Beratungs-Quickie

Arzneimittel im Rahmen einer künstlichen Befruchtung

München - 12.01.2017, 17:05 Uhr

Die Behandlung für die Superovulation beginnt gewöhnlich am zweiten oder dritten Zyklustag. (Foto: vchalup/ Fotolia)

Die Behandlung für die Superovulation beginnt gewöhnlich am zweiten oder dritten Zyklustag. (Foto: vchalup/ Fotolia)


Welche Informationen sind bei einem Beratungsgespräch in der Apotheke für den Patienten wichtig? Welche hilfreichen Tipps kann der Apotheker zu Arzneimitteln und Therapien geben? Im Beratungs-Quickie stellen wir jeden Donnerstag einen konkreten Patientenfall vor. Diesmal geht es um eine Verordnung über zwei Arzneimittel für eine Frau im Rahmen einer assistierten Reproduktion.

Formalien-Check

Die Frau legt das Rezept drei Tage nach Ausstellung in der Apotheke vor.

Verordnet sind Gonal F® 1050 I.E. / 1,75 ml, TRS (Trockensubstanz mit Lösungsmittel), unter Angabe des Herstellers und der PZN sowie drei Ampullen Predalon® 5000 I.E. auch unter Angabe des Herstellers und der PZN.

Es handelt sich um eine Verordnung nach § 27a SGB V „Künstliche Befruchtung“. Die Patientin hat einen Eigenanteil von 50 Prozent der Kosten für die Arzneimittel, die im Rahmen einer zur künstlichen Befruchtung eingesetzt werden, zu tragen. Die Apotheke muss die Verordnung mit der Sonder-PZN 09999643, dem abzurechnenden Betrag (50 Prozent des Arzneimittelpreises) und im Zuzahlungsfeld mit „0“ bedrucken.

Der Arzt hat den aut-idem-Austausch ausgeschlossen. Bei Position eins ist das Originalarzneimittel verordnet, preisgünstige Importe sind zu beachten. Das Rezept ist vollständig, aber nicht eindeutig: Bei Position zwei sind ein ehemaliger Hersteller und die frühere Darreichungsform genannt. Nach ärztlicher Rücksprache und Dokumentation ist die N2-Packung Predalon® 5000 I.E. mit  3 x 1 + 1 Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung des aktuellen Herstellers MSD Sharp & Dohme GmbH  abzugeben.

Ab Ausstellungsdatum ist die Verordnung einen Monat gültig.

Beratungs-Basics

Der Kundin kennt die Spritzen. Für sie ist es der zweite Behandlungsversuch. Ihr behandelnder Arzt hat ihr einen Anwendungsplan und weitere Untersuchungstermine gegeben. Über den Eigenanteil ist sie informiert.Die verordnete Kombination ist zur Anwendung unter fachärztlicher Kontrolle vorgesehen.

Gonal F® enthält Follitropin alfa, ein Follikelstimulierendes Hormon (FSH), das zur Gruppe der Gonadotropine gehört. Die Kundin erhält das Arzneimittel zur Stimulation der multifollikulären Reifung zur Vorbereitung auf eine Technik der assistierten Reproduktion (z. B. In-vitro-Fertilisation, IVF).

Die Behandlung für die Superovulation beginnt gewöhnlich am zweiten oder dritten Zyklustag mit der Anwendung von täglich 150 bis 225 I.E. Follitropin alfa. Das Arzneimittel wird subkutan injiziert. Die erste Injektion erfolgt unter ärztlicher Aufsicht. Die nächste Injektion am darauf folgenden Tag sollte um die gleiche Uhrzeit erfolgen. Nur Patienten, die ausreichend geschult sind, sollten sich danach das Arzneimittel selbst verabreichen.

