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PR-Kampagne nach EuGH-Urteil
Die ABDA will ein anderes Europa
Knapp zwei Monate nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung setzt die ABDA auf eine neue Grundsatz-These: Die Menschen wollen kein Europa, in dem sich EU-Instanzen in nationale Gesundheitsfragen einmischen. Wenige Tage vor Weihnachten lässt die Vereinigung in allen Apotheken Deutschlands Flyer verteilen, auf denen vor „gefährlichen Einflüssen von außen“ gewarnt wird.
In diesen Tagen versendet die ABDA an die rund 20.000 Apotheken in Deutschland ein Paket für eine breit angelegte Unterschriftenaktion. In dem Päckchen an die Pharmazeuten sind Unterschriftenlisten, Plakate, Aufsteller sowie ein Informationsflyer für Patienten, auf dem eine große, rote Warnleuchte zu sehen ist. Unterschrift: „Gesundheitssystem in Gefahr“. Weiter heißt es dort: „Aktuelle Entscheidungen der EU machen es ausländischen Konzernen noch einfacher, sich an unserem Gesundheitssystem zu bereichern. Internationale Versandhändler wollen die Rosinen aus unserem System picken, ohne einen wesentlichen Beitrag für Sie, die Patienten, zu leisten. Dies gefährdet Ihre Apotheke vor Ort!“
Auf eine Erklärung des genauen Zusammenhangs, das EuGH-Urteil zur Preisbindung und die damit verbundenen Rx-Boni von EU-Versandapotheken, verzichtet die ABDA gänzlich. Die oben genannte Ansprache wird durch fünf Szenarien ergänzt, die dem Patienten aus Sicht der ABDA nun drohen. Dazu zählen:
Keine Nacht- und Feiertagsdienste mehr, keine Rezepturen für kranke Kinder oder kein Schutz vor gefälschten Arzneimitteln. „Anders als in vielen anderen Ländern“ orientiere sich das deutsche Gesundheitssystem am Wohle des Patienten. Daher die Schlussfolgerung: „Fordern Sie von der Politik, die gefährlichen Einflüsse von außen zu stoppen. Unterschreiben Sie dafür – in Ihrer Apotheke!“
Bei der Vorstellung dieses nächsten Schrittes in der PR-Kampagne der ABDA nach dem EuGH-Urteil musste sich die ABDA-Spitze um Friedemann Schmidt einige kritische Fragen gefallen lassen. Ob die ABDA eine pauschale Kritik an Europa übe, woher diese Ressentiments kommen und welches Publikum die Apotheker mit diesen Aussagen erreichen wollen, fragten Journalisten. Mathias Arnold, der neben Friedemann Schmidt erst am heutigen Mittwochnachmittag als Vize-Präsident im Amt bestätigt worden war, stellte aber vehement klar: „Das ist nicht anti-europäisch zu verstehen. Wir sind für ein gemeinsames Europa.“
ABDA will aber nicht anti-europäisch sein
Allerdings verdeutlichten sowohl Schmidt als auch seine Vize, dass die ABDA sehr wohl einiges daran zu kritisieren habe, wie Europa derzeit gelebt wird. Arnold sagte: „Wir wollen ein Europa, wie es zu seinen Gründungszeiten gedacht war. Damals hieß es, es müsse darum gehen, die großen Dinge wie Außen- oder Verteidigungspolitik gemeinsam zu regeln. Gesundheit und andere wichtige nationale Stellschrauben unterliegen dem Subsidiaritätsprinzip. So ein Europa wollen die Menschen in Deutschland und auch wir.“
In allen Aussagen auf dem Informationsflyer spricht die ABDA im Plural von „Entscheidungen“ auf EU-Ebene. Auf die Frage hin, auf welchen Entscheidungen außer dem EuGH-Urteil die Europa-Kritik beruhe, sagte Schmidt, dass die EU noch weitere Vertragsverletzungsverfahren gegen einzelne Staaten eingeleitet habe, in denen etwa nationale Gebührenordnungen von der EU infrage gestellt würden. Arnold ergänzte, dass das EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung in den politischen Institutionen Europas durchaus begrüßt werde. Aus der EU-Kommission habe man beispielsweise vernommen, dass man „jetzt endlich“ die eigene Politik durchsetzen könne.
Schmidt will europäische Lobby-Arbeit intensivieren
Schmidt machte das Europa-Thema auch zu einem seiner wichtigsten Themen der nun beginnenden neuen vierjährigen Amtsperiode. Es gehe darum, wie stark die „Einheitsbestrebungen“ sich weiterentwickeln würden und wie stark der Einfluss aus Europa noch werden würde. Es dürfe nicht sein, dass alle wichtigen, nationalen Regelungen wie etwa im Gesundheitssystem der Maxime „freier Warenverkehr innerhalb der EU“ geopfert werden. Mit parteipolitischen, anti-europäischen Positionen wolle aber auch er nichts zu tun haben. Es gehe ihm lediglich darum, dass die Freiberuflichkeit im Gesundheitswesen erhalten bleibe. Daher werde die ABDA ihre „europäische Lobbyarbeit“ intensivieren.
Schmidt zeigte sich nach seiner Wiederwahl ohnehin kämpferisch. Selbst wenn das Rx-Versandhandelsverbot nicht komme, seien er und die ABDA „auf jegliche Entwicklungen vorbereitet“. Schmidt weiter: „Wir haben die nötigen Ideen und Ressourcen. Wir können noch monatelang so weiterkämpfen.“ Der Etat der PR- und Öffentlichkeitsabteilung wurde zunächst aber nicht erhöht, bestätigte die ABDA auf Nachfrage.
4 Kommentare
ABDA auf Pegida-Kurs?
von Dr Schweiker-Wehner am 10.12.2016 um 11:40 Uhr
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ABDA Unterschriftenaktion
von Dr. Albrecht Emmerich am 08.12.2016 um 20:29 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: ABDA Unterschriftenaktion
von Wolfgang Steffan am 09.12.2016 um 8:51 Uhr
Endlich Klartext von der ABDA.
von Christian Timme am 08.12.2016 um 12:12 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
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