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Schon in der kommenden Sitzungswoche wird der Gesundheitsausschuss über die Folgen des EuGH-Urteils diskutieren, erklärte der Vorsitzende Edgar Franke gegenüber DAZ.online. Der SPD-Politiker sieht klaren gesetzlichen Handlungsbedarf – und Probleme für kleine Apotheken in der Fläche.
Das Urteil, mit dem der Europäische Gerichtshof (EuGH) das Rx-Boni-Verbot für EU-ausländische Versandapotheken gekippt hat, hat nicht nur die Apothekerschaft aufgewühlt. Auch unter Gesundheitspolitikern werden die Folgen des Urteils bereits intensiv diskutiert, da viele fürchten, dass insbesondere kleine Apotheken in strukturschwachen Regionen den Wettbewerb mit ausländischen Versandapotheken kaum bestehen könnten. So hat die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) eine Bundesratsinitiative für ein Rx-Versandhandelsverbot angekündigt, der sich die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Hessen anschließen wollen.
Das Thema wird bald auch den Bundestag beschäftigen, wie der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses Edgar Franke (SPD) gegenüber DAZ.online erklärte: „Es wird in der nächsten Sitzungswoche sicherlich schon vorberaten werden“, sagte er – diese beginnt am 7. November. Gleichzeitig verwies er darauf, dass auch das Bundesgesundheitsministerium sich des Themas schon angenommen habe.
Als Ausschussvorsitzender will Franke sich derzeit nicht klar positionieren, stattdessen warnt er vor voreiligen Reaktionen. „Ich glaube, man sollte das Urteil wirklich prüfen und gesetzgeberisch keinen Schnellschuss machen“, betonte der Gesundheitsexperte.
Negative Auswirkungen
Seiner Ansicht nach ist das Urteil sowohl ein „Wohlfahrtsgewinn aller chronisch Kranken“ als auch eine Gefahr für kleine Apotheken. Einerseits würden Patienten profitieren, die lange Zeit und ohne nötige Beratung Arzneimittel beziehen – andererseits fürchtet Franke Versorgungsprobleme, wenn sich ausländische Online-Apotheken anders als deutsche Apotheken nicht an die Preisbildung halten müssen. „Für die Apotheken in Düsseldorf oder München ist es kein Problem, aber es ist ein Problem für die Apotheken in der Fläche“, betonte Franke. „Das würde sich in Deutschland objektiv negativ auswirken.“
Für den SPD-Gesundheitspolitiker ist eindeutig, dass nun eine gesetzgeberische Regelung nötig sei. „Es ist eine Wettbewerbsverzerrung, das muss man klar sagen“, erklärte er. „Man muss überlegen, wie man die kleineren Apotheken stärken kann“, sagte Franke. Eine Lösung sei vonnöten, die „vernünftig ist und die Versorgung verbessert“.
Wie fair ist der Wettbewerb?
Wie schon früher gebe es jetzt Bestrebungen, den Handel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln für Versandapotheken einzuschränken, erklärte der Politiker. „Man würde das Urteil damit im Grunde genommen neutral schalten“, sagte er. „Da muss man sehen, ob das ein gangbarer Weg und vernünftig ist.“ Die SPD sei jedoch schon zuvor für eine „vorsichtige Liberalisierung“ gewesen. „Wettbewerb ist an sich nichts Schlechtes“, betonte Franke. Verschiedene Varianten müssten nun geprüft werden.
Allerdings sieht er durch den Internet-Handel auch eine klare Wettbewerbsverzerrung, da Versandapotheken wie auch Online-Banken deutlich weniger Kosten für Infrastruktur und Personal haben. „Genauso ist es mit einer Online-Apotheke auf der einen Seite und einem kleinen Apotheker vor Ort auf der anderen Seite, der Beratung macht und Ansprechpartner für Patienten ist“, sagte Franke.
Ausnahmen müssen gut begründet werden
Die Entscheidung des Gerichts sei zwar überraschend gewesen, passe aber ins große Bild. „Wenn man sich die Grundstrukturen in Europa anschaut ist es so, dass insgesamt die ganzen Urteile auf Deregulierung zielen“, erklärte der SPD-Politiker. Die Tendenz sei klar, dass der gemeinsame Binnenmarkt favorisiert und nationale Regelungen europarechtlich hinterfragt werden. „Deshalb müssen wir nationale Regelungen immer besonders gut begründen“, betonte Franke. „Ich bin ein Befürworter davon, dass die bewährten Prinzipien unter dem Dach Europa unangetastet bleiben“, sagte er – um nationale Besonderheiten beispielsweise bei der Sozialversorgung berücksichtigen zu können.
Die Urteilsbegründung des EuGH kann der Jurist dabei nicht wirklich nachvollziehen. Das Gericht hatte infrage gestellt, ob die Preisbindung für rezeptpflichtige Arzneimittel tatsächlich eine nötige Voraussetzung für die Versorgung in der Fläche ist. Stattdessen hatten die Richter ihre Entscheidung unter anderem damit begründet, dass kleine Apotheken auf dem Land davon profitieren könnten, wenn sie überdurchschnittliche Preise nehmen könnten.
Argumente überzeugen nicht
„Ich glaube nicht, dass diese Argumentation unbedingt schlüssig ist“, sagte Franke. „Wenn ich eine kleine Apotheke habe, glaube ich nicht, dass ich in der Lage bin, höhere Preise zu nehmen, weil ich ein Monopol habe“, erläutert er. Ausschlaggebend sei vielmehr, wie viele Arzneimittel verkauft werden – doch sei die Zahl auf dem Land oft geringer.
Der SPD-Politiker sieht Chancen, dass eine Gesetzesänderung innerhalb der nächsten zwei Monate beschlossen werden könnte. „Das wäre schon ambitioniert, aber es könnte dieses Jahr noch klappen“, erklärte er.
6 Kommentare
Franke
von Frank ebert am 25.10.2016 um 12:09 Uhr
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Sehr geehrter Herr Dr. Franke,
von gabriela aures am 25.10.2016 um 10:34 Uhr
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Sehr geehrter Herr Dr. Franke,
von gabriela aures am 25.10.2016 um 10:34 Uhr
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EuGH
von Dr. Radman am 25.10.2016 um 9:51 Uhr
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AW: EuGH
von Bernd Jas am 25.10.2016 um 10:49 Uhr
Chronisch Kranke...
von Rolf Lachenmaier am 25.10.2016 um 8:56 Uhr
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