Opioidabhängigkeit

Amerikas Sucht nach Fentanyl

02.01.2017, 07:00 Uhr

Der Missbrauch von Opioiden wie Fentanyl steigt beängstigend in den USA. (Foto: dpa)

Der Missbrauch von Opioiden wie Fentanyl steigt beängstigend in den USA. (Foto: dpa)


Apotheker kennen Fentanyl zur Therapie schwerster Schmerzen bei Tumorleiden. Der Tod von Prince warf ein anderes – missbräuchliches – Licht auf das Arzneimittel. Die Sucht nach Opioiden steigt beängstigend in den Vereinigten Staaten, teilweise ist der Notstand ausgerufen worden.

Die Abhängigkeit von opioidhaltigen Schmerzmitteln steigt besorgniserregend in den Vereinigten Staaten. Offiziellen Zahlen zufolge waren 2014 etwa zwei Millionen Amerikaner abhängig von Opioiden – Arzneimittel, die eigentlich Patienten zur Therapie stärkster Schmerzen vorbehalten sein sollten. Rund 600.000 Menschen waren heroinabhängig, 10.000 verstarben daran.

Der Trend einer wachsenden Opioidabhängigkeit in den USA zeichnet sich seit Jahren ab. Insbesondere in ländlichen, ärmeren Regionen der Vereinigten Staaten sind Millionen Menschen süchtig nach Betäubungsmitteln. Nach Angaben der Deutschen Presseagentur sei in einigen Regionen bereits der Notstand ausgerufen worden.

„Wir sagen jedes Jahr, schlimmer kann es eigentlich nicht werden. Doch bis wir hier eine Trendumkehr schaffen, wird es noch lange Zeit dauern“, sagt Caleb Alexander. Er ist Co-Direktor des Johns Hopkins Center für Medikamentensicherheit.

Suchteinstieg oft unbedacht

Der Einstieg in die Sucht ist in vielen Fällen ein unbedacht verschriebenes Schmerzmittel, beispielsweise nach einer Weisheitszahn-Operation. Vor allem in den 90er-Jahren wurden die starken Schmerzmittel recht freizügig verordnet. Ärzte lernen erst in den letzten Jahren, welchen Geist sie da aus der Flasche gelassen haben.

Nicht alle Betroffene bleiben dauerhaft bei den verordneten Schmerzmitteln. Manche steigen auf Heroin um – die illegale Droge ist oft billiger zu bekommen als verschreibungspflichtige Schmerzmittel. Der Missbrauch stärkerer, synthetischer Opioide wie Fentanyl, stellt mittlerweile ebenfalls ein großes Problem dar. Die Pop-Ikone Prince verstarb dieses Jahr an einer Überdosis des Opioids, das in seiner Wirksamkeit etwa 120 Mal stärker ist als Morphin.

Süchtige nehmen Betäubungsmittel für Elefanten

Selbst vor Schmerzmitteln, die zur Betäubung großer Wildtiere wie Elefanten eingesetzt werden, schrecken Süchtige nicht zurück. Carfentanil (in Deutschland nicht verkehrs- und verschreibungsfähig, Anlage 1 BtMG) übertrifft die analgetische Potenz des Morphins um den Faktor 5000 bis 7000. Es lässt derzeit die Überdosis-Raten im ländlichen Ohio sprunghaft ansteigen. „Statt vier oder fünf Überdosen pro Tag haben wir nun 20, 30, 40, manchmal 50 Überdosen“, berichtet Polizist Tom Synan aus dem betroffenen Bezirk in Ohio. Auch Virginia hat deswegen jetzt den Gesundheitsnotstand verhängt.

Der Kampf gegen die Opioidabhängigkeit ist zäh

2016 gab es erste Versuche der Opioid-Epidemie beizukommen – mit mehr Aufklärung für Patienten, mehr Informationen für Ärzte und Monitoring-Programmen, die ermöglichen, die Verschreibungsgeschichte der Patienten elektronisch zu überwachen. Außerdem veröffentlichte die nationale Gesundheitsbehörde strengere Richtlinien für die Verschreibung von Opioiden. So sollen diese eine Langzeitanwendung nur noch bei Tumorleiden finden.

Darüber hinaus sei es erfreulich, dass ein Gesetz verabschiedet wurde, das Opioidabhängigkeit als Krankheit einstufe und nicht sofort kriminalisiere, sagt Caleb Alexander vom Johns Hopkins Center für Medikamentensicherheit.

Auch die Obama-Regierung sagte der zunehmenden Opiodabhängigkeit den Kampf an und wollte eine Milliarde Dollar hierfür bereitstellen. Der Kongress genehmigte zunächst jedoch nur 181 Millionen Dollar.

Es gibt Angebote zur Behandlung von Abhängigen. Diese nehmen die Süchtigen derzeit allerdings äußerst zurückhaltend wahr. Nur etwa zehn Prozent der Betroffenen suchen Hilfe. Der Leiter des öffentlichen Gesundheitsdienstes, Vivek Murthy, sagt: „Wir haben schon Fortschritte gemacht. Wie setzen wir das nun fort?“ Er sieht den Schlüssel darin, „dass Menschen eine Krankenversicherung haben.“



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