rein statistisch haben in jedem einzelnen Bundestagswahlkreis rund 4.000 Menschen mit ihrem Namen für die Apotheke und gegen den Wegfall der Arzneimittelpreisbindung unterzeichnet. Das ist ein starkes Votum.“ Der ABDA-Präsident bedankte sich bei allen Apothekern für ihr Engagement in der Sache.

Die ABDA war für ihre Aktion in einigen Medienberichten scharf kritisiert worden. Im Zentrum der Kritik standen die vermeintlich europakritischen Aussagen auf den Informationsblättern der Kampagne. Auf einer Pressekonferenz kurz vor dem Start der Aktion hatte die ABDA-Spitze klargestellt, dass sie keine pauschale und populistische Europakritik betreiben wolle. Auch in der Politik war das Vorgehen der ABDA nicht gut angekommen. Sowohl der CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich als auch die SPD-Apothekenexpertin Sabine Dittmar hatten bemängelt, dass die Aktion als europa-feindlich wahrgenommen werden könne.

Fest steht, dass die aktuelle Unterschriftenaktion nicht die erfolgreichste in der Geschichte der ABDA ist. Vor etwa 15 Jahren hatte die ABDA schon einmal in den Apotheken um Unterschriften gebeten. Auch damals ging es um den Versandhandel. Im Rahmen der „Initiative Pro Apotheke“ hatte die ABDA explizit dafür geworben, das damals noch bestehende Versandverbot beizubehalten. Für dieses Ziel unterschrieben 2002 sieben Mal mehr Menschen als für die aktuelle Aktion: Insgesamt 7,745 Millionen Unterschriften präsentierte der damalige ABDA-Präsident Hans-Günter Friese der damaligen parlamentarischen Staatssekretärin Gudrun Schaich-Walch (SPD) auf dem Berliner Bebelplatz.

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Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hatte es geheißen, dass die ABDA nicht mitgeteilt habe, wohin die Apotheker ihre gesammelten Unterschriften schicken sollen. Das ist so nicht richtig. Allerdings hatten einige Pharmazeuten Probleme damit, in dem Paket zur Unterschriftensammlung die Rücksende-Adresse zu finden.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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7 Kommentare

RX-Versandverbot

von Dr. Markus Junker am 16.03.2017 um 12:31 Uhr

Wenn das nicht kommt, wird es uns alle, in welcher Form auch immer, treffen, davon kann man wohl sicher ausgehen.
Was das bedeuten würde, kann man sich an fünf Fingern ausrechnen. Warum nicht mehr mitgemacht haben, kann ich nicht verstehen. Jeder Beitrag zählt, und niemand sollte seinen Einfluss unterschätzen.

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AW: RX-Versandverbot

von Annette Dunin v. Przychowski am 19.03.2017 um 10:07 Uhr

Es ist wohl auch den lieben Kolleginnen und Kollegen noch nicht aufgegangen, was es bedeutet, wenn die Krankenkassen Rabattverträge zur RX-Arzneimittelversorgung mit einer einzelnen Versandapotheke abschließen. Das ist wohl auch noch nicht den deutschen Versandapotheken klar geworden. Mit den Kampfpreisen, die einzelne Aktiengesellschaften kurzfristig anbieten können, kann sonst niemand mithalten.
https://www.vdek.com/presse/pressemitteilungen/2017/Pressekonferenz/_jcr_content/par/download_2/file.res/Vortrag%20zu%20Versandhandel%20und%20Zytostatika.pdf

Unterschriftenaktion der ABDA

von Erika Siebert am 15.03.2017 um 20:26 Uhr

Warum in aller Welt wird diese wirklich gut gelaufene Aktion nur kritisiert, nach möglichen Fehlern durchsucht, mit irgendwelchen anderen Aktionen verglichen, kurz möglichst negativ dargestellt?
Toll ist doch, daß etwas getan wurde und zwar mit großer Resonanz.
Warum besonders die DAZ als eines unserer Sprachrohre dieser Aktion so negativ, ja fast gehässig, gegenübersteht ist schon erstaunlich. Ich denke, es wäre besser, unsere Standeszeitungen würden uns unterstützen, denn ohne uns und unsere Abos ist auch die Zukunft der DAZ gefährdet.

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Peinlich ...

von Christian Timme am 15.03.2017 um 17:21 Uhr

Es hat wohl, in den letzten 15 Jahren, die falschen Apotheken getroffen. Kein "Nachbrenner", kein "Punch", bei über 3. Mio. Kundenkontakten am Tag. "Es hätte auch ...".

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RX-Versandverbot

von Dr. Radman am 15.03.2017 um 15:11 Uhr

So können wir aber kein RX-Versandvorbot verlangen. Die Mehrheit der Apothekerschaft haben den EU-GH Urteil so akzeptiert, indem sie nichts dagegen unternommen haben... So sehe ich das....

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RX-Versandverbot

von Dr. Radman am 15.03.2017 um 13:29 Uhr

Nur 6000 Apotheker haben mitgemacht?
Was ist mit dem Rest? Warum haben sie nicht mitgemacht?
Seltsam!!!!

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AW: ängstlich

von florian becker am 15.03.2017 um 14:39 Uhr

Offensichtlich hat (wieder mal) ein leichtes Stirnrunzeln und ein erhobener Zeigefinger der Politik gereicht, um der Mehrheit genug Angst einzujagen, um die Mitarbeit zu verweigern.
Auch daran krankt unser Berufsstand, dass wir uns von allem und jedem sofort einschüchtern lassen.
Könnte ja die "Kette" kommen.. oder der Schwarze Mann oder was weiß ich..

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