Die Behandlung wird fortgesetzt, bis eine ausreichende Follikelreifung erzielt ist, wobei die Dosis individuell an die ovarielle Reaktion der Patientin angepasst wird (bis maximal 450 I.E. täglich). Die Beurteilung erfolgt durch Monitoring der Serum-Östrogenspiegel und / oder sonographische Kontrolle der Follikelreifung. Etwa am zehnten Behandlungstag (Spanne: fünf bis zwanzig Tage) wird in der Regel eine ausreichende Follikelentwicklung erzielt.

Um die Endreifung der Follikel zu induzieren, wird 24 bis 48 Stunden nach der letzten Follitropin alfa-Injektion das zweite Arzneimittel Predalon® verabreicht. Der arzneilich wirksame Bestandteil hCG (Choriongonadotropin) wird aus dem Urin schwangerer Frauen gewonnen und besitzt Aktivität an luteinisierendem Hormon (LH). Die intramuskuläre Injektion erfolgt einmalig und in einer Dosierung von 5000 bis 10000 I.E. hCG.

Neben Reaktionen und Schmerzen an der Einstichstelle kann es durch die Behandlung häufig zu Kopfschmerzen, Gynäkomastie, Ovarialzysten sowie Übelkeit, Bauchschmerzen und Erbrechen kommen. Außerdem besteht das Risiko einer Hyperstimulation. Anzeichen für ein leichtes ovarielles Überstimulationssyndrom (OHSS) können Erbrechen, Übelkeit, Durchfall und Unterleibsschmerzen sein. Bauchschmerzen, Wassereinlagerungen oder Atemnot können ein Hinweis auf ein schweres OHSS sein. Die Kundin muss in diesem Fall sofort einen Arzt aufsuchen.

Bei künstlichen Befruchtungen ist die Wahrscheinlichkeit für Mehrlingsschwangerschaften etwas erhöht. Der Arzt muss Patientinnen vor Behandlungsbeginn über die potentiellen Risiken einer Mehrlingsschwangerschaft informieren. 

Auch noch wichtig

Gonal F® ist zur Mehrfachanwendung für mehrere Injektionen vorgesehen. Die Injektionslösung muss vor Gebrauch mit dem beigefügtem Lösungsmittel rekonstituiert werden. Sie ist 28 Tage haltbar und ist vor Licht geschützt (in der Originalverpackung) zu lagern. Die hergestellte Lösung darf nicht angewendet werden, wenn sie Schwebstoffe enthält oder nicht klar ist.

Auch Predalon® besteht aus einem gefriergetrockneten Pulver und einem Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung. Das Arzneimittel muss im Kühlschrank gelagert werden. Das rekonstituierte Arzneimittel ist sofort zu verwenden.

Die Kundin muss vor der Einnahme von anderen Arzneimitteln ihren Apotheker oder Arzt um Rat fragen, um fruchtschädigende Wirkungen zu vermeiden.

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Fehlender §27a-Vermerk

Retaxfalle künstliche Befruchtung

Darf´s ein bisschen mehr sein?

  • Die Kundin sollte auf eine gesunde Lebensweise achten. Dazu gehören ausreichend Schlaf, gesunde Mischkost und Entspannung(smethoden). Auf Rauchen und Alkohol sollte sie verzichten.
  • Zwölf Wochen vor einer möglichen Schwangerschaft ist mit der Einnahme eines Präparates mit Folsäure und andere Vitaminen und Nährstoffen für die Eizellen-Reifung und für die Schwangerschaft zu beginnen (z.B. Femibion® Babyplanung).
  • Die Erfolgschancen einer IVF-Behandlung sind während der ersten vier  Behandlungsversuche stabil und nehmen danach allmählich ab.

Die Kundin zeigt sich zuversichtlich, dass es im zweiten Anlauf klappt. Das Prozedere sei zwar aufwändig, zeit- und kostenintensiv und natürlich auch stressig. Sie sehe das allerdings als gute Vorbereitung, da es sich um Probleme handele, die man ja bekanntlich auch dem Elternsein nachsagt. 



Manuela Kühn, Apothekerin
redaktion@daz.online


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