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Exklusiv-Interview mit Ex-Celesio-Chef Fritz Oesterle
„Wer zu spät kommt, den bestraft der Markt“
„Preisbindung ist ein unbewiesenes, unlogisches Postulat“
DAZ.online: Was ist aus Ihren anderen Beirats- und Beratertätigkeiten geworden?
Oesterle: Als Aufsichtsrat bin ich relativ stark im Bankensektor tätig. Daneben bin ich Mitglied der Schwarz-Unternehmenstreuhand. Zur Schwarz-Gruppe gehören unter anderem Lidl und Kaufland. Ich berate seit fast drei Jahren auch noch einen großen US-Gesundheitskonzern. Ein Mandat, das ich in nächster Zukunft aber vielleicht aufgeben werde.
DAZ.online: Natürlich sind Sie auch weiterhin als Honorarkonsul des Vereinigten Königreiches in Stuttgart tätig. Was sagen Sie in dieser Funktion zum Brexit?
Oesterle: Als Honorarkonsul kann ich mich zu konkreten Themen rund um den Brexit leider nicht äußern. Allerdings erinnern mich die Reaktionen nach der Volksabstimmung ein wenig an ein Thema im Apothekenmarkt.
DAZ.online: Und zwar?
Oesterle: An das EuGH-Verfahren zu Rx-Boni. Wie beim Brexit gilt auch hier: ‚Jeder hat es gewusst, keiner hat damit gerechnet.‘ Und weil keiner wirklich mit einem Urteil Pro-Rx-Boni rechnet, erwarte ich leicht chaotische Zustände, wenn das Urteil des EuGH dann doch so ausfällt. Eine solche Entscheidung liefe in ihrer finalen Wirkung – auch in Deutschland – auf einen gerichtlich verordneten Preiswettbewerb auch bei Rx-Arzneimitteln hinaus, und wäre damit also das Ende einheitlicher Rx-Preise in der Apotheke. Mit diesem Szenario dürften viele Marktbeteiligten überfordert sein.
DAZ.online: Und was folgt nach dem Chaos?
Oesterle: Zunächst wird es um die Frage gehen, welcher Marktbeteiligte das Urteil als erstes nutzt, um seine Preispolitik – auch in Deutschland – zu ändern? Es wird dann auch keine Notwendigkeit mehr für einheitliche Herstellerabgabepreise, für die Listenpreise der Hersteller geben. Wenn meine Erwartung richtig ist, wird ein EuGH-Urteil, das dem Votum des Generalanwalts folgt, letztlich dazu führen, dass sich die Verhältnisse in Europa den US-amerikanischen Preis- und Marktverhältnissen bei Arzneimitteln annähern.
Ein Rx-Versandhandelsverbot würde nur wenig bringen
DAZ.online: Welche politischen Chancen wird die ABDA aus Ihrer Sicht in einem solchen Fall haben, um noch etwas zu retten?
Oesterle: Zunächst einmal gibt es keine juristische Möglichkeit gegen ein EuGH-Urteil vorzugehen. Auch das derzeit so heiß diskutierte Verbot des Versandhandels mit Rx-Medikamenten würde das Problem nur scheinbar lösen. Die Argumente, die gegen ein Boni-Verbot sprechen, tun dies ja nicht nur bei Versandapotheken, sondern bei allen Anbietern.
DAZ.online: Würden Sie es denn begrüßen, wenn die Arzneimittelpreisbindung fällt?
Oesterle: Die Notwenigkeit einer Arzneimittelpreisbindung zum Schutz der Volksgesundheit ist ein unbewiesenes, ja ein unlogisches Postulat. Der Generalanwalt hat sehr deutlich gemacht, dass es keine kausale Verbindung zwischen der sicheren, flächendeckenden Arzneimittelversorgung und der Einheitlichkeit von Arzneimittelpreisen gibt. Gäbe es eine solche kausale Verknüpfung, müssten doch auch Grundnahrungsmittel gebunden und damit einem Preiswettbewerb entzogen sein. Das Gegenteil ist – wie jeder weiß – der Fall. Und: Jede Beschränkung des Wettbewerbs, die es im Apothekenmarkt gab und noch gibt, wurde und wird mit dem Allerweltsargument „Versorgungssicherheit“ gerechtfertigt. Denken Sie nur an die Niederlassungsbeschränkung oder das Werbeverbot für Apotheker. Beides ist von den Gerichten zu Fall gebracht worden. Hatte dies irgendwelche Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln? Nein. Natürlich nicht.
3 Kommentare
Oesterle und Co.?? Was treibt sie?
von Heiko Barz am 16.08.2016 um 13:25 Uhr
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Von Oe. nix Neues
von G. Wagner am 16.08.2016 um 11:53 Uhr
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Exclusives Sommerloch
von Christian Giese am 16.08.2016 um 11:00 Uhr
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